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Holidays on Ice

Holidays on Ice

Titel: Holidays on Ice
Autoren: David Sedaris
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Die WeihnachtsLand-Tageb ücher

    Ich sa ß in einem Imbiss und sah die Stellenanzeigen durch, als ich las: »Macy's am Herald Square, das größte Kaufhaus der Welt, bietet kontaktfreudigen, lebenslustigen Menschen von jeder Form und Größe, die mehr als nur einen Ferienjob wollen, die große Chance! Als Zwerg in Macy's Weihnachtsland arbeiten, heißt, mitten drin sein, wo's aufregend ist...«
    Ich malte einen Kringel um die Anzeige und lachte beim Gedanken daran laut auf. Der Mann neben mir drehte sich auf seinem Hocker zu mir herum, um zu überprüfen, ob ich sie noch alle hatte. Ich lachte leise weiter. Gestern hatte ich mich bei UPS um einen Job beworben. Die stellen in der Vorweihnachtszeit Helfer für die Fahrer ein, und ich ging voller Hoffnung in die UPS-Zentrale. Ich stand mit dreihundert weiteren Männern und Frauen Schlange, und meine Hoffnung schwand. Während des kurzen Einstellungsgesprächs wurde ich gefragt, warum ich für UPS arbeiten wolle, und ich antwortete, ich wolle f ür UPS arbeiten, weil mir die braunen Uniformen gefielen. Was hätte ich denn sonst sagen sollen?
    »Ich würde gern für UPS arbeiten, weil mir das, meiner Meinung nach, die Möglichkeit bietet, die gesamte Bandbreite meiner beträchtlichen Führungsqualitäten in einer der besten Lieferfirmen zu zeigen, die dieses Land seit dem Pony Express gesehen hat!«
    Ich sagte, die Uniformen gefielen mir, der UPS-Personalmann legte meine Bewerbung mit der Vorderseite nach unten auf seinen Schreibtisch und sagte: »Den Quatsch können Sie sich schenken.«
    Als ich am Nachmittag nach Hause kam, h örte ich den Anrufbeantworter ab, ob eine Nachricht von UPS drauf ist, aber die einzige Nachricht war von der Firma, die mir mein Studentendarlehen gewährt, Sallie Mae. Sallie Mae hört sich an wie ein naives, barfüßiges Hinterwäldlermädchen, aber in Wirklichkeit sind die eine unbarmherzige und aggressive Ansammlung von Rüpeln in einem großen Klinkerbau irgendwo in Kansas. Ich stelle mir vor, es ist das größte Gebäude im ganzen Staat, und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass sie ihre Mitarbeiter direkt aus dem Knast weg einstellen. Es macht mir angst.
    Die Frau bei Macy's fragte: »Wären Sie lieber Ganztagszwerg oder Abend- und Wochenendzwerg?«
    Ich sagte: »Ganztagszwerg.«
    Ich muss n ächsten Mittwoch um zwölf hin.
    Ich bin ein Mann von dreiunddrei ßig Jahren, der sich um einen Job als Zwerg bewirbt. Ich sehe oft Menschen auf der Stra ße, die als Objekte verkleidet sind und Zettel verteilen. Ich neige dazu, keine Zettel zu nehmen, aber es bricht mir das Herz, wenn ich einen erwachsenen Mann sehe, der sich als Taco verkleidet hat. Wenn also eine Kostümierung im Spiel ist, neige ich nicht nur dazu, den Zettel zu nehmen, sondern ihn anmutig entgegenzunehmen, »Haben Sie recht herzlichen Dank« zu sagen und Du bist ja so ein armes Schwein. Ich weiß nicht, was du hast, aber ich hoffe, dass ich es nie kriege zu denken. Heute Nachmittag habe ich auf der Lexington Avenue einen Zettel von einem Mann entgegengenommen, der als Camcorder verkleidet war. Hot Dogs, Erdnüsse, Tacos, Videokameras -, diese Dinge machen mich traurig, weil sie nicht auf die Straße passen, außer vielleicht bei einer Parade, aber nicht nur so. Ich stelle mir vor, dass ich als Zwerg wenigstens am rechten Ort bin; ich werde mit all den anderen Zwergen im Dorf des Weihnachtsmanns sein. Wir werden in einem lockerduftigen Wunderland residieren, von Zuckerstangen und Honigkuchenhäuschen umgeben. Das ist immerhin nicht ganz so traurig, wie als Fritte verkleidet an einer Straßenecke zu stehen.
    Ich versuche, es von der heiteren Seite zu betrachten. Vor drei Wochen bin ich mit hochgesteckten Erwartungen in New York angekommen, und diese Erwartungen erwiesen sich als tr ügerisch. In meiner Phantasie wäre ich direkt von der Penn Station in die Büros von »One Life to Live« gegangen, hätte dort mein Gepäck hingeschmissen und mich ein bisschen aufge r üscht, bevor ich mit Cord Roberts und Victoria Buchannon, den beiden größten Stars der Serie, einen Drink nehmen gegangen wäre. Wir hätten in einer plüschigen Nische in einer irrwitzig schicken Cocktailbar gesessen, meine neuen Promi-Freunde hätten mir mit ihren eisig beschlagenen Gläsern zugeprostet und gesagt: »Auf das Wohl von David Sedaris, des besten Autors, den diese Serie je hatte!!!«
    Ich h ätte gesagt: »Lasst doch den Quatsch.« Ich hatte geplant, mich bescheiden zu geben.
    Die Leute an den
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