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Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)

Titel: Horror Factory - Teufelsbrut (German Edition)
Autoren: Timothy Stahl
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Gedanken gewesen. Irgendetwas anderes hatte von seinem Kopf und überhaupt ihm selbst Besitz ergriffen. So wie ein Reiter von seinem Pferd Besitz ergriff und es dazu brachte zu tun, was er wollte. Trotzdem, viel länger als zwei Stunden hatte es sicher nicht gedauert. Er fühlte, dass Mitternacht noch nicht vorbei war.
    Wie auch immer – jetzt war er da. Er stand auf der Lichtung und am Rand des abgeflachten Steins, dem Big Rock Falls seinen Namen verdankte. Dieser Brocken war vor langer Zeit, vielleicht schon vor Urzeiten, vom Himmel gefallen und hatte sich an dieser Stelle tief in den Boden gebohrt. Die Ureinwohner dieser Gegend hatten dieses Ereignis in ihrer Historie konserviert und den Ort danach benannt. Und als die weißen Siedler gekommen waren, hatten sie den Namen in ihre Sprache übersetzt und beibehalten.
    Allerdings war dieser Ort nicht nur deshalb bekannt. Vor ungefähr zwanzig Jahren hatte er aus anderem Anlass eine zweite, traurige Berühmtheit erlangt: Damals war hier oben ein Mädchen verschwunden, Callie Gilmore. Natürlich war das ein paar Jahre vor seiner, Daniels, Geburt gewesen. Aber in Big Rock Falls erfuhr irgendwann jeder von dieser Sache; schon weil sie der Auftakt zu der Warnung war, sich tunlichst von Sean Walsh fernzuhalten. Der war damals mit Callie Gilmore hier oben gewesen und wusste angeblich nicht, was aus ihr geworden war. Vor allem Callies Schwester war da anderer Ansicht – und als Sheriff Polly Baxter machte sie Mr Walsh heute noch das Leben schwer. Daniel konnte nicht sagen, ob er Mr Walsh mochte oder nicht; er war früh vor ihm gewarnt worden und hatte nie groß mit ihm zu tun gehabt. Warum der Mann noch hier war, darüber hatte Daniel trotzdem ab und zu nachgedacht. Er könnte es überall sonst im Land viel leichter und besser haben. Aber wer wusste schon, was in so einem Menschen vorging?
    Daniel fror. Nicht nur, weil es Nacht und kalt war, und auch nicht nur, weil er nichts außer seinem Schlafanzug und Socken trug. Er fror auch, weil er an Sean Walsh und Callie Gilmore dachte. Was mochte hier damals wirklich passiert sein? Hatte es einen Mord gegeben – den ersten von all den Kindermorden, die später folgten? Das glaubten viele. Und als Daniel nun hier stand, ohne zu wissen, wie und warum er hierhergekommen war, glaubte er es auch.
    Er drehte sich um sich selbst. Allein schien er ja zu sein, immerhin, das war ein Trost. Aber keine Erklärung.
    Er versuchte sich zu erinnern. Allerdings fiel ihm nicht einmal ein, wie er das Haus seiner Eltern verlassen hatte, geschweige denn, wie er durch die Stadt gekommen war, im Schlafanzug und auf Socken, ohne von einer der vielen Polizeistreifen aufgegriffen worden zu sein.
    Er musste wie ein Tier durch die Nacht geschlichen sein. Oder wie ein Geist.
    Woran konnte er sich erinnern? Daran, dass er aufgewacht war. Aufgeschreckt aus einem Albtraum. Er war aufgestanden, um die Jalousie zu schließen, weil ihn das Licht des Leuchtturms gestört hatte. Sein Herz hatte geschlagen, wie eine hämmernde Faust, als wollte es raus aus seiner Brust. Dann hatte es sich beruhigt. Und dann … Dann war immer noch ein heftiges Pulsieren in ihm gewesen. Nicht im Takt seines Herzens. Sondern wie … von einem anderen Herzen.
    Dieser andere Puls war auch jetzt noch da. Er ging nicht einmal von seiner Brust aus, sondern von irgendeiner anderen Stelle seines Körpers, die Daniel nicht lokalisieren konnte. Weil er aufhörte, nach der Stelle zu suchen, als ihn die Erinnerung einholte. Die Erinnerung an den Weg herauf zum Big Rock. Und an die Kraft, die dabei in ihm gewesen war. Die ihn mit einem Schritt die Distanz von drei Schritten überwinden ließ. Die ihn tatsächlich wie ein Tier oder einen Geist durch die Nacht und den nebligen Wald huschen und ihn seinen Weg auf eine Weise finden ließ, die keiner Augen bedurfte.
    So also war er hergekommen. Nur war das immer noch keine Erklärung. Jedoch merkte Daniel, wie sein Interesse an einer Erklärung verebbte – so wie im gleichen Zug das sonderbare Pulsieren in ihm höhere Wellen schlug, lauter wurde, so laut schließlich, dass Daniel es nicht mehr nur spüren, sondern hören konnte. Weil es nicht mehr nur in ihm erklang, sondern auch irgendwo im Dunkeln um ihn herum, als antwortete die Finsternis mit einem Echo auf das Pochen in ihm. Und er setzte sich in Bewegung, als würden der Puls in ihm und der Widerhall da draußen wie Magneten aufeinander zugezogen.
    Unter seinen fast nackten Füßen knackten
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