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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht
Autoren: Rainer M. Schroeder
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auf, lasst uns lieber zur Sache kommen«, drängte er. »Eine Komplet dauert nicht ewig. Trotzdem wird unser Freund gute Gründe haben, warum er uns hier und nirgendwo sonst zu treffen wünscht.« Dabei deutete er mit seinem Becher in Richtung des Hochgewachsenen, der gerade zum Krug griff und sich Wein eingoss.
    Der Angesprochene nickte knapp. »Die habe ich in der Tat. Für das, was wir zu bereden haben, gibt es keinen sichereren Ort als diesen hier. Ihr wisst so gut wie ich, dass überall anderswo die Wände Ohren haben. Selbst in unseren Palazzi müssen wir fürchten, dass unsere Zusammenkunft von Bediensteten weitergetragen wird, deren Zunge sich nur zu leicht mit einigen piccioli lösen lässt.«
    »Da habt Ihr leider recht. Aber nun sagt, was es so Dringendes zu bereden gibt«, forderte ihn der Fünfte im Bunde auf, dessen linkes Auge irritierend schielte, was ihm im Kindesalter den Spitznamen Silberauge eingetragen hatte.
    Der Hochgewachsene hieb mit der Faust auf den Tisch. »Dass es so nicht weitergehen kann, das gilt es zu bereden!« Seine Stimme bebte vor unterdrücktem Zorn. »Die Lage wird allmählich kritisch.«
    Der Dicke am Tisch hob die Augenbrauen und meinte spöttisch: »Wenn Ihr damit den elend langen Krieg mit Mailand meint, der nun schon bald ins vierte Jahr geht, ohne dass irgendetwas entschieden wäre, muss ich Euch zustimmen. Dieses Abenteuer hätten wir uns wirklich sparen können – und damit einige Millionen Goldflorin!«
    Der Hochgewachsene wischte die Bemerkung beiseite. »Nein, um Mailand soll es heute nicht gehen. Sondern um diese verdammten Emporkömmlinge, die allmählich zu mächtig werden!«, stieß er mit unverhülltem Hass hervor. Er sah in die Runde. »Ihr alle wisst, wen ich meine.«
    Ein grollerfülltes Seufzen drang durch das Halbdunkel der Sakristei.
    »Da wächst eine Gefahr heran, der wir endlich Herr werden müssen, wenn die Ämter der priori und des gonfaloniere auch zukünftig in unseren Reihen bleiben sollen«, fuhr der Hochgewachsene fort.
    »Amen«, murmelte der Hagere und leerte seinen Becher in einem Zug. Er verzog dabei das Gesicht, als wäre in seinem Silberkelch nicht bester Trebbiano gewesen, sondern bittere Galle. »Aber das ist leichter gesagt als getan!«
    »Das sehe ich auch so«, pflichtete der Dicke ihm bei. »Der Alte hat nicht nur als Gründer der Bank eine goldene Hand bewiesen wie König Midas, er weiß auch politisch klug zu taktieren. Es war ein geschickter Schachzug, als er unseren Vorschlag abgelehnt hat, gemeinsam die Macht über Florenz in unsere Hände zu bringen – und zwar für immer. Damit haben sie sich bei vielen beliebt gemacht, auch bei denen, die wir eigentlich zu unseren Parteigängern zählen.«
    »Zudem steht das Volk auf ihrer Seite«, fügte der Pockennarbige grimmig hinzu. »Besonders seit jeder von uns nach seinem gesamten Vermögen Steuern zahlen muss und nicht mehr nur nach seinem Grundbesitz!«
    »Da sagt Ihr was!«, pflichtete ihm der Dicke bei. »Der Alte und sein Sohn ernten die Lorbeeren beim einfachen Volk und wir Magnati müssen böse bluten! Sich offen mit denen anzulegen könnte für uns sehr gefährlich werden.«
    »Wozu auch?«, fragte der Schielende. »Der Alte ist krank. Wie ich gehört habe, macht ihm die Gicht mittlerweile so schwer zu schaffen, dass er vor Schmerzen kaum noch aus dem Bett kommt. Der wird es nicht mehr lange machen. Dann sind wir ihn endgültig los.«
    »Aber nicht seine Söhne! Insbesondere der ältere ist aus viel härterem Holz geschnitzt als sein Vater, das lasst Euch gesagt sein! Der spielt den biederen Bürger und Bankier, der angeblich nicht an der Macht im Staat interessiert ist, sondern nur an guten Geschäften«, gab der Hochgewachsene zu bedenken. »Er ist im Grunde schon jetzt das Haupt der Familie und führt die Geschäfte. Früher oder später wird er nach der Macht greifen und dann geht es uns an den Kragen. Aber ich habe nicht die Absicht, auf diesen Tag zu warten. Deshalb müssen wir jetzt handeln! Deswegen sind wir heute hier.«
    »Und wie soll dieses Handeln aussehen?«, fragte der Hagere. Sein Ton und seine Miene zeigten unverhohlenes Misstrauen.
    Die Blicke der vier Männer ruhten erwartungsvoll auf dem Hochgewachsenen.
    »Wir müssen dieser Sippe einen Schlag verpassen, von dem sie sich nicht mehr erholen wird«, entschied dieser mit leiser, aber entschlossener Stimme. »Das Haupt muss fallen! Das würde auch dem Alten den Rest geben! Der jüngere Bruder ist ein
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