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Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens

Titel: Ice - Hüter des Nordens - Durst, S: Ice - Hüter des Nordens
Autoren: Sarah Beth Durst
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sich hin. Pressen . Auf ihrem Hals zeichneten sich dicke Adern ab, Schweißperlen traten auf ihre Stirn. Sie keuchte. Pressen . Ihr ganzer Körper explodierte. Cassie wollte herausklettern aus ihrer Haut. Wenn sie presste, tat es weh, und wenn sie nicht presste, tat es auch weh. Sie spürte, wie ihr Körper gedehnt wurde. Gleich würde sie platzen. Mehr als alles andere auf der Welt wollte sie, dass das Baby herauskam. Sie presste. Und noch einmal.
    Plötzlich war da ein junger Mann auf den Felsen. Er wirkte nervös.
    Cassie erkannte ihn. »Jamie! Hilf mir!«
    Von hinten schoss die Troll-Prinzessin auf ihn zu. Er bemerkte sie nicht. »Alles in Ordnung mit dir?«
    Mit zusammengebissenen Zähnen erwiderte Cassie: »Fang das Baby auf!«
    »Aber … « Jamie wich zurück.
    »Bitte!«
    Jamie schluckte. Dann kniete er sich neben Cassie auf die Steine. »Ich kann sein Köpfchen sehen!« Er blickte zu ihr hoch. »Es hat Haare.«
    Sie atmete tief ein. »Seele bereit?«
    »Heute ist niemand gestorben. Ich habe keine Seelen«, sagte er. »Tut mir leid, aber es wird tot zur Welt kommen.«
    Sie spürte, dass sie wieder pressen musste, und widerstand dem Drang. »Den Teufel wird es!«
    »Ich habe dir gesagt, dass es nicht genügend Seelen gibt.«
    Schmerz durchzuckte sie. »Dann nimm meine!«
    »Munaqsri töten nicht.«
    Sie musste pressen. Musste. Sie heulte auf. Ihr Körper wollte, dass das Baby zur Welt kam. Aber sie würde es nicht zulassen. Nicht ohne Seele. »Ich will mein Baby!«
    Auf Cassies Schreien hin glitt die Troll-Prinzessin langsam näher.
    »Was ist denn das ?« Jamie taumelte erschrocken rückwärts.
    Cassie hob den schweißnassen Kopf und blickte die Troll-Prinzessin an. Sie war ein Troll aus dem Land östlich der Sonne und westlich des Mondes. Sie kam von jenem Ort, der hinter dem Ende der Welt lag, und an den, so hatte man es Cassie wieder und wieder erzählt, keine lebende Seele jemals gelangte.
    Eine Erinnerung blitzte auf: Soll ich etwa zulassen, dass die jungen Eisbären tot geboren werden? Willst du das? Sollen ihre Seelen umherirren und bis hinter das Ende der Welt driften? Hinter das Ende der Welt? Hierher?
    Ja, hierher. Auf eine Insel mit Trollen. Trolle haben keine Gestalt, keine festen Körper, hatte Gail gesagt. Es ist eine Insel voller wilder Geister. Eine Insel wilder Geister, eine Troll-Insel, … hinter dem Ende der Welt. Nicht für lebende Wesen. Nichts Lebendes gelangt jemals dorthin . Und plötzlich, im Bruchteil einer Sekunde, begriff Cassie: Trolle waren Seelen. Er will mir kein Kind machen, hatte die Troll-Prinzessin gesagt. Es ist unmöglich, hatte Bär gesagt. Sie haben keinen Körper. Die Troll-Prinzessin wollte kein Baby haben, sie wollte ein Baby sein . »Das ist deine Chance«, sagte Cassie zu dem schwebenden Ball. »Willst du leben?«
    Die Prinzessin leuchtete golden und silbern auf. »Du meinst … «
    Was willst du, hatte sie die Troll-Königin gefragt. Leben, hatte die ihr geantwortet. »Ja oder nein«, fragte Cassie noch einmal. »Willst du leben?«
    Die Troll-Prinzessin leuchtete auf wie eine winzige Supernova. »Ja!«
    »Los, nimm sie!«, schrie Cassie zu Jamie hinüber. Und dann presste sie mit aller Kraft.
    Jamie starrte sie verständnislos an.
    Cassie deutete auf die Troll-Prinzessin. »Sie ist eine Seele!«
    Das Wesen flog in Jamies Hände.
    Cassie tastete unter sich und konnte einen Kopf fühlen, so rund und weich wie der eines Seehunds. Behutsam umfasste sie ihn mit beiden Händen, presste ein allerletztes Mal. Ein Aufschrei, und dann glitt das Baby aus ihr heraus. Eine Hand unter seinem Rücken, fing sie es sanft auf.
    »Es atmet nicht«, sagte der Menschen-Munaqsri. Für den Bruchteil einer Sekunde zögerte er. Dann schob er eine Hand zwischen die Nabelschnur und den winzigen Oberkörper des Kindes, legte ihm die Nabelschnur vorsichtig über die Schulter, holte ein Messer hervor und schnitt sie durch. Das Baby nahm seinen ersten Atemzug. Von seinem winzigen Brustkorb breitete sich nach allen Seiten ein intensives Rosa aus.
    Jamie half Cassie, es hochzuheben, und sie drückte es fest an ihre Brust. Seine Haut war glibberig wie Eigelb. Es krümmte und wand sich in ihren Händen.
    »Es ist ein Mädchen«, sagte Jamie.
    Cassie sah auf ihr Töchterchen hinunter, und wunderschöne blaue Augen blinzelten sie an. »Oh mein Gott!« Mehr brachte sie nicht heraus. Gebannt starrte sie auf die kleine Gestalt mit den winzigen Händen und den perfekt gerundeten Wangen. Dann verzerrte
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