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Hundertundeine Nacht

Hundertundeine Nacht

Titel: Hundertundeine Nacht
Autoren: Christoph Spielberg
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und sogar behauptet, wir hätten ihm nach dem Leben getrachtet. Die wirklichen Behandlungsfehler – nämlich seine – hatte er allerdings nicht erwähnt. »Furchtbarer Schwätzer« war eine treffende, aber extrem untertriebene Beschreibung.

    »Na, dann viel Spaß!«

    Ich stand auf und klemmte mir die beiden Ordner unter den Arm. Wann würde es uns wieder möglich sein, wirklich über Celine zu sprechen? Plötzlich fürchtete ich mich vor dem Wochenende, wenn auch erst Dienstag war.

    »Beate – willst du nicht nächsten Sonntag zum Essen kommen?«

    Beate kannte das Wochenendritual des Singlepaars Celine-Felix: Samstag gemeinsames Frühstück, Sonntag abend gemeinsames Genießen von Felix' Kochkünsten.

    »Einzige Bedingung: Du darfst dich nicht beim Kochen einmischen!«

    »Ich koche nicht so schlecht wie Celine!«

    Das war auch kaum möglich.

    »Also abgemacht. Du bringst den Wein mit.«

    Auf dem Rückweg zur Inneren Abteilung schaute ich kurz bei den Chirurgen vorbei, um sie zu informieren, daß sie die Niere von Herrn Krauskopf vorerst nicht bekommen würden.

    »Es gibt ein neues Aminoglykosid, das wir noch probieren wollen.«

    Erstaunlicherweise kein Protest, im Gegenteil.

    »Ist uns recht, im Moment kommt uns jede abgesagte OP gelegen. Guck dir an, wie es hier aussieht – und die wollten vor zwei Wochen fertig sein!«

    Im Hintergrund, am Übergang zum OP-Trakt, wurden offensichtlich gerade erst frisch verputzte Wände wieder aufgestemmt, neu gelegte Leitungen herausgerissen.

    »Die Leute der Firma Sommer haben es tatsächlich fertiggebracht, das Lachgas an die Druckluftleitungen anzuschließen, und wenn du destilliertes Wasser haben willst, bekommst du es auch – aber kochend heiß! Deshalb teilen wir uns noch immer den alten OP mit den Gynäkologen und den Traumatologen. Also halt deine Antibiotika warm.«

    Das konnte sich sowohl auf die Niere von Herrn Krauskopf beziehen wie auf die Infektionen, die nach Meinung der Chirurgen bei gleichzeitiger Nutzung des OPs ausgerechnet mit den Kollegen von der Gynäkologie unvermeidlich waren.

    »Kein Fehler unserer Firma. Das liegt an den vollkommen veralteten Plänen, die wir von Ihrer Klinik bekommen haben.« Ungefragt hatte sich Herr Sobotka zu uns gesellt, verantwortlicher Bauleiter der Firma Sommer und steter Vertreter von deren Interessen. Seine Firma hatte den Auftrag zur Neuinstallation der Pumpen und Leitungen in unserer Klinik nicht nur bekommen, weil sie einer der größten Hersteller von Anlagen zur Herstellung und Nutzung von medizinischen und technischen Gasen ist, sondern weil sie darüber hinaus auch deren Installation durch eigene Mitarbeiter anbietet.

    Natürlich hatte auch die Unterstützung von Celines Hilfstransport durch Herrn Sommer bei der Auftragserteilung geholfen. Aber hätte ich damals schon den Bauleiter Sobotka gekannt, hätte ich wahrscheinlich trotzdem mein Veto eingelegt. Er war sich seiner Statur und deren einschüchternder Wirkung wohl bewußt. Ohne dies zu sagen, hatte er uns deutlich gemacht, daß wir eventuelle Zahlungskürzungen wegen Terminüberschreitungen gar nicht erst erwägen sollten. Diesem Mann wollte ich wirklich nie in einer einsamen Gasse begegnen.

    Zurück in meinem Zimmer, rief ich den großen Unternehmer Sommer an und bekam ihn tatsächlich nach einiger Zeit ans Telefon. Zwar war die Humana-Klinik inzwischen Eigentum von Vital und die Firma Sommer nun deren Geschäftspartner, aber da ich mich damals für die Firma Sommer eingesetzt hatte, fühlte ich mich weiter verantwortlich.

    »Ich weiß nicht, ob die Verzögerungen mit veralteten Bauplänen der Klinik zu tun haben oder nicht, Dr. Hoffmann, jedenfalls werde ich mich sofort persönlich darum kümmern. Aber, noch viel wichtiger: Es tut mir schrecklich leid, die Sache mit Frau Bergkamp. Hätte ich doch bloß nicht unsere Lastwagen zur Verfügung gestellt, dann wäre das alles nicht passiert.«

    »Herr Sommer, Celine wäre auf jeden Fall mit den Sachen nach Kurdistan gekommen, mit Ihren Lastwagen oder auf Mauleseln. Sie trifft keine Schuld.«

    Außerdem hatte ich Schwierigkeiten mit der Vorstellung, daß der ziemlich hartgesottene Industrielle Sommer allzu sehr unter dieser Schuld leiden sollte. Klartext schien mir eher zu sein, daß er die geschäftlichen Beziehungen zur Humana-Klinik dadurch nicht gestört hoffte oder so etwas, immerhin war der Auftrag für die neue Abwasseraufbereitung noch nicht vergeben.

    Ich hatte ihm nicht zugehört, bekam
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