Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
Vom Netzwerk:
Wimmern von sich gab und sich die Hände auf die
Ohren legte. Es sah aus, als würde sie etwas ganz Schreckliches

hören, aber ich selbst konnte gar nichts hören, und dann,
als nächstes, da war sie ... fort."
    Henrys Augen fanden im Rückspiegel die Tonys. Ganz
offensichtlich dachten beide Männer dasselbe.
    „Ich glaube nicht, daß er das mit Absicht tut."
    „Das ist mir egal. Er ist für den Tod dieser alten Dame
verantwortlich, und ich sage: Soll er doch ohne Hände zur Hölle fahren."
    Tony saß wieder in seinem Lichtkreis. Er bebte. Henrys
Stimme hatte mühelos die Distanz zwischen Schlafzimmer und Wohnzimmer überbrückt,
als gäbe es sie gar nicht, und jedes einzelne seiner Worte hatte messerscharf
geklungen. Wenig später trat Henry ins Zimmer, und Tony sah, daß er sich
umgezogen hatte. Er trug Schwarz, und über diesem Schwarz schien sein Gesicht,
schien sein Haar förmlich zu leuchten. Tony hätte sich die Frage sparen können,
doch er stellte sie: „Wo gehst du hin?"
    „Jagen."
    Es war fast unmöglich, die erwartungsvolle Haltung des
Geistes zu ignorieren.
    „Du kannst da rumstehen, solange du willst", verkündete
Henry leise und drohend. „Ich werde dir nicht helfen."
    Der Geist warf den Kopf zurück und schrie.
    Mit ihm schrie der unsichtbare, unhörbare Chor der Toten.
    „Ich dachte, du wolltest ihm keine Fragen mehr
stellen!" „Habe ich auch nicht." Henry starrte auf die Stadt hinab
und lauschte, in der Erwartung, eine Sirene heulen zu hören, die Finger gegen
das Fensterglas gepreßt, alle Rückenmuskeln zum Zerreißen gespannt. „Ich habe
ihm gesagt, er könne von mir keine Hilfe erwarten."

„Das scheint ihm nicht gefallen zu haben."
    „Nein, das gefiel ihm nicht."
    Schweigend standen die beiden zusammen und warteten auf
die Geräusche, die ein weiterer Tod mit sich bringen würde.
    Schließlich seufzte Tony tief auf und ließ sich auf das
Sofa fallen. „Wir hatten scheinbar Glück. Niemand, der alt genug war, niemand,
der nahe genug dran war. Vielleicht sagst du nächste Nacht einfach
nichts."
    Er wartete und wartete. Als Henry versuchte, das Zimmer zu
verlassen, schrie er.
    Sie sahen zu, wie der Krankenwagen ankam. Sie fanden heraus,
daß das Baby der Franklins im Schlaf gestorben war.
    „Babys ... mein Gott." Zwei Jahre zuvor hatte Tony
zugesehen, wie ein uralter ägyptischer Zauberer einem Baby die Lebenskraft
geraubt, sie einfach in sich aufgesogen hatte. Die Eltern des Kindes waren
weitergegangen und hatten nicht mitbekommen, daß ihr Baby tot war. In
Alpträumen wurde Tony immer noch von diesen Bildern geplagt. „Das ist
Erpressung."
    „Ja, und das hat mich wütend gemacht." Das Plastik
krachte vernehmlich, als Henry den Hörer abnahm.
    Tony schluckte. Henrys Zorn konnte so furchterregend sein
wie die stummen Schreie eines Geistes. Dann brachte der junge Mann ein schiefes
Lächeln zuwege und fragte: „Rufst du die Geisterjäger?"
    „Nicht ganz. Ich habe entschieden, daß das hier kein Fall
für einen Autor von Liebesromanen ist."
    „Na, vielleicht nicht, aber ..." Tony ließ den Rest
der Frage ungesagt, denn nun hatte Henry den Lautsprecher seines Telefons
eingeschaltet. Nach zweimaligem Klingeln sprang ein Anrufbeantworter an.
    „Victoria Nelson, Privatermittlungen. Im Moment kann
niemand Ihren Anruf entgegennehmen. Bitte hinterlassen Sie nach dem Pfeifton
eine Nachricht..."

Zwei
    Detective Sergeant Michael Celluci schloß leise die
schwere Eisentür hinter sich und trat vorsichtig in die von tiefen Schatten
bevölkerte Wohnung. Aus dem Büro direkt unter den Dachstreben drang ein trüber
Lichtschein, der aber gleich wieder vom Hauptraum mit seiner 5,50 m hohen Decke
geschluckt wurde. Früher hatte das Haus eine Glasfabrik beherbergt, die in der
Rezession hatte schließen müssen, woraufhin das Gebäude verwaist war. Dann kam
die Stadterneuerung und mit ihr die Umwandlung der alten Fabrik in nicht
wirklich sehr brauchbaren Wohnraum für die besser verdienenden Randgruppen
Torontos. Die meisten neuen Bewohner kleideten sich fast ausschließlich in
Schwarz, und hatten alle mehr oder weniger etwas mit „Kunst" zu tun,
Cellucis in dieser Frage nicht eben bescheidener Meinung nach oft eher äußerst
am Rande.
    Lautlos - die weichen Sohlen seiner Schuhe machten kein
Geräusch auf dem Teppich, der an einer Wand entlang die Strecke markierte, die
man betreten durfte - näherte sich Mike der Lichtquelle.
    „Aber was ist mit dem Typ, den du sehen kannst? Was hat er
für eine
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher