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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Autoren: Emma Flint
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öffnet. Es ist Herr Hennes, unser Vermieter, den wir seit unserem Einzug vor zwei Monaten nur noch den Blödmannsvermieter nennen. Er hat sich nämlich total angestellt, weil wir eine Satellitenschüssel haben wollten. »Wozu um alles in der Welt brauchen Sie eine Satellitenschüssel, wenn es hier doch Kabel gibt?«, hatte er gefragt. Leider konnten wir ihm nicht erklären, dass wir nur über Satellit deutsches Vampir TV, den englischen Vampire Channel, Blood-Shop-TV und Transsilvania Broadcast empfangen können. »Der Typ im zweiten Stock hat auch eine Satellitenschüssel«, hatte Vivian deswegen gesagt.
    »Der hat auch einen Balkon, wo er das Ding aufstellen kann. Sie haben keinen! Kein Balkon, keine Schüssel.«
    Vivian hatte ihm einen Vortrag über den verfassungsgemäßen Gleichbehandlungsgrundsatz von allen Mietparteien gehalten. Das hörte sich wegen des einen Semesters Jura, das sie im echten Leben studiert hatte, sogar richtig gut an. Aber der Vermieter sagte nur: »Hä?«
    »Wir stellen die Schüssel einfach im Vorgarten auf«,
sagte Vivian und untermalte diesen Vorschlag mit einem Wimpernklimpern vom Feinsten.
    »Das sieht doch unmöglich aus«, antwortete er und starrte in Vivians Augen. Ich muss dazu sagen, dass Vivians Augen veilchenblau sind und tief wie das Grab der Titanic.
    »Wir können sie ja tarnen«, sagte sie liebenswürdig.
    Er schüttelte sich, senkte den Blick auf seine Füße und sagte: »Nein.«
    Dieser Blödmann! Da wir aber nicht ohne unsere Vampir-News leben wollten, sind wir in den nächsten Baumarkt gefahren. (Dracula sei Dank gibt es seit einigen Jahren vernünftige Öffnungszeiten bis 22 Uhr, so dass wir neuerdings auch normal konsumieren können, ohne gleich in der Sonne zu verbrutzeln.) Dort haben wir eine dämliche Holzwindmühle gekauft, die groß genug ist, um die Satellitenschüssel darin zu verstecken. Dem Blödmannsvermieter haben wir gesagt, wir hätten einen Vorschlag zur Verschönerung der Wohnanlage, und angesichts der dunkelbraunen Windmühle mit den weißen Flügeln war er total »positiv überrascht«, dass »zwei junge Studentinnen« sich für »rustikale deutsche Handwerkskunst« (Ha! Das Ding ist aus China.) begeistern können und sich freiwillig für die »Steigerung des allgemeinen Wohnwertes« einsetzen. Somit war er einverstanden, dass wir das hölzerne Monstrum im Vorgarten aufstellten, und als er weg war, haben wir dann die Schüssel da reingequetscht. Aber wie sich herausstellte, musste die Windmühle für den richtigen Empfang ein bisschen verrückt werden, so dass der Mühleneingang
jetzt Richtung Nachbargrundstück zeigt. Aber es hat funktioniert, und seitdem können wir wieder Nachrichten, Klatsch und Tratsch und - sehr wichtig! - Produktinformationen aus unserer Welt sehen. Man muss schließlich wissen, was es für den Vampir von heute Neues gibt, um sich das Leben so angenehm wie möglich zu machen.
     
    Jetzt aber steht der Blödmannsvermieter vor unserer Tür und ist stinksauer. »Was erlauben Sie sich?«, dröhnt er. Sein Kopf ist rot und angeschwollen, ich sehe seine Halsschlagader wie unter einer Lupe pochen, kann förmlich riechen, wie literweise Blut durch seine Adern rauscht, und plötzlich läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Verdammt. Schon spüre ich das leichte Ziehen im Kiefer, gefolgt von dem Druck auf die oberen und unteren Zahnreihen, als meine Eckzähne ausfahren und ihren Platz fordern. Das ist wirklich blöd. Vivian scheint es ähnlich zu gehen, denn sie wendet sich von ihm ab. Da sie sowieso einen leichten Überbiss hat und noch dazu schmalere Lippen als ich, sind ihre Reißzähne so wenig zu verbergen wie der Zinken eines Einhorns. Sie winkt mich heran, und das bedeutet, dass ich jetzt übernehmen muss. Ich habe mir für solche Fälle im Laufe der Jahre eine Kleinmädchentaktik angewöhnt, die grundloses Giggeln und schamhaftes Hand-vor-den-Mund-halten als Haupttarnmethode vorsieht. Zusammen mit der Dauerwelle bewirkt das Kichern, dass die meisten Leute mich für zurückgeblieben halten und Mitleid mit mir haben. Das finde ich zwar nicht so toll, aber immer noch besser,
als wenn jeder sieht, dass meine Kauleiste zwei Paar hübsche scharfe Säbelzähne aufweist.
    »Die Windmühle…«, bebt der Blödmannsvermieter.
    »Was denn, hihihihi?«
    »Äh.« Er glotzt mich doof an, und angesichts eines so wehrlosen Opfers sinkt sein Blutdruck ein bisschen. Ich höre, wie sein Herzschlag sich verlangsamt. »Die steht schief.«
    »Ich
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