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Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)

Titel: Homo ambrosius (Die Organhändler) (German Edition)
Autoren: Albert Karer
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und das war er auch, denn Tobias war sein erster Patient mit Marfan-Syndrom.
    „Herr Feist, haben Sie Zugang zum Internet?“, fragte er.
    Tobias schmunzelte. Ich bin quasi das Internet, dachte er. Der Arzt verstand sein Schmunzeln ganz richtig als ein Ja.
    „Informieren Sie sich darüber, dann suchen Sie sich einen Hausarzt. Der wird Ihre Akte bei uns anfordern und Sie an einen Spezialisten überweisen. Man kann zwar nichts dagegen tun, aber einige Symptome behandeln, und je früher man damit anfängt, desto besser. Also kümmern Sie sich darum. Ja?“
    Jetzt hatte er ihn doch aufgeschreckt. „Was meinen Sie mit Symptomen?“
    Der Arzt sah auf die Uhr, schloss Tobias’ Akte und legte sie auf einen Stapel anderer Krankenakten. „Typisch ist eine Instabilität des Bindegewebes, eine Bindegewebeschwäche. Ich vermute, dass Sie deswegen auch schlecht sehen. Weiter besteht das Risiko, dass das Herz, andere Organe und die Blutgefäße betroffen sind. Aber das muss man alles im Detail abklären, über die Konsequenzen informiert Sie Ihr Hausarzt.“
    Tobias wollte nach Hause und im Internet recherchieren, jetzt, sofort. Angst um sich hatte er nicht, aber er brauchte Zeit für seine Rache an Ao Chen.
    „Ich kümmere mich drum“, sagte er, um das Gespräch endlich zu beenden.
    „Und noch etwas. Man vermutet, dass Abraham Lincoln auch daran litt. Sie sehen also, Sie sind in bester Gesellschaft. Ich schreibe Sie den Rest der Woche noch krank, anschließend können Sie wieder arbeiten gehen.“

Der Krankenschein, den der Arzt ihm in die Hand drückte, katapultierte ihn zurück in die Wirklichkeit. Wieder arbeiten gehen, zurück ins BKA. Aber wohin? An wen sollte er sich wenden? Er schrieb eine Mail an die Ermittlerin, die ihn im Krankenhaus verhört und ihm ihre Visitenkarte gegeben hatte, sie leitete seine Frage weiter.
    Am Montag, rund zwei Wochen nach Jakobs und Lisas Tod, betrat er das erste Mal wieder das BKA-Gebäude. Er hatte um 10 Uhr einen Termin bei Jakobs ehemaligem Vorgesetzten, Kriminalrat Kollatz.
    Er kannte Kollatz vom Sehen und von Jakobs bissigen Bemerkungen. Jakob und Lisa hatten nicht viel von ihm gehalten. Er wusste sofort, warum, als Kollatz das kleine Sitzungszimmer betrat. Sein Lächeln sah falsch aus.
    „Da haben wir ja unseren jungen Helden. Schön, dass Sie die ganze Sauerei überlebt haben.“ Kollatz reichte ihm die Hand zur Begrüßung. Tobias zwang sich, ihm ins Gesicht zu schauen.
    „Also, ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass wir mit Ihrer Arbeit außerordentlich zufrieden waren. Aus diesem Grund müssen Sie Ihre restliche Strafe nicht mehr absitzen, Herr Feist. Hier haben Sie eine Kopie der entsprechenden richterlichen Verfügung.“ Kollatz schob ihm ein Amtsformular in einer grünlichen Farbe über den Tisch zu, Tobias zog es automatisch zu sich heran.
    „Da Herr Schells Abteilung aufgelöst wird, hat das BKA beschlossen, auch Ihr Angestelltenverhältnis zum Ende dieses Monats aufzulösen. Hier ist Ihre Arbeitsbestätigung und hier die abschließende Gehaltsabrechnung.“ Kollatz schob die nächsten zwei Dokumente über den Tisch.
    „Wie Sie sehen“, dabei deutete er auf die Gehaltsabrechnung, „zeigen wir uns äußerst großzügig und zahlen Ihnen Ihr Gehalt noch drei Monate weiter. Ich habe mich extra für Sie eingesetzt.“ Tobias vermutete, dass das eine schamlose Lüge war.
    „Wenn Sie noch so nett sind und das hier unterzeichnen – das ist das Austrittsformular, in dem Sie bestätigen, dass wir Ihnen alles übergeben haben und gleichzeitig, dass Sie alles abgegeben haben. In diesem Zusammenhang bitte ich Sie um Ihren Zutrittsbadge, und falls Sie noch einen Schlüssel vom Büro haben?“
    „Schlüssel habe ich keinen.“ Tobias zog den Badge aus seiner Tasche und legte ihn auf den Tisch. Er hätte es nicht für möglich gehalten, aber alles in ihm sträubte sich dagegen, diesen Badge wegzugeben. Er zog das Formular zu sich heran, warf einen kurzen Blick darauf und unterschrieb es.
    „Sie sind jetzt wieder ein freier Mann“, sagte Kollatz und lachte über seinen Witz.
    Erst jetzt dämmerte es Tobias, dass man ihn gerade vor die Tür stellte – und das passte ganz und gar nicht zu seinen eigenen Plänen. Er war davon ausgegangen, an seinem Arbeitsplatz in Ruhe im BKA-Netz nach den Ermittlungsberichten zu seinem Fall suchen zu können. Er spürte die Wut, riss sich aber zusammen.
    „Danke für alles“, sagte er. Er hatte das Gefühl, man müsse es ihm
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