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Huff, Tanya

Huff, Tanya

Titel: Huff, Tanya
Autoren: Blood Ties 05 - Blutschuld
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bist. Immerfort redest du mit Leuten. Ich habe gedacht, es wäre
für dich sicherer, ein wenig ..."
    „... zurückgezogener zu leben?"
    „Ein großes Wort. Privat, wollte ich sagen, aber
zurückgezogen geht auch."
    „Menschen fürchten sich vor dem, was sie nicht
kennen." Die beiden Männer verließen den Fahrstuhl in der Tiefgarage der
Wohnanlage und gingen nebeneinander zu Henrys BMW. „Wenn die Leute denken, sie
kennen mich, haben sie keine Angst vor mir, und wenn dann das Gerücht entsteht,
ich könnte unter Umständen gar nicht der sein, der ich zu sein vorgebe, dann
vergleichen sie das Gerücht mit dem, was sie über mich zu wissen meinen und
schlagen es in den Wind. Wenn sie nichts in der Hand haben, mit dem sie das
Gerücht vergleichen können, dann sind sie eher geneigt, ihm Glauben zu
schenken."
    „Du freundest dich also zu Tarnzwecken mit Menschen
an?"

Henry runzelte die Stirn und sah zu, wie Tony zur
Beifahrertür ging. „Nicht immer."
    „Aber manchmal schon?"
    „Ja."
    Tony hob den Kopf, sah Henry über das Autodach hinweg in
die Augen und fragte: „Was ist mit mir?"
    „Mit dir?"
    „Was bin ich? Auch Tarnung?"
    „Tony ..." Aber dann sah Henry den Ausdruck in Tonys Augen
und wußte, daß die Frage nicht nur so nebenbei gestellt worden war. „Tony, dir
vertraue ich mit allem, was mich ausmacht. Das kann ich sonst nur von zwei
anderen Menschen auf der ganzen weiten Welt sagen, und einer von denen zählt
noch nicht mal wirklich."
    „Weil Vicki Vampirin geworden ist?"
    „Weil Michael Celluci nie zugeben würde, einen ...
Verfasser von Liebesromanen zu kennen."
    Henry hatte den jungen Freund zum Lachen bringen wollen,
und es war ihm gelungen. Aber Tonys Lachen klang ein wenig künstlich, und den
ganzen Rest der Nacht hatte Henry Mühe, dieses Künstliche wieder aus der Welt
zu schaffen.
    Sie hatte den Artikel zu spät entdeckt, um noch in
derselben Nacht etwas unternehmen zu können, und das Warten hatte ihre Stimmung
nicht gerade verbessert.
    „Hat Richard Sullivan heute Dienst?"
    Überrascht, weil der scharfe Ton sie verwirrt hatte, sah
die Pflegerin auf den Dienstplan. „Ja, Frau Doktor. Er ..."
    „Ich will ihn in meinem Büro sehen. Sofort."
    „Ja, Frau Doktor." Es hatte keinen Sinn zu protestieren,
zu sagen, der Kollege beseitige gerade die Folgen eines unglückseligen.
Zwischenfalls mit einer Bettpfanne. Sofort hieß sofort und keine Sekunde
später. Sie ließ Sullivan ausrufen und hoffte nur, daß das, was Sullivan
verbrochen hatte, für eine Kündigung nicht ausreichen würde. Es gab nur wenige
Pfleger, die bereit waren, jede Scheißarbeit zu machen, ohne sich ständig
darüber zu beklagen, und es fiel jedem schwer, den großen Mann nicht

zu mögen, dessen Augen, die freundlich blickten wie die
eines Welpen, nicht leicht zu widerstehen war.
    „Was wissen Sie darüber?"
    Sullivan blickte auf den Zeitungsartikel und dann wieder
in das Gesicht der Ärztin. Auch wenn er hätte leugnen wollen: Jedes Wort
erstarb ihm unausgesprochen auf den Lippen. Sie konnte die Antwort auf seinem
Gesicht ablesen.
    „Dann ist das einer der Unsrigen?"
    Sullivan nickte.
    „Welchen Teil Ihrer Instruktionen hatten Sie da nicht
verstanden?"
    „Es ist nicht, weil..."
    „Oder gefällt Ihnen die Arbeit nicht? Ist nicht alles
genau so, wie ich es Ihnen beschrieben hatte?"
    „Doch. Ich meine: Mir gefällt der Job, und es ist alles
so, aber ..."
    „Eigeninitiative wird von Ihnen nicht erwartet,
Sullivan."
    Sullivan war viel größer als die Ärztin; es ging
eigentlich nicht an, daß er sich vor dem Zorn dieser Frau am liebsten in der
nächsten Ecke verkrochen hätte. Aber genau so war ihm zumute.
    Der Geist trug ein T-Shirt der Rockband Cult and Jackyll,
einer regional bekannten Gruppe, die ihr Plattenstudio im Norden Vancouvers
hatte. Henry wunderte sich ein wenig darüber, daß es kein T-Shirt der Grateful
Dead war: Er war immer der Meinung gewesen, in der Unterwelt herrsche ein recht
simpler, ziemlich makaberer Sinn für Humor. Die Arme des Geistes endeten nach
wie vor knapp oberhalb der Handgelenke, und er schien auch diesmal auf irgend
etwas zu warten.
    Tony war der festen Überzeugung, das Gespenst wünsche
Rache.
    Die Theorie kann genauso stimmen wie jede andere auch.
Henry seufzte. „Möchten Sie sich an der Person rächen, die Ihnen die Hände
genommen hat?"

Auf den Zügen des Geistes zeigte sich Ungeduld; erste
Anzeichen einer Persönlichkeit. Dann verschwamm die Erscheinung
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