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Ich bin die Nacht

Ich bin die Nacht

Titel: Ich bin die Nacht
Autoren: Ethan Coss
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Weg zu stellen – auch wenn das heißt, allein handeln zu müssen.«
    Der Sheriff erhob sich und legte Marcus eine Hand auf die Schulter. »Nehmen Sie sich so viel Zeit, wie Sie brauchen, um mein Angebot zu überdenken. Wissen Sie, meiner Meinung nach lassen sich die Menschen in drei Kategorien einteilen. Sie sind entweder ein Hirte, ein Wolf oder ein Lamm aus der Herde. Zu den Wölfen gehören Sie nicht, mein Junge. Jetzt müssen Sie nur noch entscheiden, ob Sie Hirte und Beschützer sein wollen, oder ob Sie einfach nur zur Herde gehören möchten.«
    Er überließ Marcus seinen Gedanken und gesellte sich zu den anderen.
    Allen Brubaker trat zu ihm. »Wie nimmt er es auf?«
    »In Anbetracht der Umstände ganz gut.«
    »Glauben Sie, er akzeptiert?«
    »Das kann man noch nicht mit Sicherheit sagen, aber ich glaube schon.«
    »Gut. Ich werde nämlich zu alt für diesen Job.« Brubaker zögerte, strich mit den Fingern über sein Glas und fuhr sich durch das grauweiße Haar. »Werden Sie Marcus davon erzählen? Von der Verbindung zwischen ihm und Ackerman?«
    »Nein.«
    »Finden Sie nicht, dass er die Wahrheit wissen sollte?«
    »Ackerman ist tot. Marcus muss es nie erfahren.«

71.
    Die Brüder Dempsey waren als Kinder nicht misshandelt worden. Sie hatten keinen Vater gehabt, der sich an ihnen verging, und keine Mutter, die sie vernachlässigte. Im Gegenteil, ihre Eltern waren liebevoll und fürsorglich gewesen und hatten für ihre Kinder alles getan. Ihr Vater war Zimmermann gewesen, ihre Mutter Hausfrau. Die Jungen gingen in den Park und spielten dort Frisbee mit ihrem Hund, der Bobby hieß. Die Familie fuhr in den Urlaub an Orte, die eine historische Bedeutung für die USA besaßen, oder in typische Touristenfallen. Sie waren eine Familie wie jede andere.
    Umso größer war der Schock, als Andrew und sein älterer Bruder Michael die eigenen Eltern ermordeten und das Haus der Familie niederbrannten. Doch Andrew Dempsey schockierte gern andere Menschen. Und wie erstaunt die Leute immer unmittelbar vor ihrem Tod wirkten! So als glaubten sie, sie würden ewig leben.
    Er nahm sich einen Schokoriegel aus dem Regal, riss die Verpackung auf und biss ein großes Stück ab. Er blickte nicht auf, um zu sehen, ob der Verkäufer in dem kleinen Lebensmittelgeschäft ihn böse anschaute oder gar die Polizei rief. Das hatte Andrew gar nicht nötig, denn der Verkäufer und die einzige Kundin knieten im Hinterzimmer gefesselt auf dem Fußboden. Das wusste Andy deshalb so genau, weil sein Bruder und er selbst sie dorthin gebracht hatten.
    Nun schaute er Michael zu, wie er den Inhalt der Kasse in eine Papiertüte stopfte. Viel Geld war es nicht, aber sie taten es nicht des Geldes wegen. Sie taten es wegen des Nervenkitzels. Es machte Spaß, der Böse zu sein.
    »Okay, wir sind hier fertig«, sagte Michael. »Räumen wir auf.«
    Andy grinste. Endlich war mal wieder was los.
    Die Brüder betraten das Hinterzimmer durch eine Tür, auf der »Nur für Angestellte« stand. In dem Raum knieten der Verkäufer und die Kundin, die Hände auf dem Rücken.
    »Ist hier noch irgendwo Geld versteckt?«, fragte Michael den Verkäufer.
    »Nein«, sagte der Mann mit bebender Stimme. »Ihr habt alles. Ihr … ihr braucht keinem was zu tun …«
    Andy grinste über das Gestammel des Kerls, doch Michael blieb ungerührt. »Tja, wir haben da leider ein kleines Problem, Freundchen«, sagte er. »Du hast unsere Gesichter gesehen, und das geht nun mal nicht.«
    »Wir hätten wohl doch lieber die Masken tragen sollen«, sagte Andy.
    Die Brüder kicherten.
    Michael blickte wieder auf den hilflosen Verkäufer, und sein Gesicht versteinerte. »Dann müssen wir den beiden Hübschen wohl das Licht ausknipsen.«
    Der Verkäufer wollte etwas sagen, doch Michael brachte ihn durch einen Schuss in den Kopf zum Schweigen. Mit einem rauchenden Loch in der Stirn sank der Mann auf den gefliesten Boden. Eine rote Lache breitete sich um ihn herum aus.
    Die Frau, eine hübsche Blondine in rotem T-Shirt und Jeans, blieb mit fest zusammengekniffenen Augen auf den Knien. Offenbar hatte sie beschlossen, dem unausweichlichen Tod wortlos entgegenzutreten.
    Michael richtete die Waffe auf ihr Gesicht.
    »Warte«, sagte Andy, ehe Michael abdrücken konnte.
    »Was ist denn, Bruderherz?«
    »Ich möchte die Kleine behalten«, sagte Andy. »Wir können später ein bisschen Spaß mit ihr haben. Und wenn wir mit ihr fertig sind, machen wir sie kalt.«
    Michael schüttelte den Kopf und
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