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Hüttengaudi

Hüttengaudi

Titel: Hüttengaudi
Autoren: Nicola Förg
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Frühstück. Irmi beschränkte sich auf Cappuccino und Joghurt, während Kathi richtig zuschlug. »Na, hör mal, wann krieg ich wieder so ein geniales Frühstücksbüfett?«
    Irmi lag schon die Bemerkung auf der Zunge: Mit deinem menschenverachtenden Veganer sicher nicht. Sie konstatierte, dass diese ganze Geschichte sie zeitweise richtig zynisch machte. Böse Gedanken machten sich auf und wurden zu Worten, die man besser nicht aussprach.

18
    Um eins waren sie in Aidling. Andrea und Sailer saßen im Wagen vor dem Haus.
    »Also, Frau Irmgard, jetzt müssen Sie mir aber scho …«
    »Später, Sailer, später«, wiegelte Irmi ab. »War was los?«
    »Naaa«, sagte er unter Gähnen.
    »Na ja«, mischte sich Andrea ein. »Ein gelber Twingo ist sehr langsam vorbeigefahren. Zweimal.«
    Ein Twingo? Wo hatte Irmi zuletzt einen gesehen? Verdammt, sie konnte sich nicht erinnern.
    »Wir gehen mal kurz zu den Nachbarn. Und Sie lassen weiter niemanden durch«, sagte Irmi.
    Die Nachbarin hatte natürlich längst Witterung aufgenommen und anscheinend hinter der Türe regelrecht gelauert. Irmi spähte auf das Klingelschild. »Frau Wild, nehme ich an?«
    Die Frau nickte. Sie war im Rentenalter und hatte sicher viel Zeit. Das war gut. Irmi zeigte ihren Ausweis. »Frau Wild, wir sind von der Kripo. Können Sie uns zufällig sagen, wann Johannes in letzter Zeit mal im Haus drüben war?«
    »Ja, natürlich. Letztes Wochenende.«
    »Geht das genauer?«
    »Er kam am Donnerstag. Wann er gefahren ist, weiß ich nicht. Ich schau doch nicht immer da rüber. Er studiert in München. Netter Bursche. Er kommt immer zum Waschen heim. Er wäscht selber. Ist ja niemand mehr da.« Sie nickte zur Bestätigung.
    Johannes war also da gewesen und hätte sich durchaus diese Spritzen besorgen können. Ob er zu nachtschlafender Zeit nach Oberstaufen aufgebrochen war, würden sie auch noch beweisen. Kathi sagte gar nichts mehr. Sie kämpfte mit sich. Ihr guter Freund ein Mörder?
    »Frau Wild, herzlichen Dank. Wenn wir noch Fragen haben, kommen wir rüber.«
    »Ja, halt! Was ist da drüben los? Wurde eingebrochen?« Da passierte endlich mal was, und nun wurden ihr diese Infos vorenthalten! Frau Wild war sichtlich enttäuscht.
    »Äh … ja, so was ähnliches, Frau Wild. Jetzt müssen wir aber weiter.«
    Irmi dirigierte Kathi mit einer Kopfbewegung auf die Straße. In diesem Moment fuhr Klaus Geipel vor. Parkte. Stieg aus. Er sah furchtbar aus.
    »Können wir?«, fragte Irmi.
    Geipel ging wortlos zur Tür und sperrte auf. Sie betraten das Gebäude, das früher einmal ein Bauernhaus gewesen sein musste. Es hatte einen breiten Gang, von dem links die Küche abging. Jemand hatte das Haus sehr feinfühlig renoviert, ohne seinen behäbigen Charme zu zerstören.
    »Wo wären die Medikamente?«, fragte Irmi.
    Klaus Geipel geleitete sie nach rechts, wo ein kleines Wartezimmer lag. Von dort gelangte man in einen Praxisraum, an den sich eine Kammer anschloss. Darin standen zwei schwere Schränke mit Sicherheitsschlössern und eine Art Kühlschrankvitrine. Die Schränke waren versperrt, an der Vitrine baumelte ein aufgezwicktes Schloss.
    »Was war da drin?«, erkundigte sich Irmi.
    Geipel schwieg.
    »Insulin?«
    »In den großen Schränken sind die Betäubungsmittel und solche Sachen. In der Vitrine waren Medikamente, die man leicht kühlen muss.«
    »Fehlt etwas?«
    »Das kann ich so nicht sagen.«
    »Herr Geipel!«
    »Ich kann das wirklich nicht sagen. Ich bin seit Monaten ein Durchreisender.«
    »Aber Sie müssen das alles doch irgendwo dokumentieren?«, bemerkte Kathi.
    »Ja, muss ich. So wie Sie kein Recht hatten, einfach in Österreich zu ermitteln. In Extremsituationen lassen wir wohl alle die Bürokratie mal außen vor!«, rief Geipel aufgebracht.
    »Herr Geipel, haben Sie Johannes erreicht?«
    »Ja, er kommt. Und ich habe ihm nicht gesagt, weshalb ich ihn hergebeten habe!«
    »Der Anwalt?«
    »Ist ebenfalls auf dem Weg hierher.«
    »Dann warten wir«, beschloss Irmi und betrachtete den Kühlschrank.
    Draußen waren Schritte zu hören. Sailer polterte herein. »Da sind zwei Männer, die zu Ihnen wollen. Ein jüngerer und ein älterer.«
    »Lassen Sie die Herren durch!«
    Die Herren waren Geipels Sohn und der Anwalt. Als Johannes Kathi sah, war er völlig verwirrt. »Kathi, was machst du hier? Was ist eigentlich los? Papa wollte mir nichts sagen.«
    »Johannes, es ist …« Kathi brach ab.
    »Grüß Gott, ich bin Irmi Mangold von der Kripo, und Kathi ist meine
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