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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
Autoren: Michael Böckler
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mit Sandro über den richtigen Zeitpunkt der Olivenernte zu philosophieren, mit der ENEL in Volterra zu telefonieren, um hinter die Ursachen der häufigen Stromausfälle zu kommen, ein Buch über die Etrusker und ihre Grabbauten zu lesen, Kaminholz zu schlagen, einige Weinflaschen einer Vergleichsdegustation zu unterziehen, die Reste des weißen Specks zu verzehren – und Sabrina zu versprechen, am Wochenende nach Montalcino zu kommen.
    Dass er sich auf diesen Ausflug besonders freute, lag nicht nur in ihrer Person begründet, sondern, er schämte sich fast, dies zuzugeben, auch in der Wahl des Fortbewegungsmittels. Vor einigen Tagen nämlich hatte er sich zum Kauf eines Autos hinreißen lassen. Seine dreirädrige Ape, mit der er die Besorgungen vor Ort zu erledigen pflegte, war für längere Wegstrecken nun wirklich ungeeignet. Und Franco von der Bar Centrale hatte ihm unmissverständlich klargemacht, dass ihm sein privater Lancia nicht länger als »Leihwagen« zur Verfügung stehen würde – weder bei Voranmeldung noch in Notfällen. Das konnte er sogar verstehen. Dennoch hatte er den Erwerb eines Automobils lange hinausgezögert. Bis er kürzlich in einer Werkstatt bei Montescudaio den alten Alfa Romeo entdeckt hatte. Nicht irgendeinen Alfa, sondern eine offene Giulietta Spider, Baujahr 1961. Es war so etwas wie Liebe auf den ersten Blick. Kein Wunder bei solch einer legendären Schönheit, deren blechernes Kleid Pinin Farina geschneidert hatte. Die in die Jahre gekommene Giulietta hatte nichts von ihrem Charme eingebüßt. Sie war von der Werkstatt restauriert worden, nicht ganz perfekt, aber laut Roberto »con molta passione«, mit großer Leidenschaft. Die zweisitzige Giulietta hatte vorne Einzelradaufhängung, hinten Starrachse, einen Motor mit oben liegenden Nockenwellen – und ein wunderbares Auspuffgeräusch.
    Zweifellos war das Auto völlig unpraktisch, wahrscheinlich nur bedingt alltagstauglich, das Verdeck nicht dicht, der Motor alles andere als zuverlässig … Kurzum, die Giulietta entsprach genau seinen Vorstellungen! Sie brachte alle Attribute mit für eine leidenschaftliche Beziehung voller Höhepunkte und dramatischer Krisen. Roberto wollte noch den Vergaser einstellen, den Wasserkühler abdichten und die Bellezza auf Hochglanz polieren. Heute Nachmittag durfte er sie endlich abholen. Er würde anschließend in der Bar Centrale mit Franco auf die Giulietta anstoßen, im Kiosk die gesammelten Zeitungen der letzten Tage abholen, schließlich den Spider unter der Pergola parken, sich auf die Veranda setzen und in der örtlichen Tageszeitung, dem
Tirreno,
blättern.

    Einige Stunden später hatte Hipp die Beine entspannt auf einem Hocker liegen, ein Glas Wein auf dem Tisch stehen, die Zeitungen auf dem Boden verstreut, und aus dem Haus war gedämpft eine Arie aus Puccinis
Tosca
zu hören. Die Giulietta erholte sich wie geplant unter der Pergola von ihrer ersten gemeinsamen Fahrt, die sie mit großer Bravour gemeistert hatte. Hipp entnahm den neu ausgestellten Fahrzeugpapieren, dass sie über 1300 ccm, 90 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 165 km/h verfügte, was für seine beschaulichen Exkursionen völlig ausreichen sollte.
    Er legte die Papiere zur Seite und nahm sich die nächste Ausgabe des
Tirreno
vor. Unkonzentriert las er, dass der Wasserstand der Cecina leicht gestiegen war, in Castellina Marittima war eine Straße abgerutscht, vor Livorno hatte eine Fähre ein Fischerboot gerammt. Da war schon interessanter, dass die Tenuta dell’Ornellaia nach erfolgter Weinernte überschwenglich die Qualität des Merlot lobte. Das berechtigte zu großen Hoffnungen.
    Hipp wollte die Zeitung gerade zur Seite legen, da fiel sein Blick auf eine kleine Meldung unter der Rubrik
varie
.
    »Scaffale di vini travolge Tedesco ad Alba«, las er die Überschrift, »Deutscher im Piemont von Weinregal erschlagen.« Zwei Zeilen später dann der Name des Unglücksopfers: Hubertus G. Rettenstein. Hipp setzte sich erschrocken auf. Rettenstein tot, erschlagen von einem Weinregal?
    »Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen geht die Polizei von einem tragischen Unfall aus. Alle Umstände sprechen dafür, dass Hubertus G. Rettenstein bei der Entnahme einer Flasche das hohe Regal in seinem Weinkeller zum Einsturz gebracht hat. Durch die Wucht ist der deutsche Staatsbürger in seiner Villa bei Alba zu Boden gerissen worden. Die dabei erlittenen Verletzungen haben sofort zum Tode geführt. Entdeckt wurde der Leichnam von
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