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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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–«
    Kurt Meyer hob die Hand. Diese Bewegung ließ Moll vorsichtig werden. Er brach ab.
    »Ich habe meine Strafe verbüßt und möchte nicht mehr hören, daß ich Zuchthäusler bin! Ich bin ab heute mittag, zwölf Uhr mitteleuropäischer Zeit, ein freier Mann, der mit der Verbüßung seiner Strafe wieder alle Rechte besitzt.«
    Friedrich Moll hob die Schultern. Er zögerte noch, Kurt Meyer die Entlassungspapiere auszuhändigen. Eine unbestimmte Ahnung hielt ihn zurück, Meyer so schnell von sich zu schicken.
    »Wo werden Sie wohnen? Sie haben angegeben in Köln.«
    »Ja.«
    »Sie stammen aber aus Duisburg und wohnten auch zuletzt in Duisburg. Zwar hat sich Ihre Frau scheiden lassen, und ihr wurde auch die Wohnung zugesprochen … aber was wollen Sie jetzt ausgerechnet in Köln? Haben Sie dort Verwandte? Bekannte? Freunde?«
    »Ja.«
    »Sie wissen, daß Sie sich sofort nach Ihrer Ankunft in Köln bei der Polizei zu melden haben.«
    »Mir sind alle Vorschriften genau bekannt.«
    »Natürlich, natürlich – ich vergaß.« Moll lächelte überlegen. »Ich hoffe nicht, daß wir uns hier in diesem Gebäude wiedersehen – Herr Meyer.«
    »Ich auch nicht.«
    »Und schreiben Sie mir einmal, wie es Ihnen geht, was Sie treiben.«
    Meyer nickte beifällig.
    »Sie werden von mir hören, Herr Direktor«, sagte er sanft.
    Friedrich Moll hörte nicht den Doppelklang der Worte. Er nahm es als eine Redensart hin. Er ging wieder zu seinem Schreibtisch zurück, setzte sich und unterschrieb den Entlassungsschein des Zuchthäuslers Kurt Meyer mit y.
    Kurt Meyer war amtlich ein freier Mensch.
    Vier Jahre, dachte Meyer. Vier Jahre in diesem Bau. Es waren schreckliche Jahre. Nicht äußerlich … da war alles geregelt. Da herrschte deutsche Gründlichkeit und eine wohlgeölte Verwaltungstätigkeit. Aber innerlich … da saß der Stachel. Vier Jahre lang … Der Verrat seiner Frau, die belastenden Aussagen seiner beiden Freunde, das vernichtende Urteil des Sachverständigen, das letztlich ausschlaggebend war für seine Verurteilung und das hohe Strafmaß … das war in diesen vier Jahren nicht vergessen worden.
    Nun war er frei.
    Zwanzig Minuten später stand Kurt Meyer auf der Straße.
    Er faßte in die innere Brusttasche seiner Jacke und entnahm ihr die Brieftasche. Wie vor vier Jahren lag in ihr neben einigen Blättern Papier auch der mit der Hand sauber angespitzte Bleistift. Nr. 2, halbweich. Sorgsam, mit verschnörkelter Schrift, schrieb Kurt Meyer auf eines der Blätter vier Namen:
    Anna –
    Johann Kabel –
    Peter Heidenberg –
    Dr. Gotthart Berger –
    Er schrieb sie untereinander. Es war seine erste Handlung in der Freiheit. Dann steckte er den Zettel wieder in die Brieftasche, nahm seinen Koffer vom nassen Asphalt auf und ging weiter.
    Auf dem Bahnhof löste er eine Karte nach Köln.
    Er fuhr aber nach Duisburg.
    In der folgenden Nacht wurde Frau Anna Ziemer, geschiedene Frau Meyer, in ihrem Bett erschlagen aufgefunden. Mit dem Fuß einer schmiedeeisernen Nachttischlampe hatte der Mörder ihr den Schädel zertrümmert.
    Gegen Morgen schritt Kurt Meyer etwas übernächtigt, aber sonst fröhlich, durch die Sperre des Hauptbahnhofes von Köln.
    Der Name Anna auf dem Zettel war durchgestrichen.
    Und in Köln wohnte der zweite Name. Johann Kabel.
    Kurt Meyer stand auf dem Bahnhofsplatz. Einer unter Hunderten. Ein nichtssagender Mensch mit einem Alltagsgesicht.
    Mit dem Einstieg in die Straßenbahn, Linie 21, verwischte sich seine Spur. Nur die Zeitungen brachten im Abstand von zwei Wochen drei nüchterne, fast alltägliche Meldungen auf der dritten Seite:
    … ein Mann namens Johann Kabel aus dem Rhein gefischt. Wahrscheinlich ein Unglücksfall infolge von Trunkenheit …
    Geheimnisvoller Gastod des Buchhalters Peter Heidenberg in Krefeld …
    Gesucht wird der Schriftsachverständige Dr. Gotthart Berger. Seit fünf Tagen ist er nicht nach Hause zurückgekehrt. Er verließ seine Wohnung in bester Gesundheit. Zweckdienliche Angaben nimmt – –
    Aus einer Mansardenwohnung in Bonn flatterten ein paar Fetzchen verkohltes Papier in den Sommerwind, trieben vor dem Fenster in den blauen, strahlenden Himmel und verwehten im weiten Raum. Überreste eines kleinen, verbrannten Zettels, auf dem gewissenhaft vier Namen durchgestrichen waren.
    Ordnung ist die Grundbedingung für den Beruf eines Buchhalters.
    Dr. Doernberg betrat am nächsten Morgen gegen 9 Uhr das Zimmer des Oberstaatsanwaltes mit dem Gefühl, die vergangene Nacht kaum
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