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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual
Autoren: F. Paul Wilson
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Jack. Ich würde doch niemals …« Er hielt inne, dann entblößte er wieder seine Zahnlücken – in einem Grinsen. »Du Mistkerl. Jetzt hast du mich beinahe ausgetrickst!«
    Jack rutschte von seinem Barhocker und gab Barney einen freundschaftlichen Klaps auf den Rücken. »Vielen Dank für die Auskunft, Kumpel.« Er gab Julio mit der Hand ein Zeichen. »Gib Barney noch einen Drink auf meine Rechnung.«
    »Hey, danke, Jack. Bleib doch noch, dann kann ich dir auch einen ausgeben.«
    »Ein andermal, Barney. Ich muss jetzt in die Kirche.«
     
     

3
     
    Jack fand die Kirche St. Joseph in einer Straße auf der Lower East Side inmitten einer Ansammlung heruntergekommener Mietskasernen. Der alte neugotische Granitbau mit seinen reich verzierten Zwillingstürmen und dem großen Rosettenfenster gefiel ihm auf Anhieb. Allerdings hätte ihm eine Generalreinigung sicherlich gut getan. Links stand ein Klostergebäude, und der kleinere Bau auf der rechten Seite war das Pfarrhaus.
    An die Tür des Letzteren klopfte Jack. Eine hagere ältere Frau mit fleckiger Schürze öffnete. Als er sie fragte, ob er Father Ed sprechen könne, versuchte sie ihm zu erklären, dass er bis zum Nachmittag niemanden empfangen könne. Da er sich jedoch nicht so leicht abwimmeln ließ, meinte Jack, sie solle ihrem Chef bestellen, dass Jack – nur Jack – zu ihm wolle.
    Das brachte den gewünschten Erfolg.
    Father Edward Halloran – der Edward, der Jack engagiert hatte, um auf seinen »Bruder« Eli aufzupassen – begrüßte ihn in seinem kleinen unaufgeräumten Büro mit einer Mischung aus Herzlichkeit und Misstrauen.
    »Ich hätte mir eigentlich denken können, dass Sie mich irgendwann finden würden«, sagte er, während er ihm die Hand entgegenstreckte.
    Jack schüttelte sie, wobei er sich über seine Gefühle nicht ganz im Klaren war. Als er Edward in seinem Priesterkragen vor sich sah und seinen kräftigen irischen Akzent hörte, kam er sich vor wie in einer Szene von Der Weg zum Glück. Jeden Moment würde Bing Crosby durch die Tür hereinrauschen. Trotzdem hatte er Jack angelogen. Und zwar gründlich.
    »Ich dachte immer, Priester müssten stets die Wahrheit sagen.«
    »Das stimmt auch.« Der kleine Mann nahm hinter seinem Schreibtisch Platz und deutete einladend auf einen Stuhl. »Und genau das habe ich getan.«
    Jack blieb stehen. »Sie haben Bellitto als Ihren Nachnamen angegeben, Father Halloran.«
    »Niemals. So etwas ist nicht über meine Lippen gekommen.«
    »Sie sagten, Eli Bellitto sei Ihr Bruder. Das ist dasselbe.«
    Father Ed lächelte Jack wie ein leibhaftiger Weihnachtsengel an. »Der Herr sagt, alle Menschen sind Brüder, wussten Sie das nicht?«
    »Können wir vorläufig auf derartige Wortspielereien verzichten?« Jack stützte sich auf den Schreibtisch und fixierte den Priester ungehalten. »Ich bin nicht hergekommen, um Ihnen irgendwelchen Ärger zu machen. Ich wollte nur wissen, was das alles zu bedeuten hatte. Woher wussten Sie, dass Eli Bellitto ein Kind entführen würde?«
    Father Ed blickte an Jack vorbei, als wollte er sich vergewissern, dass die Tür geschlossen war, dann seufzte er. Er drehte sich in seinem Sessel und starrte ins Leere.
    »Er hat es mir erzählt.«
    »Warum? Kannten Sie ihn?«
    Der Kopf des Priesters zuckte herum. »Kannten?«
    »Verzichten wir darauf, näher auf diesen Punkt einzugehen. Warum hat er es Ihnen mitgeteilt?«
    »Keine Ahnung. Vergangenen Samstag hörte ich nebenan die Beichte, als plötzlich dieser Mann in meinen Beichtstuhl kam und erzählte, er habe Hunderte von Kindern umgebracht und wolle jetzt die Absolution.«
    »Haben Sie ihm geglaubt?«
    Der Priester zuckte die Achseln. »Im Beichtstuhl hört man oft die verrücktesten Geschichten. Ich glaubte ihm natürlich und erklärte ihm, um die Absolution zu erhalten, müsse er sich den Behörden stellen. Er lachte und erwiderte, das könne er unmöglich tun. Tatsächlich würde er in der nächsten Woche, wenn der Mond am Himmel steht, ein weiteres Kind töten. Dann verschwand er.«
    »Woher wussten Sie, dass es Eli Bellitto war?«
    »Ich bin ihm gefolgt«, sagte er und sah aus, als schämte er sich. »Ich wusste nicht, ob er gesponnen oder die Wahrheit gesagt hatte. So oder so wirkte er ziemlich verrückt. Ich verließ den Beichtstuhl, nahm den Kragen ab und folgte ihm bis zu seinem Laden. Weit hatte ich nicht zu gehen. Doch während ich vor dem Laden stand, fiel mir eine dritte Möglichkeit ein. Vielleicht hegte er irgendeinen Groll
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