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Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Titel: Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer
Autoren: Christian Montillon
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schrie der Poltergeist aus dem Spiegel heraus, und die Rasierklinge zerbarst in tausend Stücke, die durch die Luft sausten und pfiffen.
*
    Wichter stellte das Auto vor dem Mehrfamilienhaus ab. Es gefiel ihm immer noch nicht, genauso wenig wie bei seinem ersten Besuch. Es war sowieso keine gute Wohngegend, und dass darin das Vampiropfer seine Todesqualen erlitten hatte, würde die Mietpreise nicht gerade steigen lassen.
    Nun, ihm sollte es egal sein.
    Er ging ins Haus, die Treppe nach oben und durch den heruntergekommenen Flur. Geräusche drangen aus den anderen Wohnungen: Gelächter aus dem Fernseher, der Bass von Technomusik, die erhobenen Stimmen eines Paares beim Streiten, das Quietschen einer Bettfeder. Manchmal verfluchte sich Wichter dafür, dass er immer so viele Details wahrnahm. Sein Hirn spann dazu sich in Situationen wie dieser automatisch die passenden Geschichten.
    Eine Tür ging auf, eine Blondine kam lachend heraus. Sie trug nur ein T-Shirt über einem Unterhöschen, und zu allem Überfluss war das Shirt ordentlich verrutscht. Die junge Frau starrte ihn an, hörte auf zu lachen, zupfte sich das Shirt zurecht. »Äh … Also ich wollte …«
    »Nur keine Angst«, sagte Wichter.
    »Angst?«, meinte die Blondine und kicherte. »Wieso sollte ich? Für den Notfall habe ich eine Zweiunddreißiger Stupsnase, die Ihnen ein hübsches Loch in den Bauch pusten würde, wenn Sie mir etwas tun wollen.« Sie lachte, und es klang wie ein Sonnenstrahl im Frühling. Kein Zweifel, dass sie noch nie eine Pistole abgefeuert hatte. Sie zog ihr Shirt über der Hüfte etwas tiefer. »Jedenfalls, na ja, also ich wollte nur in die Wohnung nebenan. Ach, was.« Sie verschwand wieder durch die Tür und schloss sie hinter sich.
    Wichter schüttelte den Kopf. Leute gab’s. Eine Zweiunddreißiger Stupsnase? Das stammte bestimmt aus irgend so einem TV-Krimi. Wenn er bessere Laune gehabt hätte, hätte er vielleicht geklingelt, sich die wohlgeformten Beine noch mal angeschaut, seine Polizeimarke gezückt und nach dem Waffenschein gefragt.
    Er öffnete das Spezialschloss vor der Tür des Mordopfers und duckte sich unter den Absperrbändern hindurch. Drinnen schloss er die Tür hinter sich.
    Das also war er, der Ort der seltsamen Bluttat.
    Bluttat. Das Wort passte sogar besser noch als bei sonstigen Mordfällen.
    Wichter stellte sich in die Mitte des Raumes und schloss die Augen.
    Er lauschte in den Raum hinein; seine Kollegen verspotteten ihn manchmal dafür, sagten, er sehe aus wie ein Raubtier, das die Witterung aufnimmt. Nun, sollten sie spotten. Ein wenig war es tatsächlich so: Er nahm Witterung auf. Und jagte er danach nicht die Beute? Die Täter?
    Alle Geräusche von außen blendete er aus. Er legte die Hände zusammen, öffnete die Augen wieder.
    Markierungen zeigten, wo die Tote am Boden gelegen hatte. Es gab Spuren rundum. Sehr seltsame Spuren. Etwa diesen Fingerabdruck in einem inzwischen völlig eingetrockneten Blutstropfen.
    Den Abdruck eines Kindes. Eines Mädchens, behaupteten die Spurensicherer. Was in aller Welt hatte ein Kind hier zu suchen gehabt? Die Tat konnte es nicht begangen haben. Erstens, weil es körperlich dazu gar nicht in der Lage gewesen wäre, und zweitens …
    Na ja, zweitens taten Kinder so etwas eben nicht. Das war immerhin noch eine Welt, die nicht völlig aus den Fugen geraten war. Es gab Scheiße, ja, und Wichter hatte mehr davon gesehen als die meisten anderen, aber irgendwo war eine Grenze.
    Da erschien ihm eine andere Erklärung schon einleuchtender. Der Killer war durchgeknallt, daran gab es wohl keinen Zweifel. Vielleicht trug er eine abgehackte Mädchenhand mit sich rum, mit der er falsche Spuren hinterließ.
    Oder er schnallte sie sich über seine eigenen Finger, wenn er seinem perversen Job nachging.
    Denn dass erwachsene Menschen zu allem fähig waren, daran hegte Wichter keinerlei Zweifel.
    »Du hast irgendwo eine Spur hinterlassen und einen Fehler gemacht, du krankes Arschloch«, flüsterte Wichter. »Und nun sag mir, wo.« Er musste sie nur finden.
    Platsch.
    Wichter wandte sich um. Das kam aus dem Badezimmer.
    Platsch.
    Ein tropfender Wasserhahn? Als er zuletzt hier gewesen war, war nirgends Wasser gelaufen, da war er sich sicher. Und garantiert war in der Zwischenzeit niemand in dieser Wohnung aufs Klo gegangen.
    »Hm.« Wichter ging durch den Raum, öffnete die entsprechende Tür, die nur angelehnt war.
    Platsch.
    Er schloss die Augen, schüttelte den Kopf.
    Alles was recht ist,
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