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Ich beantrage Todesstrafe

Ich beantrage Todesstrafe

Titel: Ich beantrage Todesstrafe
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hängt sie auf.
    Er sah Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig an. Dessen Gesicht war starr, maskenhaft. Auch er sah das breite Grinsen auf dem Gesicht Katucheits. Aber er übersah es, weil es zu gut in das Bild paßte, das Doernberg entworfen hatte.
    Er wandte sich kurz zu Dr. Doernberg.
    »Noch eine Frage der Staatsanwaltschaft?«
    Doernberg erhob sich. Seine Stimme war müde.
    »Die Staatsanwaltschaft protestiert gegen eine neuerliche Verschleppung des Prozesses durch die Hinzuziehung des beantragten Obergutachters. Die Haltung des Angeklagten, seine klaren Aussagen, die Zeugenaussagen haben das Bild ergeben, das auch ein Obergutachten nicht erschüttern kann: Der Angeklagte ist für seine Tat voll verantwortlich.«
    Katucheit beugte sich über die Barriere. Er tippte seinem Verteidiger auf die Schulter. Der Anwalt drehte sich herum.
    »Ja?«
    »Lassen Sie den Gutachter fallen, Doktor. Hat keinen Sinn. Der da drüben ist 'n scharfer Hund. Wenn den mal einer umbringt, tut er ein gutes Werk.«
    »Katucheit!« Dr. Klimsch wandte sich ab.
    Dr. Hellmig hatte inzwischen mit den beiden Beisitzern und den Geschworenen gesprochen. Er schob die Akten vor sich zusammen, bevor er verkündete:
    »Der Antrag der Verteidigung wird abgelehnt. Noch eine Frage?«
    Dr. Klimsch schüttelte den Kopf. Hellmig erhob sich.
    »Das Gericht zieht sich zur Beratung zurück.«
    »Wir sind dabei, Rebellen zu werden …«
    Vier Stunden später wurde Peter Katucheit zu lebenslänglichem Zuchthaus verurteilt. Unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebenszeit.
    Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig sah einen Augenblick zu Katucheit hinüber.
    »Haben Sie noch etwas zu sagen, Angeklagter?«
    »Ja.«
    Katucheit erhob sich. Er blickte hinüber zu Dr. Doernberg. Haß sprang in ihm empor.
    »Ich hoffe auf einen neuen Krieg! Dann werde ich frei sein! Ich werde die Namen derer, die mich heute verurteilten, nicht vergessen!«
    »Abführen!«
    Dr. Hellmig senkte den Kopf.
    Er schämte sich einen Augenblick vor Doernberg.
    Der Abend schenkte Hellmig etwas Vergessen von dem unerquicklichen Schlußwort Katucheits und dem stillen Triumph, den Staatsanwalt Dr. Doernberg – nach Hellmigs Meinung – davongetragen hatte.
    Er hatte Gäste geladen. Einen kleinen Kreis. Hellmig mochte keine lauten Gesellschaften. Er liebte das Erholsame eines anregenden Gespräches, eine stille Schachpartie bei einem Glase Portwein oder ein ›Raucherkollegium‹ am offenen Kamin im großen Wohnzimmer. Hier fand er Sammlung, neue Ideen und innere Zufriedenheit.
    Die Anwesenheit Mr. John Pattis' gab dem heutigen Abend eine besondere, interessante Note. John Pattis, ein großer, schlanker Mann von fünfundzwanzig Jahren, war aus Los Angeles nach Deutschland gekommen, um als Student der Rechte auch das deutsche Recht kennenzulernen. Er hatte sich eines Tages bei Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig vorgestellt – während eines Raubüberfallprozesses –, und Hellmig hatte gesagt: »Meine Frau und ich würden uns freuen, wenn Sie einmal zu uns kämen, Mr. Pattis.«
    John Pattis folgte dieser ganz und gar unkonventionellen Einladung.
    Hellmig sprach mit Pattis über die USA im allgemeinen, über den Niagarafall und über Hollywood, wobei er einige bissige Bemerkungen über die Moral der Stars einflocht.
    Kurz vor dem Abschied Pattis' erschien Sylvia.
    Sie kam aus dem Kino, trug einen Trenchcoat aus himmelblauem Popelin mit engem Gürtel, der ihre schlanke Taille voll zur Geltung brachte.
    Landgerichtsdirektor Dr. Hellmig erhob sich aus seinem Kaminsessel.
    »Darf ich dir Mr. Pattis vorstellen, Sylvia. Er kommt aus Amerika, um hier die deutsche Rechtsprechung kennenzulernen.« Und zu Pattis gewandt: »Meine Tochter Sylvia …«
    Sylvia Hellmig spürte den festen Händedruck Pattis' und sah in sein verblüfftes Gesicht.
    Sie lächelte zurückhaltend. »Sind Sie schon länger in Deutschland?« fragte sie.
    »Yes. O – no!« Pattis schluckte. Der Anblick Sylvias verwirrte ihn. »Seit wenigen Wochen … Ich finde es wonderful.«
    »Deutschland?«
    »Auch …«
    Sylvia lachte.
    John Pattis errötete und steckte seine Hände erst einmal in die Hosentaschen. Sylvia löste den Gürtel ihres Mantels und warf ihn über die Sessellehne. Sie trug ein enges, resedagrünes Wollkleid. Pattis starrte sie an.
    »Sie erzählen meinem Vater sicherlich etwas von den alten Indianern?« sagte Sylvia, um das Gespräch wieder aufleben zu lassen.
    »Wir sprachen gerade über den Bau der großen Alaskastraße.«
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