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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht
Autoren: Christoph Spielberg
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landeseigenen Bankgesellschaft verloren gegangen waren, und es wäre irgendwie schäbig gewesen, das sah jedermann ein, die verantwortlichen Manager oder die Profiteure dieser Geschäfte zu bitten, bei der Wiederbeschaffung der über zwanzig Milliarden Euro behilflich zu sein. Dann schon lieber eine weitere Klinik schließen! Kein Problem, riefen die anderen Berliner Krankenhäuser unisono, differenziert nur in der Lautstärke, selbstverständlich könnten sie Patienten und sonstige Aufgaben einer abgewickelten Humana-Klinik übernehmen!

    Unsere Rettung kam in Gestalt der Vital-Kliniken GmbH Co KG, die dem Berliner Senat die Humana-Klinik und alle anderen städtischen Krankenhäuser für einen Euro pro Klinik abkauften. Damit habe er Millionen an Unterhalts- und Personalkosten vom Hals, argumentierte der Senat. Meiner Meinung nach hatten die Vital-Kliniken schon allein über die Grundstückswerte ein gutes Geschäft gemacht. Was mir recht war, solange es meinen Arbeitsplatz sicherte, und so dachte auch der Rest der Belegschaft.

    So war die Humana-Klinik unter den Fittichen der Vital-Leute gerade auf dem Rückweg zu einem ganz normal strukturierten Krankenhaus, mit Chefärzten, Oberärzten und endlich wieder Klarheit, wer wem in den Hintern treten durfte. Für die Innere Abteilung allerdings, in der und für die zu arbeiten ich seit nun über zehn Jahren die Ehre hatte, lief die Bewerbungsfrist für die Chefarztposition noch. Aktuell wurde der Posten von Professor Kleinweg, internistischer Chefarzt der ebenfalls zur Vital-Gruppe gehörenden Waldklinik, kommissarisch mitbetreut, was allerdings lediglich seinen Gastauftritt jeden Donnerstag bedeutete, damit unsere Patienten nicht ihrer wöchentlichen »Chefarztvisite« verlustig gingen. Um die täglichen medizinischen Probleme in der Inneren Abteilung durfte sich der dienstälteste Internist kümmern: Ich, Dr. Felix Hoffmann.

    Und es gab heute tatsächlich wieder eine Menge zu kümmern und zu entscheiden. Beim Patienten Krauskopf die Frage nach einer letzten Runde Antibiotika oder ob sich die Chirurgen endlich über seine infizierte Niere hermachen durften. Bei Herrn Schlups ging es um Schrittmacher ja oder nein, und bei Frau Zachels war der Grundsatzstreit zu schlichten, ob sie primär unsere internistische Patientin wäre (wegen ihrer Angina pectoris) oder den Gynäkologen gehöre (wegen ihrer blutenden Uterusmyome).

    Selbstverständlich entschied ich zu unseren Gunsten und damit, wie mir schien, zu Gunsten von Frau Zachels, mit dem leicht nachvollziehbaren Argument, daß es leichter sei, täglich drei Stockwerke hinunter zu stiefeln (die Gynäkologen zu uns) als drei Stockwerke aufwärts (einer von uns zu den Gynäkologen). Die Kollegen von der Frauenheilkunde waren dermaßen verdutzt über diese streng medizinische Begründung, daß ihnen nicht einmal der Fehler in meiner Energiebilanz auffiel.

    Jedenfalls wurde es über das Entscheiden, Entscheidungen verschieben oder falsche Entscheidungen zu revidieren Mittag, ehe ich endlich Beate traf.

    »Hallo, Felix!«

    Beate nahm mich in die Arme.

    Schwer zu sagen, wer Celine nähergestanden hatte, ihre langjährige Freundin Beate, nun schon seit einigen Jahren Verwaltungsleiterin der Humana-Klinik, oder ich. Wahrscheinlich kann man das nicht vergleichen, vermutlich gab es eine Beate-Celine und eine Felix-Celine mit einer großen gemeinsamen Schnittmenge, aber eben doch auch mit Dingen, die nur Beate über Celine wußte oder nur ich.

    Geplant war natürlich, gemeinsam am Flughafen Celines Sarg zu erwarten. Aber dann hatten Vital-Leute kurzfristig eine Konferenz ihrer Verwaltungsleiter einberufen. Ein Termin, den Beate weder aufschieben noch absagen konnte, wollte sie nicht ihre Existenz aufs Spiel setzen. Denn schnell hätte sich die Versammlung geeinigt, welche der Vital-Kliniken auf eine eigene Verwaltung verzichten könnte.

    »Wie war's auf dem Flughafen?«

    »Celines Eltern haben alles geregelt. Sie sahen um Jahre gealtert aus.«

    »Wundert dich das? Es muß schrecklich sein, das eigene Kind zu begraben. Können wir etwas für die beiden tun?«

    »Ich weiß nicht. Sie mochten mich noch nie besonders, jetzt haben sie sich total abgeschottet. Vielleicht sprichst du mit ihnen. Wir müssen die Beerdigung klären, was mit Celines Wohnung geschieht, all solche Sachen.«

    Beate machte sich eine Notiz, sie war schon immer gut organisiert und in dieser Hinsicht ganz anders als Celine. Jedenfalls, so ging das
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