Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens
Autoren: Sarah Beth Durst
Vom Netzwerk:
zwischen sie und Bär, trieben sie auseinander wie ein lebendes Stemmeisen. Sie durfte ihn nicht ein zweites Mal verlieren! »Nein, hört auf! Bitte!«
    Auch Bär schrie jetzt. Cassie wehrte sich mit aller Kraft. Doch kaum hatte sie einen der Trolle weggeschubst, waren sofort ein Dutzend neue da. Es war, als würde man gegen Meereswellen kämpfen. Bald hüllte eine dichte Wolke von ihnen sie ein.
    Wieder überfiel Cassie eine Wehe, und die Trolle gewannen die Oberhand. »Nein! Bitte! Ich gebe euch alles, was ihr wollt! Handelt mit mir! Egal, was es ist!«
    »Nein, Cassie! Rette dich!«
    Cassie schrie der Königin zu: »Los, sag es! Was willst du?«
    Umringt von schattenhaften Umrissen, rutschte die Königin aufgeregt auf ihrem Podest hin und her. »Leben«, zischte sie. Cassie schlang instinktiv die Arme um ihren Leib.
    »Tu das nicht!«, rief Bär.
    »Du hast Leben?« Flügellos erhob sich die Königin in die Luft. »Du trägst Leben in dir?«
    Was hatte das denn damit zu tun? Cassie blickte auf ihren Bauch hinunter und dachte an die unendlich lange Reise, die sie hierher geführt hatte – es hatte alles damit zu tun.
    »Nein, Cassie! Nicht!« Bär schnappte mit den Fängen und schlug mit den krallenbewehrten Pranken um sich, aber die Trolle schnitten ihn weiterhin von ihr ab.
    Sie würde alles tun, was nötig war, um ihren Bär zu retten. Das hatte sie doch die ganze Zeit schon getan. Oder etwa nicht? Die Arme immer noch fest um ihren dicken Leib geschlungen, blickte sie ihren Liebsten an und fragte sich: Hatte sie es wirklich für ihn getan oder nur für sich selbst?
    Die Troll-Königin hing wie ein riesiger schwarzer Tintenfleck direkt über Cassies Kopf. »Dann werden wir dich also hierbehalten, und dein Kind wird uns gehören!«, frohlockte sie.
    Cassie spürte die feuchtkalte Berührung der Trolle auf ihrem Bauch. Sie schlug nach ihnen, um sie zu vertreiben, doch ihre Hand fuhr nur durch leere Luft. »Eure Prinzessin hat mir versprochen, dass ich frei bin und gehen kann!«
    Die Troll-Prinzessin schrumpfte zu einer Kugel zusammen. »Ich wusste doch nicht … «, jammerte sie.
    Die Königin wuchs ins Unermessliche wie eine uralte Gottheit. Sie füllte jetzt den kompletten höhlenartigen Raum aus. Unter das dunkle Grau ihrer Gestalt mischten sich stark pulsierende orange und grüne Flecken. Immer mehr und mehr Trolle umschwärmten Cassie und Bär. »Dein Baby gegen deinen König. Das ist unser Angebot.«
    Cassie sah auf ihren gewölbten Bauch hinunter. Das war ihre Chance. Jetzt konnte sie genau die beiden Dinge bekommen, die sie gewollt hatte, als sie ihre Reise antrat: ihren Bär und kein Baby. Doch so einfach war es nicht. Das war es schon seit einer ganzen Weile nicht mehr. »Es muss noch etwas anderes geben, das ihr haben wollt«, sagte sie.
    »Wir werden kein anderes Angebot machen«, erwiderte die Königin.
    Cassie streichelte ihren Bauch und hatte fast so etwas wie ein Déjà vu. Es war nicht ihre eigene Erinnerung, die sie spürte, und doch kannte sie diesen Moment. Vor genau der gleichen Wahl hatte ihre Mutter gestanden, damals, als sie sich dem Nordwind widersetzte. Und auch ihr Vater hatte sich so entschieden, als er Gails Andenken ehrte, indem er bei seiner neugeborenen Tochter blieb. Bis jetzt hatte Cassie das nicht verstanden. Sie hatte sie beide nicht verstanden. Doch nun wurde ihr mit einem Mal alles klar: Welch schreckliche Frustration musste ihr Vater empfunden haben, weil er gezwungen war, diese Entscheidung zu treffen – genau diese Entscheidung. Und auf einmal konnte sie ihm vergeben, konnte ihnen beiden vergeben. Wie könnte sie jemals ihr Kind aufgeben? Doch wie konnte sie Bär aufgeben? Sie brauchte ihn. Sie liebte ihn.
    »Tu das nicht, Cassie!«, bat er. »Lass mich hier! Bitte! Ich flehe dich an.« Und wieder klangen die Worte in ihrem Ohr: Wenn du mich liebst, musst du mich gehen lassen.
    Sie liebte ihn genug, um alles hinter sich zu lassen, was sie jemals gekannt hatte. Genug, um ihre ganze Welt auf den Kopf zu stellen. Genug, um an diesen Ort jenseits aller bekannten Orte zu kommen. Genug, um ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Genug, um beinah zu sterben.
    Liebte sie ihn auch genug, um ihn gehen zu lassen?
    Ja, das tat sie.
    Das Pulsieren der Königin wurde intensiver. »Wie lautet deine Antwort?«
    Cassie senkte den Kopf und sagte nur ein einziges Wort: »Nein.«

Kapitel Einunddreißig
    Geografische Breite: unbestimmt
    Geografische Länge: unbestimmt
    Höhe: unbestimmt
    Mit einem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher