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Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Titel: Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer
Autoren: Christian Montillon
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Gestalt eines Menschen zwängte und Frank Müller hieß – ein Name, so unverbindlich und häufig, dass er wie eine einfallslose Tarnidentität klang.
    Müller kaute unablässig an den Fingernägeln. Die jeweils freie Hand nestelte an den Knöpfen seines blütenweißen Hemdes. Der Kragen war seltsam gelblich verfärbt. Wichter nahm solche Details instinktiv wahr, seiner Meinung nach kein üble Eigenschaft für einen Polizisten.
    Seit wenigen Minuten saßen sie in Müllers winziger Wohnung. Regen klopfte an die schmutzige Fensterscheibe. Oder Hagel? Bei der Saukälte bildete sich auf den Straßen wahrscheinlich schon eine Eisschicht, die den ganzen Verkehr zum Erliegen bringen würde. Was nichts daran änderte, dass Wichter noch fahren musste. Offenbar hatte er sich den falschen Job ausgesucht.
    »’tschuldigung für die Unterbrechung«, sagte er. »War ein wichtiger Anruf, zumindest, wenn es nach den Kollegen in der Zentrale geht. Ich werde mich später drum kümmern.« Wenn das hier erledigt ist.
    Frank sah auf. Er war bleich wie der leibhaftige Tod. Fehlte nur die Sense in seiner Hand.
    Als ihm der Gedanke kam, verhinderte Wichter nur mit Mühe ein Grinsen; es wäre allzu unpassend gewesen. Aber ein mythologisches Wesen reichte ihm gerade, er brauchte neben einem Spinner, der sich für einen Vampir hielt, nicht auch noch Gevatter Tod, den alten Sensenschwinger.
    »Kein Problem.« Franks Finger verschränkten sich ineinander. »Ich habe ganz andere Probleme, glauben Sie mir das, Herr Kommissar.«
    Herr Kommissar. So hatte man Anton Wichter auch schon lange nicht mehr genannt. Nun gut. Er verkniff sich den Hinweis, dass Kriminaloberrat die korrekte Bezeichnung gewesen wäre, und zermalmte das Pfefferminzbonbon zwischen den Backenzähnen. Der frische Geschmack tat gut. In der Wohnung stank es erbärmlich nach alten Socken. Kein Grund mehr, sich Gedanken über seinen Mundgeruch zu machen. »Herr Müller, wann haben Sie zuletzt Ihre Freundin gesehen?«
    »Ge … gesehen?«
    »Gesehen«, wiederholte Wichter geduldig. So schwierig war die Frage nun auch wieder nicht zu verstehen. Nicht, dass Wichter kein Mitleid mit dem armen Kerl hatte – es musste furchtbar sein, wenn die Freundin nicht nur starb, sondern ein Irrer ihr auch noch jeden Tropfen Blut aus dem Leib saugte. Aber die Mordkommission nahm die Ermittlungen gerade erst auf, und er als Leiter stand vor etwa tausend Aufgaben. Die Befragung eines Nervenbündels gehörte dabei nicht zu den angenehmsten. Oder auch nur den sinnvollsten.
    »Gesehen habe ich sie vor zehn Tagen«, sagte Frank. »Bevor ich verreist bin. Nach Wien. Für die Firma, wissen Sie?«
    »Wien ist eine schöne Stadt«, erwiderte Wichter, weil ihm nichts Besseres einfiel. Sofort presste er die Lippen zusammen, als ihm bewusst wurde, wie taktlos es angesichts der Geschehnisse klingen musste. »’tschuldigung«, murmelte er deshalb erneut.
    »Ich … Ich war also in Wien, als sie starb.«
    Wien … wie ’n Vampir, dachte der Polizist. Derartige Wortspiele fielen ihm ständig ein, selbst in den unmöglichsten Situationen. Eine Eigenschaft, die er ebenso wenig abstellen konnte wie die penible Beobachtung seiner Umgebung, ob er sich nun im Dienst befand oder nicht. »Keiner verdächtigt Sie, Herr Müller, nur um das klarzustellen.«
    »Wieso verdächtigen?« Frank klang alarmiert.
    Weil es sich so angehört hat, als ob du mir dein Alibi präsentieren wolltest. »Reden Sie nur weiter.«
    »Aber ich habe noch mit Christiane telefoniert. Gestern, spät am Abend. Nur ein paar Stunden, bevor sie … also, bevor …«
    »Schon gut«, erlöste ihn Wichter. »Ich verstehe. Hat sie irgendwas gesagt?«
    »Wie ich bereits erwähnte, haben wir telefoniert. Natürlich hat sie irgendwas gesagt und …«
    »Das meinte ich nicht. Machte sie eine Bemerkung, die darauf schließen lässt, dass sie Angst hatte? Oder etwas Unangenehmes erlebt hat? Dass sie vielleicht fürchtete, jemand trachte ihr nach dem Leben?« Nach dem Leben trachten. Das klang immer so dramatisch und pathetisch. Aber es brachte die Sache auf den Punkt.
    Frank wich seinem Blick aus und kaute wieder an den Nägeln. Diesmal war die linke Hand dran. »Es ging ihr nicht gut. Migräne, wissen Sie?«
    Nein, weiß ich nicht. Wichter nickte aufmunternd.
    »Außerdem meinte sie, sie hatte keinen guten Tag.«
    »Weiter.«
    »Das war’s schon.«
    Frank stand so abrupt auf, dass der Stuhl nach hinten kippte. Seine Mundwinkel zuckten. »Hören Sie, Herr
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