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Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)

Titel: Hymne der demokratischen Jugend (German Edition)
Autoren: Serhij Zhadan
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Leuchter in die rechte Hand, und in die linke, in die linke Hand, in die linke Hand nehmen Sie gar nichts, besser Sie halten den Leuchter mit beiden Händen. Nur nicht fallen lassen! Na, fragte er Valunja, wie gefällt dir das? Valunja schaute sich die Szene an. Sieht aus wie ein Steinpilz, sagte er schließlich. Wieso denn, widersprach Gabriel, hast du schon mal einen Steinpilz mit Kerzenleuchter gesehen?
    Vika drehte Martas Gesicht zu sich, nimm doch diese dämliche Perücke ab, sagte sie leise, was sagst du da, ihre Freundin kriegte Panik, – das ist doch ein Kostüm, aber Vika packte die Perücke und zog sie ihr energisch vom Kopf. Sie hatte kurzes Haar, Vika drehte sie auf den Rücken und fing an, ihr die enge lederne Unterwäsche auszuziehen. Was machst du denn? – raunte die Freundin verängstigt, und mit einemSeitenblick auf den Kerzenleuchter über ihnen, was ist mit deinem Text? Laß uns lieber ficken, sagte Vika und hängte die Perücke auf den Leuchter. Tolja, rief Marta ein paar Minuten später Gabriel zu, sollen wir weitermachen? Ich bin nämlich schon gekommen. Ich auch, antwortete verlegen der Regisseur.
    Wie auch immer, die Dreharbeiten näherten sich ihrem erfolgreichen Ende, Gabriel drehte die letzten Szenen, hauptsächlich mit dem Buckligen, er strich ihn mal mit schwarzer Farbe an und ließ ihn einen buckligen Mohren mimen, mal zog er ihm Flügelchen über, die sich unter den Kinderrequisiten befanden, ließ ihn auf den Tisch steigen und sich dort die Arme streicheln, mal bestreute er sein georgisches Käppi mit Kunstschnee und nahm den spezifisch nationalen Winter auf, endlich hatte er genug Material und machte sich ans Schneiden und Montieren. Marta war bei Vika eingezogen, Vika brachte sie jeden Morgen zum Dreh des Frühprogramms für Kinder, nahm ihren Rucksack und wartete im Korridor. Der Bucklige kriegte seinen Vorschuß und kaufte einen neuen Kotflügel für sein Taxi. Seinen Freunden erzählte er, er spiele in einer Serie über die italienische Mafia mit.
    Eines Tages rief der Direktor der Fernsehgesellschaft Marta zu sich. Sie kam spät, wütend und aufgeregt heim, so ein Arschloch, fing sie an zu schreien, was für ein beschissenes Arsch! Was ist passiert? – fragte Vika. Mein Programm wird dichtgemacht, rief Marta, wegen diesem Arsch, dem Direktor! Wieso denn dichtgemacht? – fragte Vika. Es gibt keinen freien Sendeplatz! Sie haben die Sponsoren dort hingepackt. Dieses Direktoren-Arsch. Will mit mir pennen! Und was istdas Problem? – Vika kapierte nicht, penn mit ihm, und basta – du kannst weiter vom Zähneputzen erzählen. Verpiß dich! – Marta war beleidigt. Und was nun? Was nun, antwortete Marta, was nun – ich bekomme die Knete für den Film und haue ab. Wohin willst du abhauen? – fragte Vika. Irgendwohin, nach Italien zum Beispiel. Und ich? – fragte Vika. Was hast du damit zu tun? Marta schleuderte ihre Schuhe in die Ecke, schmiß sich aufs Sofa, vergrub sich in die Decke und schlief schnell ein.
    Am nächsten Morgen rief Gabriel an, bat sie, eilig zu kommen, um eine Szene zu Ende zu drehen. Versprach, er werde endlich das Geld rausrücken. Vika und Marta kamen, Gabriel lief hektisch durchs Studio und rollte Kabel ein. Der Bucklige lief ihm zwischen den Füßen herum. Scheiße Scheiße Scheiße, jammerte Gabriel, morgen muß das Studio geräumt sein, und eine Szene ist noch nicht im Kasten, auf auf, meine Süßen, zieht euch um. Vika und Marta zogen widerwillig ihre lederne Rüstung an. Gabriel schaltete die Kamera ein. Der Bucklige nahm den Leuchter. Also, wir drehen die Szene der herzlichen Dankbarkeit der weiblichen Hauptperson. Die weibliche Hauptperson begreift, vor welchem Fehler ihre Freunde und das Kollektiv sie bewahrt haben, und empfindet herzliche Dankbarkeit. An die Arbeit! Vika trat an Marta heran und berührte vorsichtig ihre Schulter. Marta verkrampfte sich. Vika versuchte, sie zu sich zu drehen, aber Marta schüttelte nervös ihre Hand ab. Vika faßte sie an der Schulter, aber Marta trat einen Schritt zurück. Da packte Vika sie, zog sie zu sich, drehte sie ein bißchen und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Marta schrie auf und schützte das Gesicht mit den Händen. Vika schlug noch ein paarmal zuund rannte dann aus dem Studio. Der Bucklige grunzte verwirrt. Marta weinte, verbarg ihr Gesicht in den Händen, sah schließlich Gabriel an, hast du das alles etwa aufgenommen? fragte sie leise. Habe ich, antwortete Gabriel verlegen. Und? Gabriel überlegte.
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