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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte
Autoren: Anthony Horowitz
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Chaos. Aber solange sie zusammenblieben, waren sie sicher.
    Lohan führte sie an, aber es war Scarlett, die es möglich gemacht hatte. Sie schien in einer Art Trance zu sein, denn sie sah unverwandt geradeaus, ihre Arme hingen an den Seiten herunter. Matt blieb dicht neben ihr. Ihm war klar, dass sein Leben von ihrem Schutz abhing. Rund um ihn herum zerbröckelten Mauern, stürzten Gebäude ein und zerplatzten Fensterscheiben, deren tödliche Scherben im Regen herumwirbelten. Ein Donnerschlag folgte auf den anderen. Die Wolken waren eine brodelnde Masse.
    Sie beeilten sich nicht. Das war nicht nötig. Nichts Lebendiges würde sich in diesen Taifun hinauswagen und die fünf waren vollkommen unsichtbar. Scarlett wirkte jetzt selbstsicherer, beinahe entspannt. Matt, der neben ihr ging, war vom Ausmaß ihrer Kraft überrascht. Er konnte fühlen, wie sie aus ihr herausströmte. Sie war ein Mädchen und erst fünfzehn Jahre alt, aber sie konnte die ganze Welt zerstören.
    Hinter ihnen brach ein weiteres Gebäude zusammen. Es knickte einfach ein, als hätte es allen Lebensmut verloren. Ziegel prasselten herab und knallten auf den Bürgersteig, doch sie waren nicht in Gefahr. Die Straße führte weiter geradeaus. Sie konnten schon den Park sehen. Allerdings waren die meisten Bäume entwurzelt und hatten sich in herumfliegende Geschosse verwandelt. Die wenigen, die noch standen, waren so stark gebogen, dass ihre Kronen den Boden berührten. Der Tai-ShanTempel war auf der anderen Seite. Matt war erstaunt, dass er noch stand, aber vielleicht hatte die Mauer, die ihn umgab, ihn vor dem Schlimmsten bewahrt.
    Lohan zeigte darauf. Scarlett nickte. Worte waren jetzt überflüssig. Sie hatten es geschafft. Sie hatten Hongkong mitten in einem Signal-zehn-Taifun durchquert und es überlebt.
    Jetzt gingen sie doch schneller, durchquerten das, was vom Park noch übrig war, und betraten den Tempel.
     
    Signal acht
     
    Der Vorsitzende der Nightrise Corporation beobachtete die Zerstörung seiner Nekropole. Er war wieder in seinem Büro im sechsundsechzigsten Stockwerk von ›The Nail‹ und konnte fühlen, wie das Gebäude unter den Angriffen des Sturmes erzitterte. Gelegentlich war ein lautes Knirschen zu hören, gefolgt vom Knallen brechenden Glases, wenn wieder eine Fensterscheibe aus dem Rahmen platzte. Die Lampen hatten schon vor einer ganzen Weile angefangen zu flackern und waren dann ausgegangen. Es gab keinen Strom mehr. Es waren auch keine Leute mehr da. Die Angestellten waren evakuiert worden und hatten sich die Sechsundsechzig Stockwerke über die Treppen hinuntergekämpft. Einige von ihnen hatten es vielleicht bis in den Keller geschafft, wo sie jetzt zitternd hockten, aber er vermutete, dass wesentlich mehr auf dem Weg nach unten ums Leben gekommen waren – die Stufen hinuntergestoßen oder in der allgemeinen Panik zu Tode getrampelt. Der Vorsitzende hatte ganz sicher nicht vor, sich ihnen anzuschließen. Er war hier sicher. ›The Nail‹ hielt alles aus. Und die Aussicht war unbezahlbar.
    Es ärgerte ihn allerdings, dass seine Pläne irgendwie schiefgegangen waren. Die Stadt hatte sterben sollen. Aber nicht auf diese Weise. Es war sogar möglich, dass der Taifun am Ende mehr Menschen rettete, als er umbrachte, denn er hatte einen Nebeneffekt. Die giftigen Gase, die die Alten verbreitet hatten, waren verflogen. Der Smog war weggeweht worden. Wenn der Sturm irgendwann nachließ, würden die Leute wieder atmen können.
    Er wusste nicht, was im Gefängnis geschehen war. Die Telefonverbindungen waren zusammengebrochen und auch sein Mobiltelefon funktionierte nicht mehr. Anscheinend war das ganze Netzwerk in Mitleidenschaft gezogen. Aber diese Verwüstung konnte kein Zufall sein. Wahrscheinlich war der Taifun das Werk des Mädchens. Es konnte das Wetter vorhersagen, musste also zumindest gewusst haben, was kommen würde. Er hatte es mit dem Jungen zusammengesperrt, um es zu quälen, um ihm zu zeigen, dass er auf der ganzen Linie gesiegt hatte. Vielleicht war das ein Fehler gewesen.
    Er hatte eine Flasche Brandy in der Hand. Ihr Preisschild wies den Brandy als eine der teuersten Sorten der Welt aus. Es hatte ihn immer amüsiert, dass es Länder gab, in denen die Menschen starben, weil sie kein Wasser hatten, während er es sich erlauben konnte, fünftausend Dollar für einen Drink auszugeben, der ihm nicht einmal schmeckte. Im Laufe der Jahre waren fast alle Geschmacksknospen des Vorsitzenden abgestorben. Er schmeckte nichts mehr
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