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Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)

Titel: Hühnerbus und Stoppelhopser (German Edition)
Autoren: Evelyn Sanders
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Geschäfts!«
    Schon immer hatte Florian die Neigung gehabt, das anzuziehen, was gerade herumlag. Heute waren es graugrüne Manchesterhosen, ein fliederfarbenes Polohemd und ein gelbes Sweatshirt gewesen. Zugegeben, die dunkelblaue Lederjacke paßte farblich nicht ganz dazu, aber sie hatte nun mal an der Garderobe gehangen, und da hatte er sie mitgenommen. Wäre Tinchen zu Hause gewesen, hätte er sich bestimmt umziehen müssen, die ließ ihn ja nie ohne Endabnahme vor die Tür, aber Tinchen saß bei Mutter Antonie und backte Weihnachtskekse.
    Oft genug hatte Florian bereut, daß er damals auf seine Frau gehört und das Grundstück in Oberkassel gekauft hatte und nicht eins am entgegengesetzten Ende der Stadt. Natürlich war es in den ersten Jahren praktisch gewesen, wenn sie einen Babysitter gebraucht hatten und Oma gleich um drei Ecken herum wohnte, doch jetzt benötigten sie keinen mehr, und das mußte Oma wohl entgangen sein. Immer noch kam sie regelmäßig »nur auf ein Viertelstündchen« vorbei, blieb mindestens zwei und setzte seinem Tinchen Flausen in den Kopf. Jetzt, da die Kinder fast erwachsen seien, sollte sie doch endlich am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilnehmen, wieder Tennis spielen oder besser noch Golf wie ihre Schwägerin Gisela in Steinhausen; mit einem Professor verheiratet zu sein sei ja auch nicht viel mehr als mit einem Beinahe-Chefredakteur, und die Frau Direktor Möllemann habe neulich erst gesagt …
    Spätestens zu diesem Zeitpunkt pflegte Florian die Flucht zu ergreifen, wenn er es nicht schon vorher getan hatte. Ausgerechnet Golf! Eine Sportart, bei der sich Wanderer mit einer Metallkeule Wege durch gemähtes Gras dreschen! Sollte Tinchen doch schwimmen gehen oder seinetwegen auch joggen, soll ja beides gesund sein, er hatte gar nichts dagegen, solange er nicht mitmachen mußte, nur Golf kam nicht in Frage! Viel zu teuer und viel zu gefährlich! Man kannte das ja! Abendliche Geselligkeiten im Clubhaus, Tinchen mittendrin und er selbst am Schreibtisch in der Redaktion. »Muß der Gatte schon wieder arbeiten? Wie kann er eine so attraktive Frau nur ständig allein lassen? Darf ich Ihnen ein bißchen die Zeit vertreiben?« Florian hörte förmlich das Süßholzgeraspel, das er selbst oft genug von sich gegeben hatte, aber da war er schließlich noch Junggeselle gewesen, und überhaupt lag das lange zurück.
    Frau Antonie ging jeden Dienstag mit Frau Möllemann zur Hausfrauengymnastik, dahin könnte sie Tinchen ruhig mal mitnehmen. Bei der nächsten Gelegenheit würde er dieses Thema zur Sprache bringen, und er wußte schon jetzt, daß Frau Antonie den Vorschlag begeistert aufgreifen würde.

    Nachdem er von Karsten so rigoros an die frische Luft gesetzt worden war, obwohl er sich doch eine Einladung zum Mittagessen erhofft hatte, schlenderte Florian ziellos durch die Stadt. Nach Hause zu fahren lohnte nicht mehr, in die Redaktion wollte er aber auch noch nicht, dann würden die Kollegen am Ende denken, er hätte nichts Besseres zu tun, also steuerte er die nächste Imbißbude an und ließ sich eine Currywurst geben. Sie war lauwarm und schmeckte nicht. Das Dosenbier auch nicht. Er ließ beides stehen, zündete sich eine Zigarette an und überlegte, wie er die nächsten zwei Stunden herumbringen könnte. Fast bedauerte er, keine Geschenke mehr kaufen zu müssen, denn einzig zu diesem Zweck schienen alle Menschen unterwegs zu sein. Er hatte noch niemanden gesehen, der nicht wenigstens ein kleines Tütchen in der Hand hielt, ganz zu schweigen von Familienvätern, die ein halbes Dutzend schleppten oder versuchten, ein Kinderfahrrad in einem VW-Käfer zu verstauen.
    Ob er nicht vielleicht doch noch für jeden eine Kleinigkeit …? Die Briefumschläge mit den Kopien der Reiseunterlagen machten – rein äußerlich – nicht viel her, irgend etwas sollte er noch dazulegen. Am besten würde er die Kuverts in Schallplattenhüllen stecken, dann fielen sie auch gar nicht so auf.
    Nun hatte er wenigstens ein Ziel, und das steuerte er schnurstracks an. »Ich brauche etwas, das möglichst viel Krach macht«, erläuterte er dem Verkäufer, der ihn aber keines Blickes würdigte, sondern weiter kleine grüne Zettel von einem Stapel auf einen anderen legte.
    »Dann nehmen Sie doch ein Schlagzeug.«
    »Eigentlich hatte ich mehr an eine Schallplatte gedacht.«
    »Erster Stock links, hier unten gibt es nur Krach zum Selbermachen. Wie wäre es mit einer Posaune? Die ist auch schön laut.«
    Florian
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