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Hurra, die Lage wird ernst

Hurra, die Lage wird ernst

Titel: Hurra, die Lage wird ernst
Autoren: Annette Bell
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dieses
Idyll von Frieden und Ruhe zerstören. Wer siegen will, muß hart sein.
    Nachdem mein System des schnellen
Angriffs nicht funktioniert hatte, mußte ich heute eine andere Methode
anwenden, um die Festung erfolgreich zu stürmen. War mein Platz nicht neben
Anja? Aber ja, nur dort, und wenn sie also auf der Couch war, dann hatte ich folglich (vorläufig) neben der Couch zu sein. So geschah es. Bescheiden nahm ich
diesen Ehrenplatz ein und ließ mir auch eine Zeitlang genüßlich die
Zärtlichkeiten gefallen, die Anjas herabbaumelnde Hand gleichmäßig meinen
verschiedenen ihr erreichbaren Körperteilen angedeihen ließ. Dann aber, dann
sagte Anja zärtlich:
    »Du bist Anjas guter Hund.« Richtig
lieb sah sie mich dabei an.
    In meinem Rücken berichtete der
Fernsehsprecher von einem Flugzeugabsturz in den Alpen. Anjas Interesse war
jetzt auf diese Mitteilung gerichtet, auch ihre Hand hatte sie zurückgezogen.
In diesem Augenblick legte ich, gleichsam als Vorhut, meinen Kopf auf die so
begehrte Unterlage. Wieder kam Anjas
    Hand und spielte gedankenverloren
mit meinem reckten Ohr. Ich himmelte sie an, taktisches Geschick mit innerer
Überzeugung glücklich vereint. Der Fernsehsprecher erklärte die Schwierigkeiten
von Friedensverhandlungen zwischen Ost und West, sprach über einen neuen Putsch
in Afrika. Anja ließ mich los und schneuzte sich die Nase. Als der Mann hinter
meinem Rücken über die EWG-Streitigkeiten sprach, schoben sich meine
Vorderpfoten Stückchen für Stückchen behutsam auf den blauen Stoff.
    »Leg dich doch auch hin«, sagte Anja
und zeigte mit ihrem Zeigefinger auf den bunten Teppich.
    »Und nun die Wettervorhersage für
morgen«, hörte ich’s von hinten. Ich konnte mein Hinterteil nicht mehr
ruhighalten, ein Krampf zog mir die Muskeln des rechten Hinterbeins schmerzhaft
zusammen. Es würde Regen geben, behauptete der Ansager, und Anja verzog, wenig
begeistert, das Gesicht. Mein Bein tat weh. Langsam federte ich, nahm festen
Stand, ließ erst im letzten Augenblick die Vorderpfoten los und — ehe sich Anja
von ihrem Schrecken erholt hatte, lag ich schon langgestreckt neben ihr und
kuschelte meinen Kopf an ihre schwarze Hülle.
    »Schuftel!« tadelte sie
kopfschüttelnd. »Du bist doch ein hartnäckiger Nichtsnutz. Hier hast du nichts
verloren, also marsch.«
    Bevor ich von meinem blauen
Wunschtraum verbannt wurde, zerzauste sie mir zwar erst noch freundschaftlich
das Fell, das Ergebnis meines zweiten Versuchs ließ sich aber nicht bestreiten —
Niederlage.
    Diesmal war ich ehrlich geknickt.
Auch Anja schien einen ziemlich harten Kopf zu haben.
    Im Fernsehen führte Robert Lembke
sein Rateteam an der Nase herum und klappte ein Täfelchen mit den großen Zahlen
nach dem anderen um.
    »Sieh mal den Jacky, wie brav der
auf seinem Platz sitzt und sich nicht muckst«, sagte Anja. Pah, ausgerechnet
Jacky, der schien mir ein rechtes Vorbild zu sein. Hatte Angst vor einem
niedlichen Esel, und wenn er eine Wurst geschenkt kriegte, rührte er sie nicht
einmal an. Schöner Fox, zugegeben, lieb, auch gut, trotzdem schien er einer von
denen zu sein, die bei Blutwurst die Nase rümpfen, weil sie nur Hackfleisch und
gebratene Leber fressen. Und gehorchen kann er auch nicht. Zuletzt mußte Herr
Lembke ihn eigenhändig hochheben, weil er keine Lust zum Springen hatte. Ja,
Lassie als Vorbild, das hätte ich mir noch gefallen lassen, aber...
    Na ja, normalerweise hatte ich auch
nichts gegen Jacky, aber an diesem Abend hatte es mir eben in den Freßnapf
geregnet, und da wird man leicht ein wenig unwirsch.
     
    Die
Sonne, die uns am nächsten Tag trotz Regenvorhersage durchs schräge Fenster
schien, sah uns schon früh munter und geschäftig hantieren. Ich wette, auch
Anja hatte nur der Jagdeifer früher als sonst aus dem Bett getrieben. Sie hatte
es jedenfalls sichtlich eilig, wegzukommen. Sie gönnte uns nur ein kurzes
Frühstück, dann rannte sie schon wieder aufgeregt umher. Unruhe steckt
bekanntlich an, darum war es nicht verwunderlich, daß ich ihr, nervös wie ein
edles Rennpferd, ständig um die hübschen Beine tänzelte.
    »Ja ja, ich weiß, daß es dir zu
lange dauert. Ich bin ja gleich soweit. So, noch den Stadtplan von Köln
einstecken. Moment, da war doch noch was, ach ja, Taschenlampe und Notizblock
wollte ich noch mitnehmen.« Ein kurzer Blick noch, ob die Kochplatte
abgestellt, das Fenster geschlossen und auch sonst nichts vergessen worden war,
dann hatte mein Zerren an der Leine endlich Erfolg,
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