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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens
Autoren: Sarah Beth Durst
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lauten, bösen Zischen fielen die Trolle über sie her. Einer war nur ein Wassertropfen, aber hunderttausend von ihnen waren wie eine große Flutwelle. Immer mehr Trolle fluteten zwischen Cassie und Bär. Nein, halt! Sie war noch nicht bereit! Sie hatte noch nicht Lebewohl gesagt.
    Schon begann Bärs Gestalt hinter der Masse der Trolle zu verschwimmen, als wäre er unter Wasser. Mit der ganzen Kraft seiner Bärenmuskeln stemmte er sich gegen die Flut. Cassie wurde zur Seite geschwemmt. »Lasst mich wenigstens Lebewohl sagen! Bitte!« Sie hörte, wie er ihren Namen rief. Die Trolle zischten lauter. »Ich liebe dich, Bär!«, schrie sie gellend. Konnte er sie hören? Bitte, lass ihn mich hören! Er hatte diese Worte noch nie von ihr gehört. »Es tut mir leid! Es tut mir so leid!«
    Alles!, wollte sie noch sagen – dass sie ihm nicht vertraut hatte, ihr Baby in Gefahr gebracht hatte, und vor allem, dass es ihr nicht gelungen war, ihn zu retten. Am Ende hatte sie sich doch als die Tochter ihres Vaters erwiesen. Sie war an ihre Grenze gelangt, an die Linie, die sie nicht überschreiten, auf die Klippe, von der sie nicht springen würde. Hinter den dichten grauen Schatten war Bär jetzt nur noch ein weißlicher, verschwommener Fleck. »Bär!«
    Ihr Unterleib krampfte sich zusammen.
    Einen Moment lang blieb ihr die Luft weg, und die Woge der Trolle trug sie empor. Sie wurde rückwärts geschwemmt und hart gegen eine Wand geschleudert. Dann stürzte sie zu Boden und prallte mit dem Gesicht auf Stein. »Ihr zerquetscht mich!« Ihr zerquetscht das Baby!
    Die Wände schmolzen, und Cassie wurde in den weißen Raum getrieben. Sie rappelte sich wieder hoch und wollte zurück in den Thronsaal laufen, doch da versiegelte die Troll-Prinzessin mit einem einzigen Wort die Wand. Nun war Cassie von den anderen Trollen abgetrennt. Und endgültig abgeschnitten von Bär. Schreiend hämmerte Cassie gegen die Mauer, bis die nächste heftige Wehe kam. Etwas Warmes, Nasses lief an der Innenseite ihrer Schenkel hinunter. »Oh nein! Gott, nein!«, flehte sie. »Nicht jetzt. Nicht hier.« Nicht ohne Bär. Nicht gestrandet auf einer Troll-Insel.
    Die Troll-Prinzessin, immer noch eine pulsierende Kugel, fragte: »Du trägst wahrhaftig neues Leben in dir?«
    »Lass mich hier raus«, erwiderte Cassie. »Mach, dass die Tür erscheint!« Sie musste irgendwie zu ihrem Großvater gelangen. Er musste sie nach Hause bringen.
    Die Troll-Prinzessin schwebte quer durch den Raum auf die andere Seite und sprach die magischen Worte: »Öffne dich!« Die steinerne Wand formte sich zu der hölzernen Tür um, deren klägliche Überreste schief in den Angeln hingen. Cassie hörte das Donnern der Wellen. Sie stürzte nach draußen.
    Meeresluft blies ihr ins Gesicht. »Großvater!«
    Schwarze Wolken ballten sich zusammen.
    »Großvater, hilf mir!« Sie sackte zusammen, als die nächste Wehe sie durchzuckte. Laufen machte es schlimmer. »Großvater!«, schrie sie noch einmal.
    Die Troll-Prinzessin hing schwebend über den Felsen. »Ist das Schmerz?«, fragte sie fasziniert.
    Cassie rutschte auf glitschigem Seetang aus, als die nächste Wehe ihr die Luft nahm. Es gelang ihr gerade noch, sich an einem Baum festzuhalten. Ihre Arme und Beine zitterten unkontrolliert. »Bitte! Großvater!«
    Er gab keine Antwort. Oder er hörte sie nicht. Stumm peitschte der Wind die Wogen, und Brecher krachten gegen die Küste.
    Die Troll-Prinzessin fragte: »Wie fühlt sich das an: Schmerz?«
    Sie musste ruhig bleiben. Ganz ruhig. Cassie nahm ein paar tiefe Atemzüge.
    Die Prinzessin seufzte. »Ich wünschte, ich könnte Schmerz empfinden.«
    Die nächste Wehe folgte unmittelbar der vorhergehenden. Das war kein falscher Alarm. Sie wusste es. »Bär!« Die Brandung verschluckte ihren Schrei.
    Eine heftige Wehe nach der anderen schüttelte Cassie durch, warf sie hin und her wie ein Boot im Orkan. Sie schnappte nach Luft, krümmte sich vor Schmerz. Ihre Hände schlugen gegen den Fels. Sie spürte es nicht. Sie schrie nur noch wie ein Tier.
    Wie lange es dauerte, wusste sie nicht – Stunden, Minuten, Tage. Wehe folgte auf Wehe. Sie war zwischen ihnen gefangen. Die Welt außerhalb ihres Körpers hörte auf zu existieren. Weder konnte sie sich an das Vorher erinnern noch an ein Danach denken. Da gab es nur den Schmerz, die Felsen und die See. Und dann, wie die Stille im Auge eines Hurrikans, ließ der Schmerz plötzlich nach, und Cassie musste pressen. Sie breitete ihren Rock aus und hockte
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