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Hüter der Macht

Hüter der Macht

Titel: Hüter der Macht
Autoren: Rainer M. Schroeder
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angehört werden mussten. Dadurch zogen sich politische Entscheidungsprozesse zwar oft in die Länge, aber der Florentiner ließ sich davon nicht stören, war er in der Regel doch ein Mann des Maßes und des Konsenses – Frauen hatten ja (nicht nur) bei Staatsgeschäften nichts zu sagen. »Per ragione!«, hieß seine Devise – nach der Vernunft handeln. Und die vorherrschende Kaufmannschaft war sehr daran interessiert, dass die Kommune mit Augenmaß regierte und dass ihr profitabler Handel nicht gestört wurde. Der Ausspruch eines Zeitgenossen von Cosimo de’ Medici, »Der Goldflorin regiert in Florenz!«, bringt es auf den Punkt. Nichts rangierte höher als gute Geschäfte.
    Deshalb hielt Cosimo sich in politischen Dingen im Hintergrund, gab vor, ein Bürger wie jeder andere zu sein, ausschließlich interessiert an seinen Geschäften als Bankier, und er vermied es tunlichst, hohe Staatsämter zu bekleiden. In den Jahrzehnten seiner Herrschaft über Florenz ließ er sich nur drei Mal zu einer kurzen Amtszeit als Gonfaloniere drängen. Die Macht behielt er trotzdem fest in Händen. Immer wieder verlängerte er die Verbannung seiner gefährlichsten Widersacher, insbesondere die der Albizzi. Und über einen Ausschuss von zehn accopiatori, die für die Überwachung der Wahlen zuständig waren und die für fünf Jahre aus den Reihen seiner Getreuen ernannt wurden, kontrollierte er, wer Prior und wer Gonfaloniere wurde. Von nun an gelangten die Wahlzettel nicht mehr per Los in die ledernen Beutel, sondern wurden vorher a mano, per Hand, von jenen Accopiatori kontrolliert, bevor sie in die Endauswahl kamen. Dass diese Wahlleiter nach Ablauf der fünf Jahre immer wieder in ihrem Amt bestätigt wurden, versteht sich von selbst. So blieb gewährleistet, dass jede neue Signoria die Interessen der Medici vertrat. Ähnlich handhabte Cosimo auch die Besetzung anderer wichtiger Positionen. Einen weiteren wichtigen, seine Macht stabilisierenden Faktor stellt auch seine Umsicht da, fähige Bürger aus den sozial tiefer stehenden Schichten zu protegieren und damit seine Anhängerschaft auszuweiten. Innerhalb weniger Jahre waren die Medici in der Florentiner Machtpolitik so fest verwurzelt, dass ihre Interessen fast gleichbedeutend mit denen der Stadt Florenz waren.
    Raffinierte Manipulation der Verfassung, ebenso geschickte wie beständige Demagogie und eine allzeit großzügige Hand bei der Vergabe von Krediten an die Kommune und wohltätige Werke sorgten dafür, dass sich im Volk kein Protest gegen die Allmacht des Hauses Medici regte. Zudem erfreute sich Cosimo beim einfachen Volk einer großen Beliebtheit, galt er doch als uneitel und umgänglich, offen für jedes Problem, das die kleinen Leute ihm vortrugen. Auch galt er als ein Meister der schlagkräftigen Aphorismen, die bald in aller Munde waren und noch Generationen später im Volk kursierten. Darüber hinaus rechnete man ihm hoch an, dass er durch seine Außenpolitik Florenz in gefährlichen Zeiten, an denen es nie mangelte, vor großem Schaden bewahrte. (Dieser Aspekt ist unter Historikern allerdings umstritten.)
    Aber nicht alle gesellschaftlichen Kreise waren auf Dauer bereit, die Vorherrschaft der Medici unwidersprochen und tatenlos hinzunehmen. Und da sie keine Möglichkeit sahen, durch öffentlichen Protest und per Wahl an Einfluss zu gewinnen, sannen sie auf andere Mittel und Wege, um die Macht der Medici zu brechen.
    Davon und von der Familie Fontana wird in den anderen Romanen zu erzählen sein.
     
    Rainer M. Schröder
    Atlanta im März 2009

G LOSSAR
    Albizzi (auch Albizi) adelige Florentiner Familie, die erstmals Ende des 12. Jahrhunderts urkundlich belegt ist. Im 13. und 14. Jahrhundert hatte die Familie hohe politische Ämter in der Republik Florenz inne. Im Kampf um die Macht mussten die Albizzi im 15. Jahrhundert jedoch den Medici weichen. Entscheidenden Anteil am Niedergang der Albizzi und am Aufstieg der Medici hatte Cosimo de’ Medici.
     
    Bravo gedungener Meuchelmörder
     
    Brunelleschi Filippo Brunelleschi (1377-1446) war einer der bedeutendsten Bildhauer und Architekten der italienischen Frührenaissance. Sein Hauptwerk ist die berühmte Kuppel des Doms Santa Maria del Fiore in Florenz (1436 vollendet), die größte gemauerte Kuppel in der abendländischen Kunst. Brunelleschi wirkte bahnbrechend für die gesamte neuere Baukunst durch die Wiederbelebung antiker Formen.
     
    Cafaggiolo Der mittelalterliche Bau, der nicht von Beginn an im Besitz der
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