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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi
Autoren: Nicola Förg
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Kollegin. Wir müssten mit Ihnen reden!«
    Johannes starrte Irmi verunsichert an. Eine jüngere Ausgabe seines Vaters ohne dessen Schmerz in den Augen. Ja, wenn man Anfang oder Mitte zwanzig war, war der Typ sicher ein Hauptgewinn. In höherem Alter wohl erst recht.
    »Johannes, was sagen Ihnen diese Schränke?«
    »Dass einer offen ist.« Seine Verunsicherung schlug sich in seiner Stimme und in seiner ganzen Körperhaltung nieder.
    Irmi pokerte: »Ich habe die Spurensicherung angefordert. Aber was die herausfinden werden, kann ich Ihnen sagen. Am Schloss werden Ihre Fingerabdrücke sein.«
    Der Anwalt schaltete sich ein: »Johannes, du sagst nichts!« Und an Irmi gewandt: »Und wenn es so wäre, heißt das gar nichts. Sein Vater hat ihn sicher mal gebeten, etwas für ihn zu holen. Natürlich sind da Abdrücke drauf.«
    »Wir werden zudem beweisen können, dass es sich um ein identisches Caninsulin handelt. Das sieht alles nicht gut aus«, sagte Irmi und sah Johannes an. »Wo waren Sie am Freitag und am Samstag letzter Woche?«
    »Keine Ahnung«, kam es trotzig.
    »Ich sag es Ihnen. Sie waren hier. Sie haben den Schrank geöffnet, das Insulin entnommen, haben Spritzen aufgezogen und sind zum Hausberg, wo Sie Xaver Fischer ermordet haben. Und am nächsten Tag Martin Maurer in Oberstaufen. Woher wussten Sie, dass die Herren dort sein würden?«
    Das war leider der Knackpunkt in der Geschichte. Das war der Haken, an dem sich ihre Indizienbeweise erhängen würden. Wenn sie die Anwesenheit von Johannes Geipel nicht beweisen konnten, sah es schlecht aus.
    »Das wusste ich nicht!«, sagte Johannes erwartungsgemäß, doch Irmi spürte, dass er log.
    Mittlerweile war der Hase mit seinen Leuten eingetroffen. Irmi nahm ihn beiseite und bat ihn, gleich vor Ort einen Vergleich der Fingerabdrücke vorzunehmen. Der Anwalt hatte nichts dagegen, dass Johannes Geipel seine Abdrücke hinterließ. Irmi ahnte, wie er plädieren würde. Sie bewegten sich auf sehr dünnem Eis.
    Die Abdrücke stimmten überein, was Irmi nicht sonderlich überraschte. Sie würde Johannes Geipel verhaften müssen, so ungern sie das auch tat.
    Klaus Geipel hatte die ganze Zeit geschwiegen, nun brach es aus ihm heraus: »Johannes, das darfst du nicht getan haben! Ich hab doch nur noch dich!« Er stürzte auf seinen Sohn zu und umfasste ihn. Johannes stand mit hängenden Armen da.
    »Klaus!«, polterte der Anwalt. »Die haben nichts in der Hand! Jetzt reiß dich zusammen. Und du, Johannes, bist still!«
    »Frau Irmgard …«
    »Sailer, nicht jetzt!« Der hatte wirklich ein Talent, im falschen Moment aufzutauchen.
    »Aber da ist schon wieder wer. Sagt, es wär wichtig. Das ist ja ein Bienenschlag hier.« Sailer war nun wirklich sauer. Er schob Überstunden, und niemand hatte ihn aufgeklärt, worum es eigentlich ging.
    »Ja, wer ist es denn?«, fragte Irmi unwirsch.
    »A Frau, die wo sagt, sie kennt Sie.«
    »Ja, ich komme.« Irmi trat auf den Gang. Dort stand Helga Mayr. An der Straße parkte der gelbe Twingo, natürlich. Sie hatte so ein Autochen doch in der Garage von Maurers Nachbarn gesehen.
    »Frau Mangold, ich möchte eine Aussage machen. Ich habe Martin Maurer und Xaver Fischer getötet!«
    Irmi kapierte gar nichts mehr. Die Frau lief an ihr vorbei und schoss in den Medikamentenraum.
    »Johannes, du hältst die Klappe! Du hast dir nichts zuschulden kommen lassen. Ich habe die Morde soeben gestanden.«
    Alle starrten sie an. Sie stand da, umringt von Menschen, die alle wie schockgefrostet wirkten, bis Klaus Geipel schließlich ausstieß: »Helga, oh Gott!«
    Es brach ein beispielloser Tumult los, den Kathi mit einem stimmgewaltigen »Stopp, alle ruhig!« unterbrach. Irmi war ihr dafür sehr dankbar. Sie selbst musste sich erst einmal fassen. In Sekunden huschten Bilder vorbei, Bilder von ihren Treffen mit der Nachbarin. War sie so blind gewesen? Und ein Satz drängte heran. »Ach, Frau Mangold, sie ruht nun in Frieden«, hatte die Frau damals gesagt. Irmi erinnerte sich an deren Blick. Helga Mayr hatte ihr etwas sagen wollen. Nämlich, dass sich »nun« etwas geändert hatte. Und mit dem Tod von zwei Männern hatte sich definitiv etwas geändert.
    Irmi übernahm wieder die Regie. »Ich möchte zuerst Herrn Klaus Geipel allein sprechen. In der Küche, bitte. Kathi, Andrea, Sailer, ihr bleibt bitte bei den anderen.«
    Irmi ließ sich am Küchentisch nieder, alles in ihr bebte. »Helga? Sie nennen Frau Mayr Helga?«
    »Helga Mayr war vor Jahren meine
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