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Höllenknecht

Höllenknecht

Titel: Höllenknecht
Autoren: Ines Thorn
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dass es den Teufel als gefallenen Engel nicht gibt. So ist das. Deine Frage ist schierer Unfug. Was soll schon sein, wenn der Teufel seine Sünden bereut? Gar nichts. Er wird es nämlich nicht tun, sonst wäre er nicht der Teufel.»
    «Ha!», rief Pater Nau und griff nach dem Krug mit dem verdünnten Wein. Als er bemerkte, dass dieser leer war, schob er ihn wortlos seiner Nichte hin, die aber so tat, als wüsste sie nicht, was diese Geste bedeuten sollte.
    «Meinst du nicht, Antoniter, dass es wenig Teuflischeres gibt als einen Teufel, der seine Sünden bereut? Wem, frage ich dich, nützt es, wenn der Teufel seine Sünden bereut?»
    Der Antoniter griff jetzt ebenfalls nach der Weinkanne, warf einen Blick hinein und sah Hella enttäuscht an. «Der Wein ist alle», sagte er vorwurfsvoll.
    «Das ist schade», erwiderte Hella, machte aber noch immer keine Anstalten aufzustehen.
    «Verstockt wie ihre Mutter», murmelte Pater Nau.
    Da erst erhob sich Hella, fragte: «Ist es möglich, dass ihr gern hättet, dass ich euch eine neue Kanne Wein hole?»
    Pater Nau verschränkte fromm die Hände vor seinem Bauch. «Ja, Kind, du hast es erraten.»
    Der Antoniter murmelte weniger fromm: «Dass ich das noch erleben darf!»
    Aber Hella nahm noch immer nicht die Kanne und ging damit in den Keller, sondern fragte herausfordernd: «Und wie sagt man, wenn man etwas möchte?»
    «Was?», fuhr der Pater hoch.
    «Wie?», wollte Bruder Göck wissen.
    «Bitte sagt man, wenn man etwas möchte. Und Danke sagte man, wenn man etwas bekommen hat.»
    Die beiden Geistlichen sahen sich an, als wäre ihnen gerade der Leibhaftige erschienen. Pater Nau schnupperte gar in der Luft.
    «Riechst du Schwefel?», fragte Hella, lachte, nahm die Kanne und ging.
    Als sie fort war, beugte sich der Pater über den Tisch. «So ist es, mein Lieber, wenn man mit Weibern Umgang hat. Ein bisschen was von der Hölle ist immer dabei.»
    Der Antoniter nickte ernst und sah besorgt durch die offeneTür. «Vielleicht sollten wir in ihrer Gegenwart nicht so offen vom Leibhaftigen reden. Man weiß ja nie.»
    Auch Pater Nau nickte.
    Als Hella zurückkam und den Männern die Becher vollgoss, fand sie sie ins Gespräch über den neuesten Klatsch vertieft. «Und dann hörte ich, wie die Burger Katharina der Senftnerin ein freches Maul anhängte», erzählte Bruder Göck. «Aber die Senftnerin ließ sich das nicht gefallen, nahm sich ihre Magd zur Zeugin und rief nach dem Büttel. Jetzt, so heißt es, muss die Burgerin für einen Tag an den Schandpfahl.»
    «Und du, Richtersweib, was sagst du dazu?», fragte ihr Onkel.
    «Zur Burgerin?», fragte sie zurück.
    Die Männer nickten.
    Hella lächelte den Antoniter milde an und strich ihrem Onkel sanft über die Hand. «Ich dachte, nur Frauen tratschen.»
    «Tratschen! Was ist denn das für ein Ausdruck», empörte sich Bruder Göck. «Wir sind Seelsorger, wir sorgen uns um die, die uns der Herr anvertraut hat. Jede noch so unwichtige Begebenheit in dieser Stadt kann Folgen haben.»
    «Aha!», erwiderte Hella.
    «Jawohl», bestätigte Pater Nau. «Du ahnst gar nicht, wie wichtig Nachrichten sind in einer Zeit, die so schlecht ist wie die unsere. Ich sag’s ja immer. Das Leben ist ein Graus und die Erde ein Jammertal.»
    Er holte tief Luft und wollte sich weiter über die Schlechtigkeit der Welt auslassen. Da quietschte die Pfarrhaustür in ihren Angeln und fiel kurz darauf krachend ins Schloss. Ein Keuchen erklang, und schon stand Gustelies in derTür, mit ihr ein Schwall schwüler Sommerluft. Ihr Gesicht war hochrot, ein paar Haarsträhnen hatten sich unter der Haube hervorgestohlen und klebten auf ihrer Stirn. Auf der Oberlippe glitzerten kleine Schweißperlen, und ihr Busen hob und senkte sich so heftig wie eine Karavelle auf hoher See. Gustelies ließ sich auf den nächsten Schemel fallen und presste eine Hand auf ihr Herz.
    Pater Nau wollte gerade unauffällig die Weinkanne unter dem Tisch verschwinden lassen, doch Gustelies hatte schon danach gegriffen. Sie goss sich einen Becher voll und trank ihn in einem Zug leer. Dann verkündete sie mit Grabesstimme: «Bei den Gebeinen der heiligen Hildegard: In Frankfurt geht der Teufel um!»

KAPITEL 2
    «Heinz! Mach den Lärm weg! Draußen brüllen die Vögel!»
    Hella zog sich ein Kissen über den Kopf.
    «Soll ich sie vielleicht mit einem Katapult abschießen?»
    «Tu, was du willst. Aber mach sie weg», klagte Hella weiter.
    Heinz lachte leise. Er mochte es, am Morgen vom Gesang der
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