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Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer

Titel: Horror Factory 3 - Der Blutflüsterer
Autoren: Christian Montillon
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zufällig, wie Bettina.
    Es war blond.
    Vielleicht acht oder zehn Jahre alt.
    Es lag auf dem Rücken, zur einen Hälfte auf der lockeren Erde eines Beets, zur anderen auf dem Gras des aufgeschütteten Hügels rund um den Parkplatz.
    Und es blutete. Zwischen den Beinen. Der hellgrüne Rock war bis über die Oberschenkel hochgeschoben, und das Mädchen hatte die Augen zu, als ob …
    Schreckliche Übelkeit schoss auf einmal in Bettina hoch. Ihr Mund war trocken. Scheiße, kein Mensch weit und breit. Ihre Finger zitterten, als sie den Zündschlüssel rumdrehte. Der Motor erstarb. Sie sah sich um. Tatsächlich, sie war völlig allein. Niemand, der helfen könnte.
    Und niemand zu sehen, der dieses Mädchen vergewaltigt hatte.
    Bettinas Lippen bebten, als sie die Tür aufriss. Zurück in den Supermarkt. Ich muss es Andrea sagen. Sie muss einen Arzt rufen. Und die Polizei.
    Aber zuerst das Kind! Sich um das Opfer zu kümmern, war wichtiger als alles andere. Bettina ging neben dem Mädchen in die Knie. Die Augen waren unter dem mehr als schulterlangen hellblonden Haar geschlossen. Dreck klebte am linken Nasenflügel. Das T-Shirt war am Halsausschnitt zerrissen.
    Bettina würgte. Sie berührte das Mädchen vorsichtig an der Wange. Es fühlte sich nicht kalt an. Nicht kalt. Müsste es nicht kalt sein, wenn es … wenn es tot wäre?
    Bettinas Blick wanderte tiefer. Zum hochgeschobenen Rock. Zum Blut zwischen den kleinen, dünnen Oberschenkeln. Sie wollte etwas sagen, aber die Kehle war wie zugeschnürt.
    Ich darf sie nicht anfassen, dachte sie verrückterweise. Die Fingerabdrücke. Ich muss an die Fingerabdrücke denken. Am Ende komm ich noch in Verdacht.
    »H-Hallo«, sagte sie endlich. »Hab – hab keine Angst mehr. Ich helfe dir.« Sie kann mich nicht hören. Weil sie tot ist. TOT. Irgendein perverses Arschloch hat sie vergewaltigt und umgebracht, und … Sie glaubte, etwas zu hören. Hinter sich. Sie wirbelte herum. Nichts. Niemand. Nur ihr Auto.
    Wie konnte sie feststellen, ob das Kind noch lebte? Der Puls. Natürlich. Der Pulsschlag. Sie tastete am Handgelenk des Mädchens, und es riss die Augen auf.
    So plötzlich, dass Bettina leise schrie.
    »Aber, aber«, sagte das Mädchen, setzte sich auf und zupfte ihren Rock zurecht.
    Bettina glaubte ihren Augen nicht zu trauen. Und ihren Ohren auch nicht. Was war bloß mit der Stimme los? »Was … Was ist mit dir? Hast du …«
    »Mit mir ist alles klar«, sagte das zarte, höchstens zehnjährige Mädchen mit der Stimme eines alten Mannes. »Aber mit dir nicht.« Es rollte sich zur Seite und schnappte sich ein Messer, das unter seinem Rücken verborgen gelegen hatte.
    Bettina begriff nichts mehr. Nur, dass sie in Gefahr war. Doch das alles war viel zu unwirklich, als dass es tatsächlich geschehen könnte.
    »Weißt du«, sagte die alte Männerstimme aus dem Mund des Mädchens, »ich mag Blut.«
    Dann blitzte etwas vor Bettinas Augen, und die Klinge schnitt ihr die Kehle durch. Blut spülte in ihren Mund. Sie gurgelte. Es lief ihr über die Lippen und den Hals. Ich sterbe , raste es ihr durch den Kopf, aber es ging nicht so schnell, wie sie dachte.
    Wie sie hoffte.
    Das Mädchen sang leise eine fröhliche Melodie vor sich hin, mit einem Mal mit einer kindlichen Stimme, wie es sich gehörte. Nur das, was sie tat, gehörte sich nicht. Fachgerecht schnitt sie tief in Bettinas Bauch. Gedärme quollen hervor. Das Kind zog daran wie an einer Kette. Dann wandte es sich Bettinas Augen zu und pulte das linke aus der Höhle heraus.
    Warum sterbe ich nicht endlich?, dachte Bettina. Die Schmerzen waren längst so schlimm, dass ihr Gehirn resignierte. Sie fühlte nichts mehr, und das war die einzige Gnade, die ihr gewährt wurde. Und dann, als sich die Klinge wieder näherte, sah sie auch nichts mehr.
    Es dauerte noch eine volle Minute, bis sie starb. Das Letzte, das sie hörte, war das fröhliche Summen des Mädchens, das sie ausweidete und am Ende ihr Herz aufspießte.

2
Ich habe es schon gesehen
    »Thirty-seven, thirty-eight, thirty-nine, thirty-ten.«
    »Da würde ich noch einmal drüber nachdenken, Michi«, sagte Heiko.
    Die kleinen Lippen pressten sich angestrengt aufeinander. Im linken Mundwinkel lugte die Zungenspitze hervor. Der Junge rieb sich über die hellblonden Haare und wirkte wie die Karikatur eines zerstreuten Professors. »Thirty-nine«, sagte Michael lang gezogen.
    Heiko nickte. »Und dann?«
    »Thirty-ten.«
    »Du musst ja nicht auf Englisch so weit zählen können, es
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