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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
Autoren: Michael Böckler
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nichts Verdächtiges feststellen. Nun goss er etwas Wein in ein Glas und hielt dieses gegen die weiße Wand. Die intensive Rubintönung war für den Sassicaia charakteristisch. Er ließ den Wein im Glas rotieren, steckte seine Nase hinein und nahm den Duft auf. Schwarze Johannisbeeren, reife Brombeeren, leichte Zedernnoten … Perfekt, ganz so wie sich dieser großartige Cabernet von der Tenuta San Guido zu präsentieren pflegte. Kein bisschen Fremdaromen. Jetzt war er sich so gut wie sicher. Die Behauptung, der Wein sei vergiftet, war nichts anderes als ein billiger Bluff.
    Er war kurz davor, aus dem das Glas zu trinken, da fiel sein Blick auf seine Katze. Sulawesi mochte Wein, das wusste er. Rettenstein grinste. Einen Sassicaia hatte er ihr bislang noch nie kredenzt, so weit ging seine Liebe nicht. Er holte aus der Küche eine Schale, füllte sie mit dem edlen Tropfen und stellte sie auf den Boden. Es dauerte nicht lange, bis Sulawesi auf seine Lockungen reagierte. Sie kam näher, roch an der Schale, tauchte eine Pfote hinein und schleckte diese ab. Von der Degustation offenbar überzeugt, begann sie den Wein aufzuschlabbern. Rettenstein lobte ihre Weinkennerschaft. Vor allem war er erleichtert zu sehen, dass sie sich dabei bester Gesundheit erfreute. Ein Bluff, hatte er es doch geahnt! Die Katze hatte ein feines Näschen, sie würde sich nie und nimmer vergiften. Rettenstein ging zum Tisch, zog das Messer heraus, knüllte das Papier mit der lächerlichen Botschaft zusammen, goss den restlichen Wein in sein Glas und führte es zum Mund.
    Sein Glück war, dass er Sulawesi aus Spaß zuprosten wollte. Und so sah er im letzten Augenblick, wie sich seine Katze in der Ecke zusammenkrümmte, noch kurz zuckte, auf den Rücken rollte und ekelhaft verrenkt erstarrte.

5
    V or dem Cinghiale hatte sich Hippolyt als Antipasto für Bruschetta entschieden. Und zwar für Bruschetta con lardo*, geröstete Brotscheiben mit hauchdünn geschnittenem Speck. Er hatte eine Vorliebe für die einfachen italienischen Gerichte, für die Klassiker der »cucina povera«, der Küche der armen Leute. Dazu ein gutes Glas Wein – und sein kulinarisches Glück war vollkommen. Den Wein hatte er bereits eingegossen, nun aber doch nicht den vorgesehenen Barbaresco von Giorgio Rivetti, denn Sabrina hatte ihre eigene Flasche mitgebracht, einen Brunello von der Tenuta del Leone, die sie im Auftrag ihres Vaters seit einigen Monaten leitete. Aber das war eine andere Geschichte. Jedenfalls war der Brunello durch die Fahrt gut durchgeschüttelt, lag auch temperaturmäßig nicht gerade im grünen Bereich – und mundete trotzdem ganz wunderbar, was wieder mal bewies, dass man alles nicht so ernst nehmen sollte.

    Sabrina saß mit übereinandergeschlagenen Beinen auf dem Küchentisch, ihr Weinglas in der Hand. Aus dem Wohnzimmer war ein Violinkonzert zu hören. Sie fühlte sich wohl. Wie immer, wenn sie in Hipps Nähe war. Von den Verletzungen nach ihrem schweren Autounfall hatte sie sich komplett erholt, auch war ihr Erinnerungsvermögen fast vollständig zurückgekehrt. Was blieb, war ein nur schwer beschreibbares Gefühl der Unsicherheit und des generellen Misstrauens anderen Menschen gegenüber. Sie war häufig nervös und leicht reizbar. Aber diese Anspannung war wie weggeblasen, kaum war sie mit Hipp zusammen. Sie genoss diese seltenen Stunden, die zeitlose Ruhe in seinem Haus, seine Gelassenheit, die Gespräche, die mal albern waren und heiter, dann wieder tiefgründig und ernsthaft. Sie ließ sich gerne von ihm berühren, freute sich schon jetzt darauf, in seinen Armen einzuschlafen. Sie vermied es, mit ihm über ihre psychischen Probleme zu sprechen. Wahrscheinlich wusste er sowieso, wie es um sie stand. Er schien es immer zu wissen, vom ersten Moment ihrer Begegnung an.

    Sabrina sah ihm zu, wie er den schneeweißen Speck in hauchdünne Scheiben schnitt. Er erwähnte, dass der Lardo* aus Colonnata in der Toskana stamme, einem kleinen Ort in den weltberühmten Marmorsteinbrüchen von Carrara, dass er aus dem Rücken von schweren Landschweinen gewonnen würde, raffiniert gewürzt, zum Beispiel mit Lorbeer, Nelken, Rosmarin, Zimt und Pfeffer, dann mit Meersalz in Trögen aus Carrara-Marmor eingelegt, wobei diese vorher mit Knoblauch ausgerieben würden, schließlich mit einem Marmordeckel beschwert und einer mehrmonatigen Reifezeit überlassen. Die Marmortruhen sähen aus wie kleine Särge.
    Hipp röstete in der Pfanne einige Brotscheiben, rieb diese
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