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Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Titel: Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer
Autoren: Christian Montillon
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platschte zweimal: vier Sekunden Sendepause. »Das interessiert Sie bestimmt nicht.«
    »Ich verstehe, dass es schwer für Sie ist. Und sicher ist es gut, wenn Sie mit jemandem reden.« Nur nicht mit mir. »Ich möchte Sie jetzt auch nicht länger stören. Wenn Ihnen noch irgendetwas einfällt, Sie wissen, wie Sie mich erreichen können. Zögern Sie nicht, auch wenn es Ihnen unwichtig erscheint.« Im Notfall kann ich ja meine Sekretärin vorschalten.
    Wichter erhob sich und ging zu der nur drei Schritte entfernten Ausgangstür. Seine dicke Winterjacke hing an einem gusseisernen Haken und teilte sich den Platz mit einem zitronengelben, entsetzlich hässlichen Fleecepullover. Aber über Geschmack ließ sich ja bekanntlich streiten.
    »Ja, danke«, murmelte Frank. »Auf Wiedersehen, Herr Inspektor.«
    Inspektor. Das wurde ja immer besser. »Auf Wiedersehen.«
    Keine Sekunde später war Wichter draußen. Er musste sich noch einmal den Tatort genau ansehen und vielleicht mit diesem Hausmeister ein weiteres Gespräch führen, der die Tote entdeckt hatte. Der Vampir-Typ.
    Wichter seufzte und ergab sich in sein Schicksal.
*
    Susi stand vor dem Waschbecken, die Tür von innen abgeschlossen. In der Hand hielt sie eine der Rasierklingen ihres Vaters. Den Pullover hatte sie über die Unterarme hochgezogen. Sie schaute in den Spiegel. Ihre Lippen zitterten.
    Dann … ritzte sie sich.
    Quer über die Innenseite des Unterarms. Es tat weh, auch wenn es nicht sonderlich tief war. Einen Moment lang blieb der Schnitt blass und bleich, dann quoll Blut heraus und rann über die Haut, tropfte ins Waschbecken.
    Ein zweites Ritzen.
    Neue rote Tropfen im Weiß des Waschbeckens.
    Susi schaute auf, in ihr Spiegelbild, und erkannte Zorn in den Augen, die nicht ihre eigenen waren, nicht richtig jedenfalls, sondern die des Poltergeists in ihr.
    »Du machst das falsch«, sagte ihr Spiegelbild. »Wenn du dich umbringen willst, musst du längs über die Pulsader schneiden. So blutet es nicht genug!«
    Nur dass Susi sich ja gar nicht umbringen wollte. Sie wollte nur … Schmerzen spüren.
    Denn die holten sie aus dem unterdrückten Dämmer heraus, wenigstens ein bisschen. Sodass sie immerhin mal ein paar Momente sie selbst sein und mit den Poltergeist reden konnte.
    »Wieso hast du die letzte Leiche nicht auch verschwinden lassen?«, fragte Susi. Das hatte sie schon gemerkt: Wenn sie den Poltergeist auf seine Taten ansprach, redete er gern darüber. Wieder ein paar Sekunden, in denen sie nicht voll von ihm unterdrückt wurde.
    Ihr Spiegelbild lachte gehässig. »Warum sollte ich?«
    »Damit nicht alle drüber reden und die Polizei nicht …«
    »Was geht mich die Polizei an?«
    »Das letzte Mal, vor dem Supermarkt, hast du doch auch …«
    »Und dein Bruder? Hä? Den hab ich auch nicht verschwinden lassen!«
    »Ja, warum eigentlich nicht?«
    »Weil deine Familie seitdem Angst hat und leidet.« Das Spiegelbild grinste. »Das gefällt mir, weißt du, kleine Susi? Es ist geil. Darum hab ich deinen Eltern vorher schon vorgegaukelt, der Arzt hätte ihnen als Diagnose Alzheimer gestellt. Es war herrlich, wie durcheinander sie deshalb waren. Ich konnte die Angst in ihren Adern pochen hören.« Der Poltergeist lachte.
    Susi hasste ihn. Wie sie ihn hasste! Hasste, hasste, hasste! »Und warum hast du die Leiche nicht verschwinden lassen, nachdem du ihr das Blut ausgesaugt hast?«
    »Wie ’n Vampi-hi-hir!«, kicherte der Poltergeist aus ihrem Spiegelbild. »Ist das nicht witzig?«
    Nein. Fand sie nicht. »Warum?« Susi schaute auf die Rasierklinge und ritzte sich wieder, ein drittes Mal. Es war gar nicht so schlimm, wie sie im Vorfeld befürchtet hatte. Der Schmerz trieb sie weiter an die Oberfläche, aber er würde ihr nie helfen, wieder wirklich frei zu sein. Was hatte das Monster gesagt? Längs über die Ader schneiden, und alles wird vorbei sein? Vielleicht sollte sie darüber mal nachdenken.
    »Ja, wieso soll ich es dir nicht erzählen, kleine Susi, kleiner Schatz, ritze-ratz!«
    Die Rasierklinge zuckte in ihren Fingern, schwebte in die Höhe, huschte auf ihr Gesicht zu und säbelte ihr ein paar Haare ab, ehe sie nach oben sauste und mit der Kante in der Holzdecke stecken blieb. »Weißt du, ich will, dass noch mal jemand an den Tatort geht, ganz allein; irgendwann wird das schon passieren, und dann wird wieder Blut fließen, denn ich habe da etwas vorbereitet. Und ich werd’s bekommen, das Blut! Ich werd’s bekommen … ritze-ratz!«
    Die letzten Worte
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