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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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versuchte es. »Wie allgemein bekannt, will ich im Februar noch mal Urlaub in Kenia machen, weil es mir im vergangenen Jahr dort so großartig gefallen hat. In einem Anflug von geistiger Umnachtung hatte ich den Eltern vorgeschlagen, mitzukommen, aber die haben Gott sei Dank gleich abgewinkt. Vater verträgt keine Hitze, daran hatte ich nicht gedacht, und Mutti will nie wieder ins Ausland, seitdem sie vor fünf Jahren in Jugoslawien eine Kakerlake in der Hotelhalle entdeckt hat. Kenia liegt für sie auf der anderen Seite der Welt, und da fährt man nicht hin, wenn man nicht muß. Ganz allein macht so eine Reise aber keinen Spaß, und da habe ich gedacht …«
    »Wann bist du denn schon mal allein verreist?« unterbrach Florian den Wortschwall seines Schwagers. »Bisher hat es doch immer eine Linda oder Bibi oder Sonja gegeben, die liebend gern mitgefahren ist. Sogar auf eigene Kosten. Ist denn die Liaison mit deiner Arbeiterbiene schon wieder vorbei?« Florian erinnerte sich noch recht gut an das bebrillte Geschöpf, das Karsten ihm mal vorgestellt und das sich als Gewerkschaftssekretärin entpuppt hatte, mit der man nur über Ecklöhne und 35-Stunden-Woche hatte reden können. Als Inhaber eines florierenden Uhren- und Schmuckgeschäfts mit zwei Mitarbeitern war ihm Karsten ohnehin nicht als der richtige Partner für eine Rosa Luxemburg en miniature erschienen.
    Karsten überhörte die Frage. »Hast du dir schon mal überlegt, was du deinen Lieben zu Weihnachten schenkst?«
    »Darüber denke ich frühestens am dritten Advent nach«, sagte Florian gähnend, »jetzt haben wir September.«
    »Eben! Höchste Zeit zum Buchen.«
    »Na, dann tu’s doch!«
    »Hab ich schon. Ich muß nur wissen, ob ihr auch drei Wochen bleiben wollt.«
    »Wieso wir?« Mit einem Schlag war Florian wieder hellwach. »Heißt das, du hast uns als Begleitung für deine Kapitalistenreise vorgesehen? Junge, du hast wirklich ’n Rad ab! Woher soll ich das Geld nehmen? Von dem Haus hier gehören mir bestenfalls die Keller und vielleicht noch die halbe Eingangstür, alles andere muß ich erst abzahlen, und du willst mir einen Zwanzigtausendmarkurlaub unterjubeln? Darüber kann ich nicht mal mehr grinsen.«
    »Siebentausendfünfhundert«, verbesserte Karsten.
    »Was?«
    »Die Reise würde dich nicht mehr als siebentausendfünfhundert Mark kosten. Den Anteil von Tobias trägt Vater, quasi als Geschenk zum Abitur.«
    »Finde ich nobel. Aber was schenkt er ihm im nächsten Jahr?«
    »Sei nicht so pessimistisch, der fällt schon nicht durch, dazu ist Tobias viel zu clever. Aber jetzt mal im Ernst, Flori. In dem Preis ist alles enthalten, Flug, Unterkunft, Vollpension …«
    »Taschengeld auch?«
    »Brauchst du so gut wie gar nicht. Alkoholfreies kostet wenig, und für abendliche Besäufnisse kauft man sich genügend Vorräte im Duty-free-Shop, am besten farblose wie Gin oder Bacardi, mit denen man seinen Ananassaft tränkt. Fällt überhaupt nicht auf.«
    »Einleuchtend. Das Geld für den zollfreien Einkauf würde ich bestimmt zusammenkriegen, und wenn du mir jetzt noch sagst, woher ich die lumpigen sieben Tausender nehme, kommen wir gern mit.«
    »Vom Lottogewinn«, sagte Karsten.
    »Kommt nicht in Frage!« wehrte Florian erschrocken ab. »Das ist die eiserne Reserve.«
    »Reserve wofür?«
    »Für Notfälle. Ich kann mir zum Beispiel ein Bein brechen …«
    »Du bist hoffentlich krankenversichert, und dein Gehalt läuft sowieso weiter. Was sonst noch?«
    »Tinchen kann krank werden, dann brauchen wir eine Haushaltshilfe.«
    »Die hättet ihr kostenlos. Was meinst du, wie gerne Mutti …«
    »Die Zeitung macht pleite, und ich werde arbeitslos.«
    »Bei eurer gleichbleibenden Auflage ziemlich unwahrscheinlich.«
    »Ich kriege einen Herzinfarkt!« trumpfte Florian auf.
    »Den kriegst du mit Sicherheit, wenn du nicht endlich mal richtig Urlaub machst. Du bist jetzt ohnehin in dem gefährdeten Alter.«
    »Danke«, sagte Florian. »Siebenunddreißigjährige sollen auch schon mal einen bekommen haben.«
    »Nur, wenn sie sich von der Arbeit auffressen lassen.«
    »Das allerdings kann man von dir nicht behaupten«, bestätigte Florian mit Nachdruck, wobei er seinen Schwager verstohlen musterte. Wie machte der Kerl das bloß, immer noch so gut auszusehen? Keine Spur von Bauchansatz, obwohl er als Goldschmied doch eine überwiegend sitzende Beschäftigung ausübte, immer leicht sonnengebräunt, und wenn er mal wieder zum Friseur gehen würde, kämen seine
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