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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi
Autoren: Nicola Förg
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Am Fuße dieses Kreuzes am Speichersee lag ein Pferdchen. Bei meinem Besuch war es dann schon weg, aber am Fundtag von Fischer war es noch dort. Sie waren am Hausberg, das bezweifle ich nicht. Aber Johannes war auch dort. Und ich sage Ihnen auch, warum ich das weiß. Die Lösung heißt Riesen-Bärenklau.« Langsam begann Irmi von all jenen zu erzählen, die mit diesem aggressiven Kraut in Berührung gekommen waren.
    Eigentlich hatte Irmi gar nicht mehr damit gerechnet, dass sie noch etwas sagen würde, als Helga Mayr plötzlich zu sprechen begann.
    »Martin hatte Fischer an der Angel. Er prahlte damit, dass er den dummen Bauernschädel nun so richtig auflaufen lasse. Das war wirklich so. Am Donnerstag am späten Nachmittag kam Johannes zu mir. Er besucht mich immer mal, wenn er da ist. Wir wollten beim Westner schnell etwas essen. Und als wir reinkommen, ist es leer, bis auf zwei Männer. Da sitzen ausgerechnet Martin Maurer und Xaver Fischer über ein paar Unterlagen, die Hütte betreffend. Johannes war wie vor den Kopf gestoßen, diese beiden Männer in trauter Zweisamkeit da sitzen zu sehen. Xaver Fischer hatte wohl schon ein paar Bierchen zu viel und begrüßte Johannes mit ›Da kimmt der Mörderinnenbruder. Fahrst du auch so schlecht Auto wie die Schwester oiwei?‹«
    Irmis Herz klopfte unrhythmisch. »Weiter im Text!«
    »Johannes war nahe dran, Fischer an die Gurgel zu gehen. Bemerkenswerterweise kam da von Martin: ›Das muss doch ein Ende haben. Fischer, es reicht.‹ Ich weiß nicht, ich habe ihm das in dem Moment abgenommen, dass er wirklich eine Versöhnung sucht. Ich hab dann vorgeschlagen, ob es uns nicht allen helfen würde, wenn wir ein Gebet am Kreuz von Ann-Kathrin sprechen würden. Fischer hat kurz überlegt, dann gelacht und gesagt: ›Ich stell mich doch nicht an diese Straße, da derfahrens dich doch.‹ Er fand sich wohl auch noch wahnsinnig witzig. Martin war für den Moment sprachlos, und in diese Stille hinein setzte Fischer noch eins drauf. Er schaute mich an mit seinen verschlagenen Äuglein. ›Wenn ihr betn woit, dann gehts doch auf den Hausberg. Da steht neuerdings a Kreiz, des schaugt aus wie eiers. Bloß größer. Da seids dem Himmel näher. Mir san morgen eh dort, oder, Herr Maurer?‹ Dann wandte er sich an Johannes: ›Nix für unguat, Bua, aber ihr störts.‹ Für ihn war das damit erledigt. Fischer ist so ein Typ, der gar nicht merkt, in welche Fettnäpfe er tritt. Johannes ist hinausgerannt, der arme Junge war völlig durch den Wind. Wir sind dann nach Murnau in die Pizzeria, und ich habe die halbe Nacht auf Johannes eingeredet. Dass das dumme Menschen seien, dass er vergeben müsse, weil er die Aggression nur gegen sich selbst richtet. Dass Typen wie Fischer irgendwann ihre Strafe bekämen. Was man halt so redet, um einen Menschen zu beruhigen. Johannes hatte schon ziemlich viel Wein, als ich ihn zu Hause absetzte. Ich habe ihm das Versprechen abgenommen, dass er nicht noch mehr saufen wird, insbesondere keinen Whiskey mehr. Da hat Klaus nämlich eine recht beachtliche Sammlung. Johannes hat’s versprochen.«
    Irmis taktloses Herz klopfte weiter, in ihren Ohren rauschte es. »Und dann?«
    »Ich war natürlich beunruhigt. Ich hätte gerne noch mal mit Martin geredet, aber der war nicht in seinem Haus. Jedenfalls bin ich am anderen Tag vormittags zu Johannes, wollte nach ihm sehen und finde den aufgebrochenen Schrank. Johannes ging nicht an sein Handy, Martin auch nicht. Ich bin den Hausberg hinaufgerannt, so schnell ich konnte. Ich bin ziemlich krank, ich stehe unter starken Medikamenten, so schnell ging das dann eben nicht. Ich hatte immer die Stimme von Fischer im Ohr. Da steht neuerdings a Kreiz …«
    Helga Mayr hielt kurz inne und atmete tief durch, ehe sie fortfuhr.
    »Als ich vom Bayernhaus hochkam, sah ich dieses Kreuz. Es erschien mir riesig. Vor ihm kniete Xaver Fischer. Johannes stand. Seine Stimme wehte herüber. ›So, nun kannst du beten für Ann-Kathrin und Margit. Los, bete!‹ Ich schrie gegen den Wind und den Regen an. Als ich die beiden fast erreicht hatte, sah ich, dass Johannes ein Plüschpferdchen in der Hand hielt. ›Das legst du nieder für Ann-Kathrin und Margit und sagst hier unter dem Kreuz, dass du auch unter Gottes schützender Hand in die Hölle gehörst. Sag es.‹ Ich hatte den Eindruck, dass Fischer den Johannes nicht so ganz ernst nahm. ›Ja, du Depp, du‹, sagte er eher verwundert. ›Bete!‹, schrie Johannes wieder. Er feuerte das
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