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Hochgefickt

Titel: Hochgefickt
Autoren: Nathalie Bergdoll
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Pfleger dem Boulevard-Heini dann auch noch wahrhaftig ein paar heimlich geschossene Fotos von »Luder-Lina im Koma«. Die hatten Jens und ich montags gemacht, als Renate und Günther im Park spazieren waren, ganz furchtbare Bilder, auch qualitativ bewusst auf Amateur getrimmt, auf denen ich mit zerschrammtem Gesicht an diversen Hightech-Maschinen angeschlossen bin und mit schiefer Grimasse das sabbernde Häufchen Elend abgebe.
    Definitiv undruckbare Bilder, eigentlich – aber wenn man dafür schon so viel Geld bezahlt hat und weiß, dass man sie exklusiv hat, ist man da wohl nicht mehr so kritisch – zumal blöderweise die teuren Lady-Di-Fotos »aus Pietätsgründen« noch immer in der Schublade lagen. Aber Lina Legrand lebte ja schließlich noch – so halbwegs –, also konnte man das doch in diesem Fall ruhig veröffentlichen.
    Am Sonntag nach Ostern brachte eine große Zeitung also ganze acht Seiten zum Thema Lina Legrand (die Bunte hatte mir am Donnerstag auch schon mehrere Seiten freigeräumt, auf denen die Stationen der letzten Jahre noch mal aufgerollt wurden), allerdings unterschied sich diese Strecke von allen anderen dadurch, dass sie die aktuellsten Fotos und Infos von mir beinhaltete: »Zwillinge tot! Lina immer noch im Koma! Wird sie nie mehr wach?« – die hatten das tatsächlich abgedruckt. Der Sturm der Entrüstung, den diese Veröffentlichung entfachte, war natürlich gewaltig, und Renate und Günther waren echt fertig, als sie die Zeitung sahen, also nahm ich sie ihnen weg.
    »Mama, Papa, guckt euch das besser nicht an, es sieht wirklich furchtbar aus! Freut euch einfach, dass es mir und eurem Enkelkind in Wirklichkeit so gut geht, nächste Woche fahren wir hier weg, und dann ist endlich alles O.K., ja?«, versuchte ich sie aufzumuntern. »Sabine wird morgen eine Pressekonferenz geben und mit dermaßen hohen Entschädigungsforderungen …«
    »Ich will da auch hin!«, fiel Renate mir ins Wort.
    »Wie, zusammen mit Sabine? Aber Ralf sollte doch eigentlich …« Ich war über ihren Aktionismus irritiert, Günther übrigens auch.
    »Ich wusste ja auch vorher noch nicht, dass die das tatsächlich so in die Zeitung bringen. Und Ziel dieser Konferenz ist doch, dass wir danach komplett Ruhe haben, oder nicht?!«, fragte Renate aufgebracht.
    Ich nickte. Auch wenn ich überrascht war, dass sie auf einmal so vehement forderte, dabei zu sein, kannte ich sie auch gut genug, um zu wissen, wann es sich nicht lohnte, ihr etwas ausreden zu wollen – die Luft konnte ich mir in diesem Fall sparen, das war mir sofort klar. Also sprach ich mit Ralf und Sabine, die das wiederum für eine grandiose Idee hielten, wenn Renate und Günther mit dabei wären, und so traten die vier am Montagvormittag gemeinsam zur Medienschelte an. Jens und ich saßen in meiner kleinen Klinik-Kemenate und verfolgten die bei RTL live übertragene Pressekonferenz.
    Nachdem Sabine und Ralf recht sachlich, aber doch mit reichlich Nachdruck ihre Missbilligung gegenüber dieser Art der Berichterstattung zum Ausdruck gebracht und sich jede weitere Verfolgung seitens der Presse unter Androhung von Rechtsmitteln und hohen Schmerzensgeldklagen verbeten hatten, fragte einer der anwesenden Reporter, ob das nicht alles ein bisschen übers Ziel hinausginge. Schließlich hätte Lina Legrand ja immer die Nähe zu den Medien gesucht, und die Leser/Zuschauer hätten nun doch auch ein Recht darauf, die Wahrheit zur aktuellen Situation zu erfahren. Das war der Moment, in dem Renate anscheinend die Nerven durchgingen, sie sprang auf und funkelte mit viel Zorn im Blick in die Richtung des Fragestellers.
    »Wer hat ein Recht darauf, mein Kind so zu sehen? Sie? Ich glaube kaum, junger Mann, Sie und Ihre Kollegen sollten sich schämen. Genau, SCHÄMEN SOLLTEN SIE SICH, ALLEMALE!!! Ich habe die Öffentlichkeit noch nie gesucht, mein einziges Kind liegt schwer verletzt im Koma, ich habe meine ungeborenen Enkelkinder verloren! Meine Tochter hat nie jemandem geschadet – außer sich selbst vielleicht, das alles hier hat sie nicht verdient, und wir auch nicht!« Günther legte den Arm um sie und zog sie sanft zu ihrem Stuhl. »Lass mich, ich bin noch nicht fertig mit diesem Gesocks hier!«, rief sie und schob seinen Arm beiseite.
    »Für Sie zählt nur die Auflage, nur die Quote, und alles Menschliche ist Ihnen fremd! Wenn Sie nur einen Funken Anstand hätten, täten Sie uns in so einer Situation in Ruhe lassen! Wie fänden Sie das, wenn Ihr Kind auf Leben
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