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Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)

Titel: Hinterher ist man immer tot: Roman (German Edition)
Autoren: Eoin Colfer
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aller Ruhe zu verfolgen. »Na ja, dann erschießt du ihn besser.«
    Carmine tritt an Zebs Stuhlbein heran. »Fick dich, Zeb. Das ist nicht witzig.«
    Ich brauche eine Sekunde, bis die Worte den Glibber in meinem Gehirn durchdrungen haben, dann sage ich:
    »Ihr kennt euch? Dann muss ich euch beide erschießen.«
    Zeb scheint nicht im Geringsten besorgt. Vielleicht habe ich’s übertrieben und ihm in letzter Zeit zu häufig gedroht.
    »Egal, Dan. Gib dem Mann sein Geld.«
    »Ja, gib mir mein Geld«, sagt Carmine. »Ich hab stundenlang draußen vor dem Apartment gewartet, Mann.«
    Moment mal. Was geht hier vor?
    »Dich bezahlen? Ihn bezahlen? Wofür?«
    Zeb hat diesen schadenfrohen Blick, der mir verrät, dass er das Spiel weiterspielen wird, bis ich explodiere. Wie schon gesagt, Zeb bringt mich furchtbar gerne auf die Palme.
    »Komm schon, Danny Boy«, sagt er. »Bist doch ein schlauer Paddy. Schalt dein Hirn ein.«
    Zeb verschätzt sich in Bezug auf meine Toleranzgrenze und greift über den Tisch, um mir an die Stirn zu tippen. Vielleicht hätte ich es ihm durchgehen lassen, hätte mir nicht einmal jemand, der mich unbedingt umbringen wollte, genauso an die Stirn getippt. Vielleicht werfe ich alle Tipper in einen Topf, und vielleicht hatte ich auch ein paar superschwule Schnäpse zu viel, deshalb kann ich nicht ausschließen, dass ich übertrieben reagiere.
    Ich packe ihn am Handgelenk und zerre ihn über den Schreibtisch. Zeb lacht, weil er weiß, dass ich tief im Innern ein großer Softie bin, also verpasse ich ihm eine Ohrfeige auf seine Reispuddingwange, fest genug, dass es weh tut.
    »Hey, fick dich, Danny. Nach allem, was ich für dich getan habe.«
    Klar. Nach allem, was Zeb für mich getan hat, sollte ich ihm das Rückgrat brechen, über dem Knie wie den Speer eines geschlagenen Feindes. Aber Zeb kennt mich und weiß, dass er nicht wirklich gefährdet ist. Carmine weiß nur, was Sofia ihm über mich erzählt hat, also wahrscheinlich gar nichts.
    Ich drehe Zebs dürres Ärmchen auf den Rücken und schiebe ihn aus meinem Büro. Zu spät merkt mein kleiner Freund, was los ist, und ruft über die Schulter.
    »Sag nichts. Der Typ ist ein A…«
    Der Rest des Wortes wird durch das Zuschlagen der Bürotür abgeschnitten. Ich denke, ein Kompliment wäre es nicht geworden.
    Carmine steht mit geballten Fäusten und aufgeblasener Brust in der Ecke.
    »Was zum Teufel geht hier vor? Ich will mein Geld.«
    Ich sitze auf meinem Stuhl und fange gelassen an, die Kugeln einzeln aus meiner Waffe zu entfernen. »Hier ist der Deal, Carmine. Zeb zieht immer gerne alles in die Länge. Zögert es so lange wie möglich raus. Macht mir mit seinem Bullshit Migräne. Dafür habe ich jetzt keine Zeit.« Ich lasse eine einzelne Kugel im Zylinder, lasse ihn mit einer lockeren Bewegung aus dem Handgelenk heraus zuschnappen und wirbele den Revolver ein paarmal herum. »Also spielen wir gleich ein kleines Spiel, das ich in Vietnam gelernt habe.«
    Carmine möchte grinsen, aber sein bebender Schnurrbart verrät ihn. »Vietnam gibt’s gar nicht.«
    Das kann er wohl nicht ernst meinen. Andererseits gibt es Leute, die aufrichtig glauben, Vietnam sei eine Erfindung des Kinos – in Wirklichkeit gibt es das Land nicht, und Krieg hat dort auch niemals stattgefunden. Umfragen haben ergeben, dass Menschen zwischen fünfzehn und fünfundzwanzig eher an die Existenz von Narnia glauben.
    »Doch das gibt es, und wie.« Ich richte die Pistole auf ihn. »Ich bin betrunken und rührselig, also erzähl mir, was hier gespielt wird.«
    Er braucht ungefähr eine halbe Sekunde, um Scheiß auf dich, Zeb zu denken, dann sprudelt er so schnell drauflos, dass sich die Worte überschlagen.
    »Ich bin nicht Carmine. Ich nehme zusammen mit Zeb Schauspielunterricht. Als er das mit dem Notruf mitbekommen hat, hat er mich gebeten, den Kerl zu spielen. Ich sollte draußen vor der Wohnung warten, bis die Polizistin auftaucht, und dann meine Nummer abziehen.«
    Ich bin so ein Vollidiot. Wie konnte ich je an Carmines wundersame Auferstehung glauben? Die Wahrscheinlichkeit, dass Sofias echter Ehemann nach zwanzig Jahren wieder auftaucht, genau in dem Moment, in dem seine verlassene Ehefrau wegen Mordes an ihm ins Gefängnis wandern soll, muss verschwindend gering sein. Trotzdem habe ich das Lügengespinst, ohne zu murren, geschluckt.
    »Was ist mit der ganzen Knastnummer?«
    »Das ist alles wahr«, erwidert Carmine, der nicht Carmine ist. »Das Geheimnis der Schauspielerei
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