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Hinter der Milchstraße - Roman

Hinter der Milchstraße - Roman

Titel: Hinter der Milchstraße - Roman
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Schultern.
    »Oh?«, machte Calista. »Dumbo kommt vorbei, und alles ändert sich?«
    »Er heißt Oskar«, sagte Bossie. Seine Augen wurden wie Glas. Seine Lippen waren ein Strich. »Und er verändert nicht alles, wohl aber manches.«
    Calista musste dreimal fragen, ob sie ihn am nächsten Tag sehen würde. Das war nicht schön für sie. Vor allem, weil Bossies Antwort enttäuschend war.
    Er sagte: »Wahrscheinlich.«
    Das war nicht, was sie hören wollte.
    Mein Bruder drehte sich um. Er schlug in die Hände und hielt sie mir offen hin, wie man es tut, wenn man ein Wettrennen machen will.

APPLAUS
    Als Bossie und ich nach Hause kamen, saß Papa in seinem Arbeitszimmer, und das bedeutete: Nicht stören. Die Tür war geschlossen. Wir hielten beide das Ohr daran.
    Papa telefonierte mit einem Mann, der sehr laut sprach. Wir hörten ihn, aber wir verstanden nicht, was er sagte. Der Mann am anderen Ende der Leitung hörte sich an, als würde er in eine Blechdose schreien.
    Papa sorgte für den ruhigen Teil des Gesprächs.
    »Auf keinen Fall«, hörten wir ihn sagen. »Das hier ist eine Ausnahme. Danach kehren wir zur Regel zurück.«
    Wir zogen die Mundwinkel nach unten und versuchten, gegenseitig in unseren Gesichtern zu lesen. Das machte uns nicht klüger.
    Bis zu drei Mal sagte Papa: »Versehentlich.« Der Mann auf der anderen Seite tobte weiter. Man bekam keine Stecknadel dazwischen.
    Bossie und ich machten aus den Händen plappernde Mäuler. Doch wir hörten sofort damit auf, als wir Papa plötzlich eiskalt sagen hörten: »Zu Recht.«
    Danach knallte er den Hörer auf.
    Schneller als Bossie und ich es erwartet hatten, wurde die Tür des Arbeitszimmers aufgerissen.
    Papa war noch mit dem Kopf bei dem Gespräch. Er vergaß, sich zu wundern. Er schaute von Bossie zu mir und wieder zu Bossie und sagte: »Da seid ihr ja.«
    In der Küche machte er den Kühlschrank auf.
    Ich hatte keine Ahnung, ob Bossie denselben Papa sah wie ich. Verglichen mit dem Papa, den ich kannte, war dieser Papa strahlend. Seine Brille war sauber, er hielt die Schultern gerade, er konnte der ganzen Welt die Stirn bieten. Der Papa, den ich kannte, trug meistens Sachen aus der Winterschublade, dieser hatte ein Oberhemd mit roten Karos und kurzen Ärmeln an.
    Er nahm eine Flasche Wasser, stellte sie dann aber zurück und griff nach einer Flasche Bier. Es fehlte nicht viel, und er hätte den Kronkorken mit den Zähnen aufgemacht. Er trank gierig.
    Als er bemerkte, wie wir ihn mit offenem Mund anstarrten, oder besser seinen Adamsapfel, der sich auf und ab bewegte, musste er lachen.
    Er sagte: »Hallo, Jungs.«
    Bossie und ich wechselten einen Blick, vor allem, weil Papa vorsichtig rülpste und selbst über den Rülpser lachen musste.
    Schließlich stellte er einen Fuß vor den anderen und machte eine Verbeugung.
    »Wo bleibt der Applaus?«, sagte er.
    Ich sah ihm an, dass in ihm ein Gummiball herumhüpfte.
    »Wofür?«, sagte ich.
    Er deutete auf sein Arbeitszimmer und hob die Hände wie ein Dirigent. Er sagte: »Die Zeitung wird eine Woche lang ohne mich auskommen müssen.« Er betonte jedes Wort, und den Punkt setzte er mit einem Stift aus Luft. Dann ergriff er wieder die Bierflasche und blies über seine Oberlippe, sodass die Flasche flötete. »Ich habe einen Auftrag zurückgegeben, Jungs, ich habe Zeit.«
    Das Lachen, das Bossie auf sein Gesicht geklebt hatte, löste sich. Er sagte: »So.« Und er imitierte Papa mit kleinen Gesten. Er stellte einen Fuß leicht vor den anderen und machte eine lächerliche Verbeugung. Dann klatschte er leise mit schlaffen Händen.
    Papa sog stockend die Luft ein.
    Er sagte: »Ist das keine gute Neuigkeit?«
    Ich füllte meine Lungen in einem Zug mit Luft.
    Unser Haus schrumpfte.
    »Das ist eine gewaltig gute Neuigkeit«, sagte Bossie. Es hörte sich an, als wüsste er nicht, was eine gewaltig gute Neuigkeit bedeutete. »Was wirst du mit der ganzen Zeit anfangen, bis Ende August?«
    Papa straffte den Rücken, als schieße etwas in seinem Körper nach oben. Vielleicht war etwas in seinem Kopf, was Platz fand. Er wollte auf seine Brust deuten, unterbrach sich aber mitten in der Bewegung. Nur seine Augen bewegten sich. Sie wanderten von Bossie zu mir und wieder zurück.
    »Diese Zeit ist für euch«, sagte er. Dann stellte er die Bierflasche laut auf die Anrichte und holte aus der einen hinteren Hosentasche einen Brief und aus der anderen eine Karte. Er hielt sie beide hoch.
    »Diese Zeit ist für dich und für dich und
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