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Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Titel: Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)
Autoren: Timothy Stahl
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Schlafanzughose versickerte. Seinen Anfang nahm der dünne Blutfaden in einem Winkel des braun umrandeten Mauls, das unter Daniels Achsel aufgerissen war und mit einer Stimme sang, die einerseits ganz anders war als die aus Eddies Brust, andererseits aber zweierlei mit ihr gemeinsam hatte – sie klang auf eine Weise fremd, die Daniel dieses Wort in völlig neuem Licht erscheinen ließ, und sie war Ausdruck einer Kraft, die zwar in ihnen beiden steckte, von der sich aber weder Eddie Wyatt noch Daniel McCrombie wirklich einen Begriff machen konnten.
*
    Eric hatte sein Hosenbein hochgekrempelt. Auch darunter kamen Narben zum Vorschein. Er legte die Fingerspitze auf eine davon, unterhalb seiner Kniekehle. Das Gewebe fühlte sich glatt und zugleich knotig an.
    »Da hatte ich einmal ein solches Muttermal«, sagte er und schaute auf Megans. »Nur kleiner als deines.«
    Sie nickte und zupfte den Saum ihres Shirts wieder nach unten. »Meines war früher auch kleiner.«
    »Na schön«, meinte er, während er sein Hosenbein wieder nach unten zog. »Und was soll das jetzt?«
    »Wie gesagt, das muss ich dir zeigen. Hast du Zeit?«
    »Wofür?«
    »Für einen kleinen Ausflug.«
    Neugierig hatte sie ihn gemacht, keine Frage. Und hatte er wirklich etwas Besseres, etwas Erfolgversprechenderes vor? Eigentlich nicht. Und dann war da ja noch dieses Gefühl, der Eindruck, es sei schon etwas in Bewegung geraten. Die Begegnung mit Megan hatte es nicht schwinden lassen. Eher das Gegenteil war der Fall, wie ihm allerdings erst jetzt, da er daran dachte, klar wurde.
    »Okay«, sagte er.
    »Dann komm mit.«
    Sie liefen durch den nebligen Park zum Straßenrand. Unterwegs passierten sie etliche andere Menschen, die es ihrerseits in die Gegenrichtung, auf die Lichtinsel des Tatorts zuzog.
    »Hast du denn gar keine Angst, dich hier draußen herumzutreiben?«, fragte Eric. »Spätestens seit Matthew Reillys Tod ist doch bekannt, dass der Mörder es nicht nur auf Kinder abgesehen hat.«
    Matthews Erwähnung ließ Megan sichtlich zusammenzucken. »Hast du Matthew gekannt?«, wollte sie wissen. »Er war fast so alt wie du.«
    Eric nickte. »Ich muss ihm hier im YMCA-Ferienlager begegnet sein. Aber das ist lange her. Kann mich kaum daran erinnern.«
    Auch das war ein Stück seiner Vergangenheit, das in jener Nacht praktisch ausradiert worden war und ihm erst jetzt, als er darauf angesprochen wurde, wieder einfiel.
    »Du kanntest ihn gut?«, vermutete Eric aufgrund von Megans Reaktion.
    »Wir waren … befreundet.«
    »Verstehe.«
    »Steig ein.«
    Sie hatten Megans Auto erreicht. Einen putzigen kleinen Fiat 500, wie sie zurzeit modern waren.
    »Wo fahren wir überhaupt hin?«, fragte Eric, als sie bereits unterwegs waren.
    Megan blickte angestrengt übers Lenkrad, hinaus in den Nebel. »Das ist auch so eine komische Sache«, sagte sie, und es klang ein bisschen so, als schauderte sie dabei. »Wir müssen dorthin, wo damals meine Tante verschwunden ist.«

8
Damals
    Während er das Kind, das er durch den Wechselbalg ersetzt hatte, auffraß, verfluchte er einmal mehr die stumpfen Menschenzähne, auf die er angewiesen war. Wieder einmal wurde die Versuchung, sie spitz zu feilen, fast übermächtig. Aber er widerstand ihr auch diesmal. Ein Mensch mit Reißzähnen wäre aufgefallen unter seinesgleichen. Und dann hätte dieser Mensch als Versteck für ihn nicht mehr getaugt. So aber war dieser Mensch wie eine wandelnde Höhle, in der er selbst ruhen und seine Kräfte schonen konnte, wann immer es nicht nötig war, selbst tätig zu werden. Und das war – im Vergleich – eher selten. Tage- und wochenlang durfte diese Person arglos ihrem Leben nachgehen, und er lieh sie sich nur gelegentlich aus und benutzte sie – so wie die Menschen dieser Zeit etwa ihre automatischen Fortbewegungsmittel nutzten. Und wieder einmal staunte er, wie sehr nicht nur dieser Mensch im Bedarfsfall unter seinem Einfluss stand, sondern wie sehr dieser Mensch auch ihn beeinflusst hatte – seine Art zu denken, die Wahl von Worten und Begriffen, in denen er dachte …
    Auch das war wohl eine Form von Evolution, dachte er – und das wiederum war eines jener Worte, die er erst durch seinen Wirt kennengelernt hatte.
    Ob dieser Wandel gut oder schlecht war, wollte er nicht beurteilen. Auch wenn er es vielleicht gekonnt hätte. Immerhin, er entfernte sich damit auch von dem, was er einst gewesen war, als was er angefangen hatte – und konnte das wirklich gut sein?
    Wirklich schlecht war
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