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Hochzeit auf Raten

Hochzeit auf Raten

Titel: Hochzeit auf Raten
Autoren: Paul Georg Kaufmann
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Unglückliche!«
    Ich: »Bist du mit anderen Männern ausgegangen?«
    Sie (unter der Wucht der Anklage zusammenbrechend):
    »Ja! «
    Ich: »Bist du mit anderen Männern tanzen gewesen?«
    Sie: »Ja!«
    Ich: »Hat dich ein anderer Mann geküßt?«
    Sie:---
    Ich (kühl): »Das genügt. Du wirst einsehen, daß für mich als Mann von Ehre und Charakter kein anderer Ausweg bleibt als die Trennung.«
    Sie: »Ich sehe es ein.«
    Ich (erhaben): »Lebe wohl! Wir wollen Freunde bleiben!«
    Sie (schwach): »Leb wohl!«
    Es war mir klar, daß ich Schmerzen leiden würde. Doch besser ein gebrochenes Herz als ein zerrütteter Verstand.
    Entschlossen ging ich ans Werk und führte sie in ein Kellerlokal, in dem man im Mittelalter Ehebrecherinnen gefoltert haben soll.
    Als wir das erste Glas geleert hatten, stieß ich mit düsterer Stimme hervor: »Ich weiß alles!«
    Dieses »Ich weiß alles« war leider auch alles, was von meinen Heimübungen übrigblieb.
    Anstatt zu erblassen, erwiderte sie fröhlich: »Wie schön! Ich fürchtete schon, du unterschöbst mir Dinge, die gar nicht existieren.«
    Nein, so leicht sollte sie mich nicht aus dem Konzept bringen.
    »Ich weiß von Dingen«, setzte ich drohend fort, »die dir kein gutes Zeugnis ausstellen.«
    »Ach!«
    »Oder findest du es in Ordnung, daß du dich mit dahergelaufenen Männern herumtreibst?«
    »Ich wußte nicht«, erwiderte sie unschuldsvoll, »daß du dich für einen dahergelaufenen Mann hältst.«
    »Ich bin nicht der einzige Mann.«
    »Gott sei Dank! Was täten sonst die anderen Frauen!«
    »Du willst mich lächerlich machen«, sagte ich böse.
    »Du bist lächerlich!«
    »Ich weiß, daß du dich auch mit anderen Männern triffst«, beharrte ich.
    »Und?«
    So viel Frivolität verschlug mir die Sprache.
    »Du gibst zu, daß du mich betrügst?« stammelte ich.
    »Ich gebe gar nichts zu.«
    »Doch!«
    »Nein!«
    »Erlaube mal! Du scheinst mich wohl für einen Idioten zu halten?«
    »Das ist das erste vernünftige Wort, das ich heute abend von dir höre.«
    Es stand außer Zweifel: das Gespräch verlief nicht besonders erfolgreich. Ich ließ eine neue Runde kommen und hieb auf den Tisch: »Hast du dich nun mit anderen Männern getroffen, ja oder nein?«
    »Ja! Aber ich habe dich nicht betrogen.«
    »Du wirst mir doch nicht einreden wollen«, höhnte ich, »daß du dich mit diesen Kerlen getroffen hast, um zu Abend zu essen oder um dir einen Film anzusehen?«
    »Genau das will ich!«
    »Und du glaubst, daß sich ein Mann damit zufriedengibt?«
    »Mir hat es genügt.«
    Ich packte sie bei den Handgelenken: »Sie werden dir doch den Hof gemacht haben?«
    »Gewiß!«
    »Sie werden auch zudringlich geworden sein. Sie werden versucht haben, dich zu küssen, und - und -«
    »Du brauchst nicht deutlicher zu werden.«
    »Na also!“
    »Was also?«
    Ich holte tief Atem: »Ich denke, du verstehst mich.«
    »Nein, mein Liebling, ganz und gar nicht.«
    »Wenn ein Mann dich zu küssen versucht«, sagte ich mit der eindringlichen Geduld eines Hilfsschullehrers, der einem Zögling das Einmaleins beibringen will, »dann hast du ihn sicherlich auch wiedergeküßt.«
    »Ich habe noch keinen Mann geküßt.«
    »Aber du hast dich küssen lassen?«
    »Das ist wieder etwas anderes.«
    »Aha!«
    »Ich habe es dir doch auch gestattet.«
    »Meine Person zählt nicht«, schrie ich und hieb zum zweitenmal auf den Tisch.
    »Schade«, sagte sie sanft. »Ich war eigentlich anderer Meinung.«
    Unvermittelt versank ich in abgrundtiefe Melancholie.
    »Du hast mich zum Narren gehalten«, murmelte ich.
    »Ja«, sagte sie ernsthaft, »ich habe noch niemanden gefunden, der sich so wunderbar dafür eignet. Das ist auch der Grund, warum ich dich liebe. Genügt dir das?«
    Was dann kam, war so aufregend, daß ich eine Pause einle-gen mußte.
    »Ich finde es überflüssig, daß du dich mit anderen Männern triffst«, ließ ich mich, reichlich atemlos, endlich wieder vernehmen.
    »Du bist eifersüchtig«, konstatierte sie befriedigt.
    Ich lachte laut und sehr anhaltend: »Eifersüchtig? Ich? Du vergißt, daß wir nicht mehr im achtzehnten Jahrhundert leben. Ich bin lediglich vom Grundsätzlichen ausgegangen.«
    »Und grundsätzlich meinst du, daß ich das nicht tun dürfte?«
    »Oh — du darfst selbstverständlich alles. Ich könnte mir nur vorstellen, daß du gewisse Dinge nicht mehr nötig hast.«
    »Wenn ich es mir genau überlege«, sagte sie nachdenklich, »habe ich das Gefühl, du hast recht.«
    Ich war sehr
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