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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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eine Meute von zwanzig Menschen um ein Autogramm. Als die Geschäftsführer ankamen, um die Petze ausfindig zu machen, sagte ich: »Phil Collins? Wer soll das denn sein?«
    Ich verbrachte ein paar Stunden im Irrgarten mit Schnuff, einem jungen Zwerg aus Brooklyn. Wir standen beim Dauerlutscherwald, als uns klar wurde, dass Santa ein Anagramm f ür Satan ist. Weihnachtsmann oder Teufel – so nah und doch so fern. Anstelle vom SantaLand stellten wir uns ein SatanLand vor, in dem die Besucher durch dampfende Tümpel voller Blut und Fäkalien wateten, bevor sie am Höllentor ankamen, wo ein boshaftes Teufelchen im versengten Samtkostüm sie bei der Hand nahm und zu Satan geleitete. Mit einem Ohr lauschten wir der Kundschaft und ersetzten das Wort Santa immer durch das Wort Satan.
    »Was meinst du, Michael? Glaubst du, der bei Macy's ist der echte Satan?«
    »Vergiss nicht, dich bei Satan für das Quietschebaby zu bedanken, das er dir letztes Jahr geschenkt hat.«
    »Ich liebe Satan.«
    »Wer nicht? Den Satan liebt doch jeder.«
    Lieber w ürde ich mir Polsternägel ins Zahnfleisch hauen denn als Platzanweiserzwerg arbeiten. Der Platzanweiserzwerg steht vor dem Ausgang vom Weihnachtsmann und füllt die Bestellscheine für die Fotos aus. Es macht mir zwar Spaß zu raten, woher die Leute kommen, aber ich hasse es, wenn ich zuhören muss, wie Ehepaare darüber zanken, wie viele Abzüge sie wollen.
    Beim ersten Mal war es interessant, aber jetzt nicht mehr. W ährend die Eltern sich zu einer Entscheidung durchringen, muss der Platzanweiserzwerg die aufgeregten Kinder davon abhalten, beim Weihnachtsmann zur Hintertür hineinzuwitschen, um die Markennamen von drei oder vier Spielsachen zu rufen, die sie sich zu wünschen vergessen haben.
    Wenn nicht viel los ist, steckt der Platzanweiserzwerg den Kopf hinein und beobachtet den Weihnachtsmann und seine Besucher. Heute Nachmittag war nicht viel Betrieb, und ich beobachtete eine vierzig Jahre alte Frau mit ihrer steinalten Mutter, die auf einen kleinen Schwatz beim Weihnachtsmann reinschauten. Die Tochter trug ein kurzes rosa Kleid mit Spitzenbesatz -, die Sorte Kleid, die ein kleines M ädchen tragen konnte. Die Haare waren zu Zöpfchen geflochten, und sie hatte unordentlich hochgezogene Ringelsöckchen und Lackschuhchen an. Dieses vierzigjährige Mädchen rannte zum Weihnachtsmann und umarmte ihn, wobei es ihm Rouge in den Bart schmierte. Sie sprach mit Babystimme, welche sie bald zu einem Flüstern senkte. Als sie gingen, fragte ich, ob sie das Foto käuflich erwerben wollten, und das größte kleine Mädchen der Welt flüsterte seiner Mutter etwas ins Ohr und hüpfte dann davon. Sie hüpfte. Ich sah, wie sie versuchte, mit den Bälgern zu kommunizieren, die um die Kasse herumstanden, bis ihre Mutter sie da wegzerrte.
    Heute Vormittag war ich eine Zeitlang beim Zauberfenster mit Klinggl öckchen zusammen, einer Alleinunterhalterin, die gerade ein Musikvideo mit ihrer Girl-Gruppe macht. Wir sprachen über dies und das, und sie sagte mir, sie hätte schon in ein paar Fernsehserien mitgespielt, hauptsächlich in Soap-Operas. Ich fragte sie, ob sie auch schon mal in »One Life to Live« mitgewirkt hat, und sie sagte, ja, eine Komparsenrolle als Flamencotänzerin vor ein paar Jahren, als Cord und Tina zum zweiten Mal geheiratet hatten und für die Flitterwochen nach Madrid fuhren.
    Pl ötzlich erinnerte ich mich ganz deutlich an Klingglöckchen. In der Episode trug sie ein rotes Spitzenkleid und stampfte auf einem glänzenden Nachtklubfußboden herum, bis Spaniens größter Stierkämpfer eintrat und Cord zum Duell herausforderte. Klingglöckchen intervenierte. Sie hörte auf zu tanzen und sagte zu Cord: »Ssie lieber nix mache, Senor. Ssie wäre duum ssu kämpfe mit Spaniens größter Stierkämpfer!«
    Klinggl öckchen erzählte mir, die Flitterwochen seien hier im New Yorker Studio gefilmt worden. Das überraschte mich, da ich wirklich angenommen hatte, sie wären in Spanien gedreht worden. Sie sagte, die Tanzszene sei am späten Vormittag aufgezeichnet worden, und danach sei Mittagspause gewesen. Sie war in der Studiokantine und hielt ihr Tablett, als Tina sie zu ihrem Tisch herüberwinkte. Klingglöckchen hatte mit Tina zu Mittag gegessen! Sie sagte, Tina sei ganz süß und habe mit ihr darüber gesprochen, wie sehr sie Smokey Robinson liebe. Ich hatte gelesen, Tina habe einen Keil zwischen Smokey und seine Frau getrieben, aber es war erregend, das von jemandem bestätigt zu
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