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Horror-Trip im Luxusauto

Horror-Trip im Luxusauto

Titel: Horror-Trip im Luxusauto
Autoren: Stefan Wolf
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nicht
selbstverständlich war, denn Lipstock galt als geistig zerstreut.
    Jetzt stieg er aus dem Lift, unterm Arm
die Einkaufstüte. Dieses düstere Licht! Die verpestete Luft. Er atmete flach,
wodurch seine Nase noch schmaler wirkte. Sie erinnerte an die Klinge eines
Beils und war seitlich verbogen — wie das ganze Gesicht.
    Lipstock hatte Magenschmerzen. Seit
gestern nachmittag waren sie da — seit genau 16.40 Uhr. Da hatte Baldur Therne,
der Abteilungsleiter, ihn zu sich gerufen. Und fertiggemacht. Wegen
Schlamperei. Wegen eines total verbockten Auftrags. Nun ja, nicht ganz zu
Unrecht zwar, wie Lipstock zugeben mußte, aber dieser Ton! Diese Art und Weise!
Eine Unverschämtheit war das! Jaja, Therne mochte Lipstock nicht. Und aus
anfänglicher Abneigung wurde allmählich gegenseitiger Haß.
    Mißmutig schlurfte Lipstock an den
parkenden Wagen entlang.
    Eines Tages, dachte er, haue ich ihm
eine runter. Naja, vielleicht doch lieber nicht. Dann würde ich rausfliegen, wäre
den Job los und... Nee, lieber kein offener Kampf. Statt dessen werde ich
schlecht reden über diesen Mistkerl. Das ist als Rache viel besser.
    Lipstock schlappte durch das dämmerige
Licht. Winselte da ein Hund? Nichts zu sehen. Na, und wenn. Blödes Parkhaus! Es
war alt. Zuviele Pfeiler und Wände.
    Plötzlich hörte er Stimmen, blieb
stehen und fühlte sich wie vom Kometen gestreift.
    Die eine Stimme, die schrille — die
erkannte Lipstock sofort. Ihr Widerpart war ein knurriger Baß, der sicherlich
zu einem Zwei-Zentner-Typ gehörte.
    „...aber hier!“ schrillte Therne. „Eine
Delle. Die haben Sie gemacht. Die Tür ist hin.“
    „Blödsinn!“ röhrte der andere.
    „Doch! Sie waren das.“
    Der Baß lachte. „Ich habe deine Kiste
nicht angerührt, du Kacker. Die Delle war schon. Versuch nicht, mich
abzukochen. Armleuchter!“
    Lipstocks Herz hüpfte.
    Therne hatte Ärger. Wie wunderbar!
    Geduckt quetschte Lipstock sich
zwischen zwei Wagen. Von hier aus konnte er beobachten.
    Von Karl und Oskar, die drei Wagen
hinter ihm dasselbe taten, bemerkte er nichts.
    Abteilungsleiter Therne — mittelgroß
und vollschlank, mit Kugelkopf und meistens eifriger Miene — stand neben seinem
weinroten Wagen, die Patschhände zu Fäusten geballt. An ihm — Therne — wirkte
das komisch. Er hätte auch aufstampfen können.
    Offenbar hatte die Fahrertür was
abgekriegt.
    Aber das berührte den Verursacher
nicht, einen vierschrötigen Typ mit Bürstenschnitt über der niedrigen Stirn. Er
trug eine Lederjacke. Aus dem geöffneten Hemd des Stoppelkopfs quoll krauses
Brusthaar.
    Stoppelkopf war eben aus seinem Wagen
gestiegen, schloß ab — und spuckte auf den Boden. Es klatschte, als ließe eine
Kuh einen Fladen fallen.
    Therne vertrat seinem Widersacher den
Weg.
    „Ihren Namen und Ihre Adresse! Sie
bezahlen mir den Schaden und...“

    Weiter kam er nicht. Stoppelkopf stieß
ihm die Hand vor die Brust. Therne taumelte gegen seinen Wagen.
    „Du gehst mir auf den Geist!“ schimpfte
Stoppelkopf. „Hau ab! Sonst blüht dir was.“ Damit war’s erledigt für ihn. Er
stampfte zum Lift, blickte sich aber noch mal um.
    Lipstock ahnte, weshalb. Der Typ prägte
sich Thernes Kennzeichen ein. Für alle Fälle.
    Die Lifttür fiel zu. Stille.
    Schiefgesicht Lipstock hielt den Atem
an. Karl, drei Wagen entfernt, atmete ebenso leise. Oskar hatte nur Augen für
die Dalmatiner-Hündin, himmelte sie an, winselte aber nicht — lag doch Karls
Hand immer noch auf seiner Schnauze.
    Lipstock, im Zwielicht kauernd,
grinste. Therne kriegte eins drauf — wie herrlich! Eine Delle! Eine Delle!
Prima!
    Dem Abteilungsleiter war offenbar
scheußlich zumute, jedenfalls rang er nach Luft. Eine Weile verharrte er
reglos. Dann trat er zu mit Wucht. Aber nur gegen die Stoßstange des anderen
Fahrzeugs. Es dröhnte. Sonst nichts — kein Schaden. Doch Therne schien
erleichtert.
    Er schüttelte den Kopf und murmelte
Verwünschungen.
    Lipstock meinte zu hören: „...sinnlos! ...kein
Beweis.“
    Dann stieg Abteilungsleiter Therne in
seinen Wagen und fuhr die Auffahrt hinunter.
    Lipstock wartete und überlegte. Dem
Gesicht nach war Stoppelkopf gewalttätig. Ein roher Typ — sicherlich einer, der
seine Frau verprügelte und nachts Automaten aufbrach. Ja, der Typ würde es
nicht verzeihen, wenn man ihn herausforderte. Und damit könnte dieser Mann zu
Lipstocks Instrument werden.
    Schiefgesicht richtete sich auf und
lief zu seinem Wagen. Hinein mit der Tüte. Aus dem Werkzeugkasten nahm er
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