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Horror-Trip im Luxusauto

Horror-Trip im Luxusauto

Titel: Horror-Trip im Luxusauto
Autoren: Stefan Wolf
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den
spitzen Schraubenzieher.

    Noch ein Blick in die Runde. Nein,
niemand war Zeuge.
    Vonwegen! Karl sah zu, als
Schiefgesicht die Reifen zerstach. Pffffffllll... Alle vier am Auto von
Stoppelkopf hauchten ihren Atem aus. Die Räder sackten durch auf die Felgen.

2. Eingeladen nach Ventilipulciano
     
    Tim fühlte sich hin- und hergerissen
wie ein Tau beim Tauziehen — ein Tau, an dem zwei Mannschaften zerren.
Freilich: Keine sportliche Entscheidung spukte im Kopf des TKKG-Häuptlings,
sondern ein widerstreitendes Gefühl. Sollte er oder sollte er nicht? Einerseits
war da die Verlockung, andererseits die Liebe zu seiner Mutter. Sie würde zwar
Verständnis haben für die Verlockung — ihn sogar darin bestärken. Aber ob seine
Mutter nicht vielleicht doch etwas traurig war, wenn er sich für die Einladung
entschied, statt während der Pfingstferien nach Hause zu fahren?
    Samstagvormittag. Im ADLERNEST, der
Internatsbude, herrschte strenger Geruch.
    Klößchen — Tims dicker Freund und
Budenkamerad — sortierte Schmutzwäsche, mistete sozusagen seinen Schrank aus.
Ein Dutzend Strümpfe war dabei. Und die wären — nasenmäßig — nicht aufgefallen
in einem Fachgeschäft für Limburger und andere Käsesorten.
    „Willi, tu endlich die Socken in den
Wäschesack.“
    „Schon dabei.“
    Tim zog seine Turnschuhe an und sah auf
die Uhr.
    „Beeil dich! Karl und Gaby warten.“
    „Schon dabei.“
    Aber Klößchen schlachtete erst eine
Schoko-Tafel und verstopfte sich den Mund.
    Tim nahm den Fotorahmen, der auf dem
Nachttisch stand. Zwei weibliche Wesen lächelten hinter Glas: Susanne Carsten,
seine Mutter, und Gaby. Deren Bild war ein Jahr alt. Ihre Augen waren
inzwischen noch blauer geworden, wie es Tim schien, die dunklen Wimpern noch
länger.
    Ich lasse mir ein neues Bild schenken,
dachte er. Das von Susanne bleibt. Sie ist über 40, aber sie verändert sich
nicht. Wahrscheinlich, weil sie nicht raucht und jeden Morgen kalt duscht.
    Klößchen stopfte Unterhosen in seinen
Wäschesack.
    „Bist du fertig?“
    „Schon dabei.“ Vielleicht sagte er auch
was anderes mit seinem vollen Mund. Aber Tim verstand ihn so, und das ging auf
den Keks.
    „Ich zische jetzt los.“
    Mit der Tagesdecke vom Bett hatte er
den Fotorahmen poliert, stellte ihn dann zurück an seinen Platz. Tim stand auf,
schloß das Fenster und marschierte zur Tür.
    „Bin schon dabei“, meinte Klößchen und
schlappte hinter ihm her, den Wäschesack gebuckelt wie der Weihnachtsmann.
    Durch den Flur, vorbei an anderen
Internatsbuden, stiegen die beiden Freunde die Treppe hinunter.
    „Ich weiß nicht“, sagte Tim, „ich
glaube, ich komme nicht mit.“
    „Warum nicht? Karl und Gaby warten
doch.“
    „Ich meine: nicht mit nach Ventilipulciano.“
    „Hähähäh.“
    Klößchen lachte manchmal über Witze,
die keine waren.
    Tim seufzte. „Mal im Ernst, Willi. Ich
komme nicht mit. Ich würde wahnsinnig gern. Wieso auch nicht? Die Wertheyms
haben eine Super-Ferienvilla da unten in der italienischen Toskana. Mit Gaby,
dir, Karl und den Wertheyms dort die Pfingstferien zu verbringen — das wäre
traumhaft. Bestimmt könnten wir schwimmen, Oliven vom Baum pflücken, Neues
erleben und uns bräunen. Aber was ist mit meiner Mutter? Sie sieht mich nur
während der Ferien. Deine Eltern sehen dich jedes Wochenende — weil nur 20
Minuten entfernt.“
    „Ist fast schon zuviel“, meinte
Klößchen. „Klar, meine Erzeuger sind Spitze. Aber dieses häufige Sichsehen
führt immer zu diesen Fragen. Wie stehst du in Deutsch? Wie in Mathe? Wie in
Englisch? Ißt du zuviel? Kriegst du genug Schlaf? Ist doch lästig.“
    „Deine Eltern sind besorgt. Gute Eltern
sind das immer. Kannst ja mit den Antworten vorsichtig sein.“
    „Bin ich. Aber irgendwann kriegen sie
doch raus, wie ich in Mathe stehe. Ärger an den Zeugnis-Tagen genügt völlig.
Man muß ja nicht Ärger an jedem Wochenende haben.“
    „Jedenfalls“, sagte Tim, „fahre ich
Pfingsten nach Hause und nicht in die Toskana.“
    „Unmöglich.“
    „Was?“
    Sie hatten das Hauptgebäude verlassen,
sockten über den Hof und hielten zu auf das Wirtschaftsgebäude, wo auch die
Wäscherei ist. Dort wollte Klößchen seinen speckigen Zwirn abliefern.
    „Gaby“, sagte Tims dicker Freund,
„würde nachts heimlich ins Kissen weinen, Karl wäre traurig, die Wertheyms
wären traurig. Und was wäre mit mir? Wer würde mich antreiben und rumscheuchen?
Du mußt einfach mit.“

    „Tut mir leid, Willi. Aber ich
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