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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual
Autoren: F. Paul Wilson
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Für immer.
    Die Tatsachen sagten eindeutig, dass es nicht Jacks Schuld gewesen war, aber die Tatsachen hielten Jack nicht davon ab, sich selbst die heftigsten Vorwürfe zu machen. Und einer bestimmten anderen Person …
    Er hatte den Mann gesucht, von dem er annahm, dass er für alles verantwortlich war, einen Mann, dessen richtigen Namen er nicht kannte, der sich jedoch früher Sal Roma genannt hatte, und vielleicht auch Ms. Aralo. Er erkundigte sich bei allen möglichen Stellen, gab eine Suchmeldung heraus. Aber niemand wusste irgendetwas. Niemand hatte je von ihm gehört. Jack bekam das zurück, worum er sich selbst ständig bemühte – Sal Roma schien nicht zu existieren.
    Kate … sie könnte noch am Leben sein, wenn er die Dinge nur auf seine Art in Angriff genommen hätte, anstatt darauf zu hören, was …
    Stopp. Es hatte keinen Sinn, erneut auf diese reichlich ausgefahrene Straße einzubiegen. Er hatte die Anrufe seines Vaters nicht erwidert. Und nach einer Weile hörten sie auf.
    Er lächelte Gia verkniffen an. »Tut mir leid, aber Pseudofreaks bringen mich in Rage.«
    »Die hier können doch nicht viel schlimmer sein als die, mit denen du die meiste Zeit deines Tages verbringst.«
    »Die sind aber anders. Sie sind echt. Ihre Abartigkeit kommt von innen. Sie wachen schon abartig auf. Sie kleiden sich seltsam, weil sie morgens die Hand ausstrecken und tagsüber das an Kleidung tragen, was sie als Erstes berühren. Diese Leute hier verbringen Stunden vor dem Spiegel, um sich zu einem abartigen Aussehen zu verhelfen. Meine Irren haben Frisuren, bei denen das Haar in zwanzig verschiedenen Richtungen vom Kopf absteht, weil es das schon tat, als sie sich aus dem Bett gewälzt haben. Aber diese Leute hier benutzen Kräutershampoo, eine halbe Tonne Gel und einen Spezialkamm, um auszusehen, als wären ihre Haare ungewaschen und sie gerade erst aus dem Bett aufgestanden. Meine Irren folgen keinem Trend und gehören zu keiner Clique. Diese Leute hier wollen unbedingt dazugehören, aber das soll niemand bemerken. Daher versuchen sie, sich gegenseitig darin zu übertreffen, wie Außenseiter auszusehen.«
    Gias Mund verzog sich. »Und der größte Außenseiter von allen sitzt gleich hier in einem karierten kurzärmeligen Hemd, einer Jeans und Arbeitsstiefeln.«
    »Und verbringt den Abend damit, sich anzusehen, wie Ambitionen und Heucheleien aufeinander prallen. Die augenblickliche Begleitung natürlich ausgenommen.«
    Eine der vielen Eigenschaften, die er an Gia liebte, war die Tatsache, dass sie keine Heuchelei kannte. Ihr Haar war von Natur aus blond und aus rein praktischen Gründen kurz geschnitten. Heute Abend trug sie eine beige lange Hose und ein ärmelloses türkisfarbenes Top, das das Blau ihrer Augen unterstrich. Ihr Make-up bestand aus einem Hauch Lippenstift. Mehr brauchte sie nicht. Sie wirkte blitzsauber und gesund, ein ganz und gar nicht im Trend liegender Look in dieser Subkultur.
    Doch die Subkultur war eingesickert in die Überkultur, das Geschehen am Rand war zum Mainstream geworden. Vor Jahren hatten Bauarbeiter Langhaarige mit Ziegelsteinen beworfen und sie als Schwuchteln beschimpft, jetzt wimmelte es auf allen Baustellen von Pferdeschwänzen und Ohrringen.
    »Vielleicht wird es Zeit, dass ich mich selbst auch herausputze«, sagte Jack.
    Gias Augenbrauen ruckten hoch. »Du denkst an Piercen? Du dich?«
    »Nun ja. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich schon darum auffalle, weil ich nicht geschmückt und bepinselt bin.«
    »Bepinselt?«
    »Du weißt schon – tätowiert.«
    Alle schienen dieser Mode zu frönen, und wenn er weiterhin so gut wie unsichtbar sein wollte, würde er dem Trend der Massen wohl folgen müssen.
    »Aber nichts Permanentes«, fügte er hinzu. Er wollte auf keinen Fall seine Chamäleonfähigkeiten verlieren. »Vielleicht ein Ohrclip oder ein, zwei von diesen abwaschbaren Tattoos.«
    »Hast du so was nicht mal mit deinen Fingern gemacht?«
    »Daran erinnerst du dich noch?« Falsche Knasttätowierungen. Mit Zeichentinte. Es war eine einmalige Sache gewesen in Zusammenhang mit einem ziemlich heiklen Auftrag, nach dessen Erledigung zwei mordgierige Angehörige einer Bande aus Brighton Beach einen Tobsuchtsanfall bekamen und die fünf Verwaltungsbezirke New Yorks nach einem Kerl mit HELL-BENT-Tätowierungen auf den Fingerknöcheln durchkämmten. Er hatte die Verzierungen damals nicht schnell genug abwaschen können. »Nein, ich glaube, ich brauche etwas Großes und
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