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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Autoren: Emma Flint
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du mir nicht einen blasen?« Er versuchte meinen Kopf auf seinen Schoß zu ziehen.
    »Hey!« Ich schlug seine Hand weg, und er fuhr einen Schlenker und rumpelte auf den Bürgersteig. Ich schrie auf vor Schreck. Und dann sah ich sie. Für den Bruchteil einer Sekunde. Im Licht der Scheinwerfer auf dem Rasen: Vivians Handtasche.
    »Halt an!«, kreischte ich.
    Der Backes stieg auf die Bremse. »Okay, hast recht, so geht’s besser.« Er lächelte debil und öffnete den Hosenschlitz.
    Ich riss die Tür auf.
    »Wo willst du denn hin?«, fragte er verblüfft.
    »Da liegt die Handtasche von meiner Freundin«, sagte ich, stieg aus dem Auto und zog meinen Mantel fester um mich. Mein Atem stieg in kleinen Wölkchen auf. Ich war sofort stocknüchtern. Nebelschwaden zogen über den Boden und streichelten die Tasche, die verlassen und klein auf dem mit einer weißen Frostschicht überzogenen Grün lag. Die rote Gucci, die Vivian von ihrer Tante zu Weihnachten geschenkt bekommen hatte und nichts als Freude bereiten sollte. Im Scheinwerferlicht der Autolampen hatte sie nun aber plötzlich die Hauptrolle in einem Thriller übernommen.

    »Na und? Soll die Schlampe halt besser auf ihre Sachen aufpassen«, blaffte der Backes von seinem Fahrersitz aus.
    »Nein, verstehst du denn nicht? Sie ist per Anhalter gefahren und jetzt …« Ich machte eine hilflose Handbewegung in Richtung des dunklen Parks. Die Straßenlampen erleuchteten nur die Stämme der ersten Reihe blätterloser Bäume, die wie Gerippe in den Nachthimmel ragten. Dahinter war es pechschwarz. Das Knattern des Motors war das einzige Geräusch weit und breit. Das Knattern des Motors und das Piepen in meinen Ohren vom Lärm der Disco. »Komm, wir müssen sie suchen«, sagte ich.
    »Was?«, fragte der Backes.
    »Wir müssen sie su…«
    »Nein. Was hab ich mit dieser Tussi zu tun?«
    »Aber sie ist meine Freundin…«, sagte ich.
    »Mach was du willst, ich steig nicht aus.«
    Ich war wie vor den Kopf gestoßen. »Wartest du denn wenigstens auf mich?«, bettelte ich.
    »Meinetwegen«, knurrte er. »Aber dann bläst du mir gleich einen.« Er zündete sich in Seelenruhe eine Zigarette an und schaltete die Anlage ein. »Und mach die Tür zu, es ist kalt.«
    Als die Autotür mit einem Knall ins Schloss fiel, überkam mich die nackte Angst. Niemals zuvor hatte ich mich so einsam gefühlt. Vor lauter Furcht konnte ich mich noch nicht mal über diesen feigen Penner Backes ärgern, der im warmen Auto saß und seine Drecksmusik hörte. Der Heavy-Metal-Sound dröhnte nach draußen. Ich lief ein paar Meter im Scheinwerferlicht, das wie eine
kleine leuchtende Insel im Meer der Finsternis schwamm, und versuchte angestrengt, irgendwas in der Dunkelheit zu erkennen. Der Himmel war wolkenverhangen, so dass der Mondschein mir nicht die Suche erleichtern konnte. Ich nahm Vivians Tasche und blieb am Rand des Scheinwerferlichts stehen. Falls mich jetzt jemand packen würde, würde der Backes es sehen und mich retten. Na ja. Vielleicht.
    Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, was die Sache aber nicht besser machte, denn aus dem Schwarz schälten sich ein paar noch schwärzere Schatten heraus. Die Welt war in ihre Einzelteile zerfallen und wurde von meiner Fantasie neu zusammengesetzt. Was war das da vorne? Kauerte da ein Mensch? Mir fielen die Eskimos ein, die zig Wörter für Schnee kannten. Bei uns gab es keine verschiedenen Wörter für die unterschiedlichen Grade von Dunkelheit, weil kein Mensch auf die Idee kommen würde, in einer solchen Nacht durch den Park zu latschen. Von Vivian war nichts zu sehen und mir blieb nichts anderes übrig, als aus dem rettenden Licht in die Finsternis einzutauchen. Ich konnte kaum atmen vor Panik, als ich langsam vorwärtstapste. Der frostige Boden knirschte unter meinen Schuhen und ich fühlte die Kälte durch die Sohle meiner Pumps aufsteigen.
    Verdammt, Vivi, warum hast du nicht auf mich gehört? Plötzlich sah ich etwas funkeln, nur für einen Moment, und ich blieb stehen. Waren das die Augen eines blutrünstigen Hundes gewesen? Ich versuchte angestrengt zu lauschen, ob da vielleicht ein bissiger Köter keuchte, der
sich von hinten an mich ranschlich, aber das verdammte Piepen in meinen Ohren übertönte alles. Plötzlich war ich sicher, dass jemand hinter mir war, und drehte mich keuchend um.
    Doch nichts als die Nacht verfolgte mich. Scheiße, verdammt. Ich hatte erst vor kurzem so ein gruseliges Buch über Werwölfe gelesen, obwohl ich
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