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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Autoren: Eoin Colfer
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und sei einfach du selbst«, rate ich ihr, aber das sind nur leere Worte. Nur irgendein Blödsinn, um die Zeit rumzukriegen. Wir werden einander wohl nie wiedersehen.
    »Du bist meine Familie, Danny, vergiss das nicht.«
    Ja klar, Familie. Okay.
    Ich kann nur noch nicken.
    Ich bin so niedergeschlagen, als wäre ich gerade aufgewacht und hätte gemerkt, dass mir im Schlaf ein Bein amputiert wurde.
    Evelyn verschwindet aus meinem Leben, ein bisschen aufrechter, als sie vergangene Woche hineintrat. Man würde sie nicht für eine Säuferin halten, es sei denn, man wäre mit einem Alkoholiker aufgewachsen. Sie hält die Hände dicht vor der Brust, so wie dies reiche Leute machen, die sich gezwungen sehen, sich einen Weg durchs gewöhnliche Volk zu bahnen, dann wartet sie darauf, dass ihr der übellaunige Portier die Tür aufhält.
    Vor zwei Wochen noch hat Evelyn Kerle in Motels um den Inhalt ihrer Brieftaschen erleichtert. Wäre mir lieber, sie würde ihr altes Leben weiterleben? Und worum geht es mir hier? Evelyns Wohlbefinden oder meinen eigenen verletzten Stolz?
    Während ich darüber nachdenke, kommt Pablo auf mich zu, setzt sich und starrt mich durchdringend an. Er fragt sich, ob ich ihn bei Mike erkannt habe. Habe ich mitgeschnitten, dass er der Ninja war?
    Der Mann ist reines Eis.
    Er mustert mich wie einen Fisch auf einem Teller. Als Soldat in einem fremden Land und auch als Türsteher in einem Kasino wird man häufig angestarrt, und normalerweise starre ich, ohne mit der Wimper zu zucken, zurück, aber es ist schwierig, einen Mann überzeugend anzustarren, der so gut mit einem Gewehr umgehen kann wie dieser. Das Starren dauert circa fünf Minuten, dann halte ich es nicht mehr aus.
    »Scheiß drauf, okay. Ich habe deine Freundschaftsbändchen gesehen.«
    Pablo schlägt sich aufs Knie. »Ich wusste es. Ich wusste, dass du mich erkannt hast. Scheiße, McEvoy, noch fünf Sekunden, und ich hätte dich vom Haken gelassen.«
    Mist. Fünf Sekunden.
    »Und was jetzt? Hast du’s jetzt auf mich abgesehen?«
    »Machst du Witze? Ich hatte nie einen so coolen Job. Evelyn besteht drauf, dass du am Leben bleibst. Sie hat sogar gesagt, dass du gesund bleiben musst, ich darf dich nicht mal in den Rollstuhl bringen.«
    Das ist eine große Erleichterung, und ich muss mich beherrschen, um mich nicht zu bedanken.
    »Schön zu wissen, aber hey, ich kann dich doch umbringen, oder?«
    Pablo lacht eine ganze Minute, ziemlich übertrieben, finde ich.
    »Ich mag dich, du Ire. Du hast eine gute Phantasie, aber deine Aura ist umwölkt, und dein Gang schadet deinem Rückgrat. Ich könnte dir helfen. Totale dimensionale Kontrolle. Das ist mein System.« Und dann, ich kann es kaum fassen, steckt er mir seine Visitenkarte zu. »Evelyn meinte, ich soll mit dir trainieren, sie übernimmt die Rechnung. Win-Win.«
    Am Leben zu bleiben ist mir im Moment Win-Win genug, aber ich nehme die Karte und lese das Kleingedruckte. Ich will nicht unhöflich erscheinen.
    »Ich seh mir mal die Website an und melde mich.«
    »Klar, McEvoy. Wie du meinst. Es gibt keine Zeitvorgabe.«
    Er erhebt sich gewandt, und ich sehe die Kraft in seinen Armen und Beinen, gezügelt, aber bereit.
    Wie konnte ich je übersehen, dass der Mann ein Killer ist?
    »Ciao«, sagt Pablo total europäisch, dann folgt er Evelyn hinaus auf den Parkplatz, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Die Begegnung war so wenig bedrohlich wie seit Monaten keine andere mehr, und trotzdem gehe ich, nachdem Pablo durch die Drehtür verschwunden ist, ganz schnell auf die Toilette und schließe mich in der Kabine ein, bis ich nicht mehr zittere.
    Ich rufe Zeb vom Caddy aus an, weil ich die Stimme eines Freundes hören muss.
    »Hey, Paddy McMickster«, sagt er. »Hast du mit diesem Citizen Pain gesprochen?«
    »Citizen Pain ist eine Frau«, sage ich und liefere ihm eine Steilvorlage. »Ronelle ist mit der Kalvarie hingefahren und holt sie ab.«
    Zeb seufzt. »Kavallerie, Mann. Kalvarie gibt’s nicht. Jesus wurde auf dem Kalvarienberg hingerichtet, falls du das meinst.«
    »Klar, du musst es ja wissen.«
    Eins zu null.
    »Oh, der Ire sucht Streit. Bist du in Partylaune, Danny?«
    »Weißt du was? Das bin ich. Die letzten beiden Wochen waren ganz schön anstrengend.«
    »Wie wär’s mit Karaoke heute Abend? Wir könnten ›I Can’t Go For That‹ singen.«
    »Hall and Oates halt ich nicht aus, das weißt du doch.«
    Mir fällt was ein, das mir erstmalig in diesem Jahr zu einem zwei zu null verhelfen könnte.
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