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Hoelle auf Zeit

Hoelle auf Zeit

Titel: Hoelle auf Zeit
Autoren: Jack Higgins
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Verach­ tung.
      »Ach, du bist’s, Jago«, entgegnete sie, ebenfalls auf englisch. »Ich hasse dich wie die Pest. Du redest mit mir, als war ich der letzte Dreck.«
      »Mein liebes altes Mädchen«, sagte er gedehnt. »Habe ich mich denn nicht immer wie ein vollendeter Gentleman benommen?«
      »O ja. Du machst einen kalt und lächelst dabei freundlich. Immer wohlerzogen. Du erinnerst mich an den Mann, der zu dem französischen Zöllner sagte: ›Nein, ich bin kein Auslän­ der, ich bin Brite.‹«
      »Waliser, um ganz genau zu sein, aber den feinen Unter­ schied würdest du ja sowieso nicht erkennen. Ich nehme an, Valentin hat wie üblich penetrant gut funktioniert?«
      »Wenn du damit meinst, ob er die Drecksarbeit für dich erle­ digt hat – ja.«
      »Nicht für mich. Für Smith.«
      »Kommt aufs selbe raus. Du spielst den Killer für Smith, wenn’s dir in den Kram paßt.«
      »Selbstverständlich.« Er wirkte irgendwie erstaunt und zu­ gleich belustigt. »Aber mit Stil, mein Schätzchen. Valentin dagegen würde seine Großmutter umbringen, wenn er glaubt, die Leiche zu einem guten Preis an die Anatomie verscheuern zu können. Und wenn wir schon mal dabei sind, erinnere dei­ nen Zuhälter daran, daß er laufend Kontakt zu halten hat, falls das Gericht die Leiche früher als sonst weiterleiten sollte.«
      »Er ist nicht mein Zuhälter, sondern mein Freund.«
      »Ein drittklassiger Gangster, der sich mit seinen Kumpanen in den Straßen herumtreibt und sich einzureden versucht, er war Alain Delon in Borsalino. Ohne seine Pferdchen könnte er sich nicht mal Zigaretten leisten.«
      Er machte kehrt und ließ sie stehen ohne ein weiteres Wort, pfiff unmelodisch vor sich hin, während Agnes ebenfalls da­ voneilte und nur bei der nächsten Telefonzelle anhielt, um die Polizei anzurufen.
      »Ich bin eben an der Laderampe nördlich von der Rue de la Croix vorbeigegangen und hab da was im Wasser gesehen, das wie ‘ne Leiche aussah.«
      »Ihr Name, bitte«, sagte der diensthabende Beamte, aber sie hatte den Hörer bereits eingehängt und hastete weiter.
      Der Diensthabende füllte den entsprechenden Vordruck aus und gab ihn dem Fahrdienstleiter. »Schick mal einen Streifen­ wagen hin.«
      »Vielleicht war’s ein Spinner, was meinst du?«
      Der andere schüttelte den Kopf. »Eher ‘ne Hure, die sich nachts in der Flußgegend ihre Freier kapert und sich bloß aus dem Fall raushalten will.«
      Der Fahrdienstleiter nickte und gab die Einzelheiten einem in der Nähe patrouillierenden Streifenwagen durch. Das hätte sich freilich erübrigt, denn im gleichen Augenblick ging der Gen­ darm, der zuvor mit Eric Talbot gesprochen hatte, die Rampe hinunter, um seine Notdurft zu verrichten, und entdeckte dabei die Leiche.

    In Anbetracht der Umstände mußte die polizeiliche Untersu­ chung oberflächlich bleiben. Der Gendarm, der die Leiche gefunden hatte, befragte Marie im Café »La Belle Aurore«, die sich indes von jeher eisern an die Grundregel hielt, daß es sich in ihrem Gewerbe stets auszahlte, nichts gesehen oder gehört zu haben. Ja, der junge Mann hatte das Café besucht. Er hatte sich erkundigt, wo er eventuell ein Zimmer finden könnte. Er hatte einen kranken Eindruck gemacht und einen Kognak verlangt. Sie hatte ihm zwei Adressen gegeben, und er war wieder gegangen. Ende.
      Am nächsten Morgen fand die übliche Leichenschau statt und drei Tage später die gerichtliche Untersuchung, wobei der Untersuchungsrichter angesichts des ärztlichen Befundes zu dem einzig möglichen Spruch gelangte: Tod durch Ertrinken unter Alkohol- und Drogeneinfluß.
      Am gleichen Nachmittag wurde der Leichnam des als Walker bekannten Jungen in die öffentliche Leichenhalle in der Rue St-Martin eingeliefert, wo die entsprechenden Urkunden für die britische Botschaft ausgefertigt werden sollten – Unterlagen, die den Adressaten nie erreichten dank einer Kusine von Va­ lentin, einer alten Leichenwäscherin, die das betreffende Päck­ chen abfing, bevor es das Gebäude verließ.
      Etwaige Fragen erübrigten sich, als am folgenden Morgen Jago persönlich auftauchte und als angeblicher Kulturattache der britischen Botschaft sämtliche notwendigen Unterlagen präsentierte. Das renommierte Bestattungsinstitut Chabert & Fils würde für einen geeigneten Sarg sorgen und alle weiteren Formalitäten erledigen. Die gramgebeugte Familie hatte die Überführung in einer Chartermaschine
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