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Huebsch in alle Ewigkeit Roman

Titel: Huebsch in alle Ewigkeit Roman
Autoren: Emma Flint
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Noctem wollte Vivian Schlevogt gegen zwei Uhr morgens per Anhalter nach Hause fahren. Augenzeugen sagten, sie hätten ein Mädchen, auf das Vivians Beschreibung passt, in eine schwarze Limousine einsteigen sehen. Helene Burmanns, die länger im Carpe Noctem geblieben war, machte sich laut einem Freund Sorgen um ihre Freundin und wollte sie suchen. »Sie wollte aber absolut nicht, dass ich ihr helfe«, sagte Tobias Backer, der die Vermisste zuletzt in der Nähe des Parks Planten und Blomen gesehen hatte. »Jetzt weiß ich, dass ich nicht auf sie hätte hören sollen. Aber wenn ein Mädchen Nein sagt, dann meint sie eben auch Nein«, fügte er hinzu. Vivian Schlevogt stammt aus der vermögenden Metzgersfamilie Schlevogt, die im Hamburger Raum mehrere Filialen besitzt. Die Polizei hat eine Sonderkommission eingerichtet und prüft auch die Möglichkeit einer Entführung. Noch ist aber keine Lösegeldforderung eingegangen. »Natürlich sind die Kollegen im gesamten Bundesgebiet alarmiert«, sagte Hauptkommissar Werner, der die Soko Carpe Noctem leitet. »Solange keine Leiche gefunden wird, lebt Vivian für uns. Und wir werden sie finden«, sagte Holger Schlevogt, der Bruder der Vermissten.

    »Mann, ist das geil!« Ich strich mir zum hundertsten Mal über meine fantastische neue Frisur. »Endlich habe ich eine Dauerwelle!«
    »Und der Clou ist ja wohl dieses Asymmetrische«, sagte Vivian. Wir standen nebeneinander vor dem Spiegel. »Ich finde das total genial, dass er rechts nur ein bisschen kürzer gemacht hat.«
    »Das ist wirklich der Hit!«, bestätigte Vivian. »Ich dagegen sehe voll öde aus.« Sie seufzte und schüttelte ihre braunen langen Haare. »Total langweilig.«
    »Vielleicht lasse ich mir nächste Woche doch noch die orangenen Strähnchen machen«, sagte ich übermütig. »Das würde super zu diesen geilen Ohrringen passen.« Ich zog mir die orangefarbenen Sonnen-Ohrringe aus Holz an, die ich mir selbst zu Weihnachten geschenkt hatte.
    »Meinst du, ich sollte das Stirnband anziehen?«, fragte Vivian. Sie hielt das mintfarbene Tuch hoch, das sie aus dem Urlaub mit ihrer Mutter auf den Kanaren mitgebracht hatte.
    »Warum nicht? Das passt gut zu deinem Teint.« Ich betrachtete Vivian neidisch. »Bist echt toll braun geworden. Schade, dass ich kein Geld für den Flug hatte, ich wäre wirklich supergerne mitgekommen. Ein bisschen
Sonne tanken!« Ihre Familie hatte eine Finca mit Pool auf Gran Canaria.
    »Machen wir nächstes Jahr, okay?« Sie zog das Stirnband über und ging ins Wohnzimmer. Wir hatten freie Bahn bei uns, weil meine Mutter wie jeden Tag in ihrer Stammkneipe saß und sich volllaufen ließ. »Hey, dreh mal lauter!«, rief ich, schminkte mich schnell zu Ende und lief zu Vivian. Wir tanzten ausgelassen zu den Fine Young Cannibals, sangen ganz laut »She drives me crazy« und tranken Asti Spumante. Heute wollten wir richtig feiern. Vivian hatte die erste Hausarbeit ihres Jurastudiums bestanden, und meine Waage hatte mir heute Morgen - tatatataaa - das erste Mal seit über drei Jahren wieder mein optimales Traumwunschgewicht von sechzig Kilo angezeigt! (Jedenfalls wenn ich auf der Waage nur das linke Bein belastete, aber das reichte mir als Beweis aus!) Ich hatte endlich, endlich einmal eine Diät durchgehalten bis zum Schluss! Dafür hatte ich mich monatelang mit Ananas und ungesalzenem Reis und die letzten Wochen sogar mit Slim Fast gequält. Sogar über Weihnachten hatte ich mich zurückgehalten! Hatte Höllenqualen ausgestanden, um nicht über Marzipankartoffeln, Dominosteine und diese köstlichen Schoko-Nuss-Printen herzufallen. Aber es hatte sich gelohnt. Sogar die Röhrenjeans passte mir jetzt, die ich mir vor zwei Jahren als Motivation zum Abnehmen gekauft hatte. Dazu das fliederfarbene T-Shirt mit dem aufgestickten Pailletten-Bärchen und meine neuen, superfantastischen gelben Pumps - perfekt!
    »Vielleicht sollte ich Sandra Albrecht sogar danken«, sagte ich im Überschwang der Gefühle.

    »Das ist nicht dein Ernst!« Vivian schaute mich entsetzt an.
    »Wieso nicht? Wenn sie mir nicht prophezeit hätte, dass ich in zwanzig Jahren aussehe wie eine Tonne, dann hätte ich die Diät nie durchgehalten.«
    »Sandra Albrecht, oder besser gesagt Lady Shave, ist eine arrogante, intrigante und sonst-wie-gante dumme Zimtzicke, die das doch nur gesagt hat, weil du ihr den Volleyball ins Gesicht geschmettert hast.«
    »Aus Versehen!«, warf ich ein.
    »Aus Versehen«, bestätigte Vivian. Sandra Albrecht
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