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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
Autoren: Michael Böckler
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nicht mehr von einem Unglück sprechen, sondern von Mord.«
    »Was journalistisch viel ergiebiger wäre«, stellte Riccardo fest.
    »Die Realität richtet sich gottlob nicht nach Ihren journalistischen Bedürfnissen. Dunque, wir alle wissen, dass es unter den Trüffelsuchern erhebliche Rivalitäten gibt. È vero! Mag sein, dass Ildefonso in diesem Wäldchen unerwünscht war. È possibile! Dann hätte man die Reifen seines Autos aufgestochen oder seinen Hund vergiftet. È giusto! Aber erschossen? Nein, erschossen wird deshalb niemand, glauben Sie mir.«
    Riccardo schüttelte zweifelnd den Kopf. »Was ist eigentlich aus der Trüffel geworden, die Ildefonso noch als Leiche in den Händen hielt?«, wollte er wissen.
    Viberti lächelte. »Das ist die erste intelligente Frage, die Sie heute stellen. Der Tartufo ist von meinen Kollegen in Asti zunächst als Beweisstück aufgenommen worden. Er wurde fotografisch erfasst, gewogen und protokolliert. Nach einem Tag in der Asservatenkammer hat man die Blutspuren sachkundig entfernt und die Trüffel an ein Ristorante verkauft. Dort wurde sie meines Wissens über Bandnudeln gehobelt. Der Verkaufserlös ging an die bedauernswerte Witwe.« Viberti machte eine kurze Pause. »Und nun interessiert mich Ihre Meinung.«
    Riccardo sah den Maresciallo ratlos an. »Meine Meinung? Wozu?«
    »Zum Bicerin vor Ihrer Nase. Falls Sie wissen, was ich sehr bezweifle, wo es etwas so Köstliches in Mailand gibt, dann rufen Sie mich an.« Viberti setzte seine Uniformmütze auf und deutete mit zwei Fingern an der Krempe einen Gruß an. »Aber nur dann! Arrivederci e buona giornata!«

4
    E ntsetzt sah der Feinschmecker und passionierte Weinsammler Hubertus Rettenstein auf das Parmesanmesser, das mitten in die lederne Arbeitsfläche seines Schreibtisches gerammt war. Er blickte auf das Messer, dann auf die Flasche Wein, die daneben stand, ein Sassicaia* aus dem vortrefflichen Jahrgang 1988, und schließlich wieder auf das Blatt Papier, das von der kurzen Klinge durchbohrt war. Was darauf geschrieben stand, trieb ihm den Schweiß auf die Stirn. Ohne die Flasche anzulangen, unterzog er die Verkapselung über dem Korken einer genaueren Prüfung. Nichts zu sehen, absolut nichts. War das vielleicht doch nur ein schlechter Scherz? War dieser Wein, wie auf dem Zettel behauptet, tatsächlich vergiftet? Und war es wirklich möglich, dass in seinem Weinkeller fünf weitere und nicht näher bezeichnete Flaschen mit derselben tödlichen Substanz »verfeinert« waren? Einige tausend Flaschen hatte er im Kellergewölbe gelagert, das Beste und Feinste, was italienische Weinerzeuger hervorbrachten: Barolo*, Barbaresco*, Brunello* … ausgesuchte Jahrgänge von La Spinetta, Angelo Gaja, Ornellaia*, Biondi-Santi, Pieve Santa Restituta … Ob nur fünf vergiftet waren oder alle, das spielte keine Rolle. Er müsste den kompletten Bestand seines Weinkellers auf der Mülldeponie entsorgen. Er konnte doch nicht bei jeder geöffneten Flasche erst eine Laboruntersuchung durchführen lassen. In der Zeit würden sich alle Aromen verflüchtigen. Und was sollten seine Gäste denken? Rettenstein fühlte sich schwach und elend. Er zog den Schreibtischstuhl heran und setzte sich. Die Drohungen und die Erpressungsversuche, denen er seit einiger Zeit ausgesetzt war, wurden immer dramatischer. Sollte er vielleicht doch bei der Polizei eine Anzeige gegen Unbekannt erstatten? Erneut verwarf Rettenstein diesen Gedanken. Er hatte dabei mehr zu verlieren als zu gewinnen.
    Sulawesi, so hieß seine Katze, schlich ins Zimmer, sprang auf seinen Schoß und ließ sich streicheln. Zu ärgerlich, dass Hippolyt Hermanus weder ans Telefon ging noch auf seine E-Mails antwortete. Mit ihm hätte er sich gerne besprochen. Er brauchte dringend Rat von jemandem, der sich mit so etwas auskannte. Diskretion vorausgesetzt. Außer Hippolyt kannte er niemanden.
    Sein Blick fiel wieder auf die Flasche mit der blau-goldenen Kompassrose auf dem Etikett. Wie konnte er herausfinden, ob der Wein wirklich vergiftet war? Irgendwie glaubte er nicht daran. Die Flasche an ein Labor zu geben kam nicht in Frage. Bei positivem Befund würde das Verhängnis seinen Lauf nehmen, so etwas blieb nicht geheim.
    Ob man das Gift am Geruch feststellen konnte? Rettenstein hob die Katze vom Schoß, stand auf, holte einen Korkenzieher, nahm die Flasche Sassicaia, schnitt entschlossen die Kapsel ab, betrachtete den unversehrt wirkenden Korken, zog ihn heraus und roch an ihm. Er konnte
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