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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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Die haben l änger als eine Stunde schlangegestanden und sind nicht bereit, so leicht aufzugeben. Heute Abend habe ich eine Frau gesehen, die ihre schluchzende Tochter schlug und schüttelte, wobei sie schrie: »Verdammtnochmal, Rachel, mach, dass du auf den Schoß dieses Mannes kommst, sonst geb ich dir einen Grund zum Flennen.« Ich mache oft Fotos von weinenden Kindern. Noch grotesker ist es, wenn man ein Foto von einem weinenden Kind mit einer falschen Grimasse macht. Die Grimasse ist weniger ein L ächeln als der erzwungene Umriss eines Lächelns. Den Eltern gefällt es seltsamerweise.
    »Braves Mädchen, Rachel. Jetzt aber nichts wie weg hier. Deine Mutter hat Kopfschmerzen, die nicht weggehen, bevor du einundzwanzig bist.«
    Ein gutes Drittel der Leute, die den Weihnachtsmann besuchen, sind Erwachsene: Ehepaare und erstaunlich viele alleinstehende M änner und Frauen. Die meisten Alleinstehenden wollen sich nicht beim Weihnachtsmann auf den Schoß setzen; sie schauen nur mal so vorbei, um ihm die Hand zu geben und viel Glück zu wünschen. Oft sind die alleinstehenden Erwachsenen Ausländer, die zufällig gerade bei Macy's zum Einkaufen waren und sich vom Eingangszwerg in den Irrgarten haben scheuchen lassen, weil es zu den Aufgaben des Eingangszwergs gehört, die Leute anzukobern. Eben sieht der Ausländer sich noch Porzellan an, und schon steht er beim Zauberbaum, wo ihn ein Zwerg mit einer winzigen Schreibunterlage vor dem Bauch fragt, wie viele Mitglieder seine Gruppe umfasst, die zum Weihnachtsmann will.
    »Wie viele in Ihrer Gruppe?«
    Der Ausl änder antwortet: »Ja.«
    »Wie viele in Ihrer Gruppe ist keine Ja- oder NeinFrage.«
    »Ja.« Dann f ührt ihn ein Weihnachtsmannzwerg zu einem Haus, wo sich der verwirrte und erschöpfte Ausländer einem bärtigen Mann in roter Kleidung gegenübersieht, und sagt: »Ja, okay. Ich gehe gut heute.« Er gibt dem Weihnachtsmann die Hand und rennt, aufgewühlt, zum Hinterausgang.
    Heute Nachmittag kam ein Mann, um den Weihnachtsmann zu besuchen, ein schlampiger, gutaussehender Mann Mitte Vierzig. Ich dachte, er w äre einer von diesen verwirrten Europäern, also beruhigte ich ihn, viele Erwachsene kämen, um den Weihnachtsmann zu besuchen, jeder sei willkommen. Eine Stunde später bemerkte ich denselben Mann, wieder da, um die Gesellschaft des Weihnachtsmanns zu suchen. Ich fragte, worüber er mit dem Weihnachtsmann spricht, und mit gebrochener und kläglicher Stimme antwortete er: »Spielsachen. Die vielen Spielsachen.«
    Links hatte er eine Delle in der Stirn. In einer solchen Delle konnte man eine Eichel unterbringen. Er stellte sich hinten an und besuchte den Weihnachtsmann ein drittes Mal. Bei seinem letzten Besuch regte er sich so auf, dass er dem Weihnachtsmann auf den Scho ß pinkelte.
    Bisher habe ich im Weihnachtsland Simone aus »General Hospital«, Shawn aus »Alle meine Kinder«, Walter Cronkite und Phil Collins gesehen. Letztes Jahr wurde eine Zwergin vom Dienst suspendiert, nachdem sie Goldie Hawn um ein Autogramm für auf die Hand gebeten hatte. Wir wurden angewiesen, die Stars in Frieden zu lassen.
    Walter Cronkite war sehr gro ß, und ich hätte ihn wahrscheinlich nicht erkannt, wenn ihn mir nicht jemand gezeigt hätte. Phil Collins war klein und sehr gepflegt. Er erschien mit seiner Tochter und einem Gefolge von drei Mann. Mir ist Phil Collins in jeder nur möglichen Form ziemlich wurscht, aber ich habe mehrere Leute gesehen, denen er wahrscheinlich nicht wurscht war, und fand, es ist meine Pflicht, ihnen auf die Schulter zu klopfen und zu sagen: »Sehen Sie mal, da ist Phil Collins!«
    Viele, die den Weihnachtsmann besuchen, sind von au ßerhalb und ergreifen freudig die Gelegenheit, einen Prominenten zu besichtigen, weil das ihr New-York-Erlebnis abrundet. Als ich auf Phil Collins deutete, quietschten die Menschen buchstäblich vor Entzücken. Da es mein Job ist, Menschen glücklich zu machen, hatte ich damit keinerlei Problem. Phil Collins wanderte durch den Irrgarten, nahm alles mit seinem Camcorder auf Video auf und amüsierte sich. Sobald er den Zauberbaum betreten hatte, konnte ihn das Irrgarten-Publikum nicht mehr sehen, und ich begann den Leuten zu sagen, wenn sie sofort den Irrgarten verlassen, die Halle runter und dann rechts, könnten sie wahrscheinlich noch Phil Collins erwischen, wenn er mit dem Weihnachtsmann durch ist. Die Leute taten, wie ihnen geheißen, und gingen weg. Als Phil Collins das Weihnachtsland verlassen wollte, bat ihn
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