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Historical Saison Band 20

Historical Saison Band 20

Titel: Historical Saison Band 20
Autoren: Marguerite Kaye , Joanna Fulford
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schief. „Ich muss Ihnen danken, dass Sie nicht um Hilfe gerufen haben. Ich stehe in Ihrer Schuld.“ Unvermittelt zog er sie an sich, und sie wehrte sich nicht. Ihre Lippen auf den seinen waren warm, süß, köstlich – und es war viel zu schnell vorbei. Nur zögernd ließ er sie los und sagte rau: „Ich muss fort. Und Sie, Madam, müssen tun, was Sie für richtig halten.“
    „Einen Moment, Sir! Ich weiß nicht einmal, wie Sie heißen.“
    Der Einbrecher lachte leise. „Ich könnte es Ihnen sagen, aber dann müsste ich Sie töten.“
    Und schon rannte er quer über den Rasen davon. Völlig verwirrt schaute Deborah ihm nach, bis seine schattenhafte Gestalt mit der Dunkelheit verschmolz. Die Turmuhr schlug die volle Stunde. Von oben aus dem Haus hörte sie das leise, durchdringende Schlagen einer zweiten Uhr. Die französische Uhr? Sie schaute hinauf und sah, dass das Fenster des Großen Salons weit offen stand. Behutsam legte sie einen Finger auf ihre Lippen, da, wo der Einbrecher sie geküsst hatte.
    Geküsst … von einem gewöhnlicher Dieb!
    Nein. Ein Einbrecher mochte er sein, doch ganz gewiss nicht gewöhnlich. Sein Tonfall war der eines gebildeten Mannes. Er trat auf wie jemand, der es gewohnt war zu befehlen. Sein Mantel war aus feinster Wolle, und wenn sie recht überlegte – seine Stiefel waren von hervorragender Machart und blitzblank poliert. Er roch nach frischer Wäsche und nur kaum merklich nach Leder und Pferd. Vermutlich hatte er sein Reittier irgendwo in der Nähe angebunden. Sie horchte eindringlich, hörte jedoch nichts als den Wind, der wispernd durch die kahlen Bäumen fuhr.
    Sie sollte den Earl wecken. Mindestens jedoch die Dienerschaft. Deborah runzelte die Stirn. Was immer der Mann gestohlen hatte, musste er an seinem Körper verborgen haben, denn er hatte keinen Sack oder ähnliches für seine Beute bei sich getragen. Dokumente vielleicht? Trotz der mühsamen Aufgabe, Jeremys Angelegenheiten in Ordnung zu bringen – eine Aufgabe, über die zu klagen sein Cousin nie müde wurde – hatte Lord Kinsail seine aktive Rolle im Staatsdienst nicht aufgegeben. Also war der Einbrecher ein Spion? Das klang schon einleuchtender, wenn auch der Krieg so lange schon vorbei war, dass es solcher Aktivitäten kaum noch bedurfte. Und der Mann hatte weder ausgesehen wie ein Verräter, noch sich so angehört.
    Deborahs Lachen, das sie so eben noch im Keim erstickte, klang ein klein wenig hysterisch. Sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie wohl ein Spion oder ein Einbrecher aussah!
    Das alles war doch nicht plausibel. Ein wenig zu spät kam ihr in den Sinn, dass das, was Lord Kinsail für viel weniger plausibel halten würde, ihre Anwesenheit hier draußen war. Und er würde wissen wollen, warum sie nicht sofort Alarm geschlagen hatte. Was sollte sie sagen, da sie doch die Antwort darauf selbst nicht wusste? Es war ja nicht so, als wenn der Dieb sie bedroht hätte! Sie hatte nicht einmal richtig Angst gehabt, eher … ja, was?
    Der Gedanke, Jacobs bohrende Fragen über sich ergehen lassen zu müssen, festigte ihren Entschluss. Sie würde ihm keinen weiteren Grund geben, sie mit Geringschätzung zu behandeln. In der Tat, beschloss Deborah, war jetzt der richtige Moment, sich von Lord Kinsail und seinem verfluchten Haus zu befreien. Die Tatsache, dass sie verfehlt hatte, Jeremy einen Erben zu schenken, barg einen winzigen, aber tröstlichen Vorteil: Sie oblag nicht der Verpflichtung, mit seiner Familie eine Verbindung aufrechtzuerhalten. Lord Kinsail mochte ihr jeden Penny ihrer mageren Witwenrente missgönnen, die er ihr sowieso nur unregelmäßig, und oft nur nach mehrmaligem Mahnen, zuteilte, sehr wahrscheinlich aber konnte er sie ihr nicht völlig verweigern. Dennoch war sie nun fest entschlossen, einen Weg zu finden, ohne diese Zuwendung durchzukommen. Zum Teufel mit den Folgen; dieser Besuch auf Kinsail Manor würde ihr letzter sein!
    Nun fühlte sie sich schon viel besser. Behutsam schloss Deborah die Tür hinter sich und eilte hinauf ins dritte Stockwerk, zu ihrem kleinen Zimmer. Am Morgen würde man entdecken, was immer der kühne Einbrecher mitgenommen hatte. Da er längst fort war, nützte es nun auch nichts mehr, den Haushalt zu alarmieren.
    Heftig gähnend legte sie den schweren Mantel und ihre schmutzigen Stiefel ab und verstaute die letzteren tief in ihrem Kleiderschrank, wo sie den Blicken des neugierigen Hausmädchens entzogen waren. Als sie ihr Abbild im Spiegel entdeckte, zog sie
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