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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit
Autoren: Jack Higgins
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gebogen war, überquerte dann rasch den Kai, öffnete die Tür zu »La Belle Aurore« und ging hinein.
      Eine armselige Spelunke, typisch für diese Flußgegend, tags­ über von Matrosen und Hafenarbeitern frequentiert und nachts von Prostituierten. Die übliche Theke mit Zinkauflage, dahinter Flaschenregale, ein zersprungener Spiegel mit GitanesReklame.
      Die Frau hinter der Bar las eine alte Nummer von Paris Match; sie trug ein schwarzes Kleid, hatte strähniges, mit Was­ serstoffsuperoxyd gebleichtes Haar und war unwahrscheinlich fett. Sie blickte hoch und musterte den Jungen. »Monsieur?«
      Auf einer Seite des Cafés reihten sich Nischen aneinander, gegenüber befand sich ein kleiner Kamin, neben dem ein ein­ samer Gast an einem Marmortischchen saß, mittelgroß, blasses, durchaus aristokratisches Gesicht; über die linke Wange lief eine dünne weiße Narbe vom Auge bis zum Mundwinkel. Er trug einen dunkelblauen Burberry-Trenchcoat.
      Eric Talbot hatte qualvolle Kopfschmerzen, vor allem seitlich hinter den Ohren, und seine Nase rann unaufhörlich. Er wischte sie sich rasch mit dem Handrücken und lächelte gezwungen.
    »Agnes, Madame, ich suche Agnes.«
      »Hier gibt’s keine Agnes, junger Mann.« Sie runzelte die Stirn. »Sie sehen gar nicht gut aus.« Sie holte eine Flasche Kognak herunter und schenkte etwas davon ein. »Da, trink das wie ein braver Junge, und dann machst du dich schleunigst auf den Weg nach Hause.«
      Seine Hand zitterte, als er das Glas hob, er blickte völlig ver­ stört drein. »Aber Mr. Smith hat mich doch geschickt. Man hat mir gesagt, sie erwartet mich.«
      »Und das tut sie auch, chéri.«
      Die junge Frau, die sich am anderen Ende des Raumes aus der Nische beugte, erhob sich und kam auf ihn zu. Ihr dunkles Haar war unter einer scharlachroten Baskenmütze versteckt; sie hatte ein herzförmiges Gesicht und einen üppigen, aufreizen­ den Mund. Sie trug einen schwarzen Regenmantel aus Kunst­ stoff, einen zur Mütze passenden scharlachroten Pullover, einen schwarzen Minirock und hochhackige Stiefeletten. Sie war sehr klein, fast kindlich, was den durch und durch verderb­ ten Eindruck noch verstärkte.
      »Du siehst ziemlich elend aus, chéri. Komm, setz dich und erzähl mir alles haarklein.« Sie nickte der Dicken zu. »Ich erledige das, Marie.«
      Sie nahm ihn beim Arm und führte ihn zu der Nische, pas­ sierte den Mann am Kamin, der sie ignorierte. »Na gut, schau­ en wir uns mal deinen Paß an.«
      Eric Talbot reichte ihn herüber, und sie inspizierte ihn hastig. »George Walker, Cambridge. Gut – sehr gut.« Sie gab ihn zurück. »Wir können uns englisch unterhalten, wenn du möch­ test. Ich spreche gut Englisch. Du siehst miserabel aus. Was fixt du – Heroin?« Der Junge nickte. »Na, da kann ich dir nicht helfen, jedenfalls nicht gleich, aber wie wär’s mit ‘ner Prise Koks, um dich über die Runden zu kriegen? Genau das Richti­ ge bei dem Mistwetter, da schaffst du so ‘ne Nacht an der Seine mit links.«
    »Meine Güte, das wär toll.«
      Sie kramte in ihrer Handtasche, holte ein kleines weißes Päckchen und einen Strohhalm heraus und schob ihm beides hinüber. Im Spiegel über dem Kamin sah sie der Mann im blauen Trenchcoat fragend an. Sie nickte, er leerte sein Glas, erhob sich und verließ das Lokal.
      Talbot hatte das Briefchen geöffnet und schnupfte das Ko­ kain durch den Strohhalm. Er schloß die Augen, und Agnes goß aus der Flasche auf dem Tisch ein wenig Kognak in ihr Glas. Der Junge lehnte sich zurück, die Augen immer noch geschlossen, während sie ein Glasfläschchen aus der Handta­ sche nahm. Sie schüttete ein paar Tropfen der farblosen Flüs­ sigkeit in den Kognak und verstaute das Fläschchen wieder in die Handtasche. Der Junge öffnete die Augen.
      »Geht’s besser?« fragte sie.
      »O ja.« Er nickte.
      Sie schob ihm das Glas zu. »Trink das, und dann laß uns end­
    lich zur Sache kommen.«
      Folgsam nahm er einen Probeschluck und kippte dann den Rest hinunter. Er stellte das Glas auf den Tisch, und sie bot ihm eine Gauloise an. Der Rauch kratzte in der Kehle, so daß er husten mußte. »Und wie geht’s jetzt weiter?«
      »Erst mal zu mir nach Hause. Du nimmst die Mittagsmaschi­ ne der British Airways für den Rückflug nach London. Den Gürtel mit dem Stoff schnallst du dir um, nur nicht unter dem Zeug da, chéri. In Jeans und Parka wirst du beim Zoll garan­ tiert
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