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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht
Autoren: Rainer M. Schroeder
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der zahlreichen und in Teilen oft widersprüchlichen Fachliteratur als das glaubhafteste erschien, was letztlich natürlich eine subjektive Entscheidung ist. Aber vor dieser Entscheidung steht jeder Autor, der über historische Personen und Ereignisse aus längst vergangenen Jahrhunderten schreibt.
    Trotz aller intensiven Forschung zahlloser Historiker über Cosimos Leben ist es noch nicht gelungen, zu einer eindeutigen Einschätzung seiner Person zu kommen. Während die finanziellen Aspekte von Cosimos Tätigkeit als Bankier in geradezu erdrückender Fülle dokumentiert sind und sich mit viel Geduld nachvollziehen lassen (Hier sei auf das geradezu monumentale Werk des Wirtschaftshistorikers Raymond de Roover »The Rise And Decline Of the Medici Bank 1397-1494« hingewiesen, in dem auf gut fünfhundert Seiten die Wechselgeschäfte, Bilanzen und Methoden der Buchführung im Detail erörtert werden. Das politische Leben spart Raymond de Roover jedoch fast gänzlich aus.), entzieht er sich als Politiker einer eindeutigen Beurteilung. Man braucht nur einige der einschlägigen Biografien von renommierten Historikern über ihn zu lesen, um schnell zu der Erkenntnis zu gelangen, dass bei aller Faktenlage fast jeder zu einer individuellen Einschätzung kommt. Der eine wirft ein bewundernd schmeichelhaftes Licht auf Cosimo, der andere nimmt ihm gegenüber eine sehr kritische, beinahe ablehnende Haltung ein.
    Die Gründe dafür, dass sich selbst die Experten auf dem Feld der historischen Forschung über Cosimo nicht recht einig sind, weil er sein wahres Wesen und seine politischen Ambitionen hinter der Maske des bescheidenen Biedermannes verbarg und sich in der Öffentlichkeit ungezwungen und leutselig gab, liegen auf der Hand.
    Alle uns zur Verfügung stehenden Dokumente, wie Briefe von ihm und seinen Gegenspielern, vermitteln keinerlei objektiven Einblick in ihre Absichten und wahren Beweggründe. Da die Beteiligten sich in dem ständigen politischen Ränkespiel mit oftmals wechselnden Allianzen nie sicher sein konnten, in wessen Hände diese Dokumente gelangen konnten, bedienten sie sich diplomatisch geschickter Wendungen, um sich nicht in die Karten schauen zu lassen und nicht zu viel von ihren politischen Plänen preiszugeben. Auch die von Niccolò Machiavelli verfasste »Geschichte von Florenz«, die um 1520 entstand und bei der es sich in großen Teilen um eine Biografie der Medici handelt, ist mit großer Vorsicht zu genießen, denn Machiavelli schrieb sie in deren Auftrag und er hatte gute Gründe, sie in seinem Buch in einem möglichst vorteilhaften Licht zu präsentieren.
    Meine persönliche Einschätzung des Medici-Oberhauptes pendelt irgendwo zwischen Bewunderung und Ablehnung. Ich hoffe, dass es Cosimo gerecht wird, auch wenn an ihm, der ein ebenso leidenschaftlicher Bankier wie Verehrer der Künste und der antiken Philosophen war, viel Rätselhaftes bleibt.
    Was ganz und gar nicht rätselhaft ist, betrifft die Art und Weise, wie Cosimo nach seiner Rückkehr aus der Verbannung sich und seinen Nachkommen die Macht in Florenz gesichert hat, und zwar mit einer Mischung aus Härte, politischer Klugheit und genialer Täuschung der Bevölkerung durch Propaganda. Natürlich setzte er auch die Überzeugungskraft seines immensen Reichtums ein. Seine Herrschaft dauerte länger als drei Jahrzehnte.
    Zur Überraschung der Florentiner, die ganz andere Säuberungen kannten, verzichtete Cosimo bis auf wenige Ausnahmen auf Hinrichtungen. Sie betrafen zumeist jene, die unerlaubt den Ort ihrer Verbannung verlassen hatten und aufgegriffen worden waren oder die versucht hatten, ein Komplott gegen ihn zu schmieden. Cosimos Milde hatte vermutlich handfeste wirtschaftliche Gründe. Denn wer auf dem Richtplatz sein Leben verlor, hinterließ in der Regel Erben, die einen legalen Anspruch auf Besitz und Vermögen des Toten hatten. Das galt jedoch nicht für Verbannte. Deren Vermögen konnte der Staat beschlagnahmen. Und Cosimo benutzte die scharfe Waffe der Verbannung so oft wie kein anderer vor ihm. Hunderte schickte er, zum Teil auch auf Drängen seiner Anhänger, die ihrerseits private Rechnungen zu begleichen hatten, ins Exil.
    Cosimo wusste nur zu gut, dass die Bevölkerung von Florenz Despoten hasste. Die republikanische Verfassung erwies sich als ein findiges Instrument, um solche Auswüchse zu verhindern. Das zeigt sich auch in den vielen Ausschüssen, die der Signoria zugeordnet waren und die bei fast jeder Gesetzesvorlage
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